„Einheit in Verschiedenheit“

Markus Offner ist neuer Bischöflicher Beauftragter für die Partnerschaft mit Kolumbien

Gelebte Partnerschaft: Freunde und Partner aus Kolumbien sind immer wieder zu Gast in Aachen und präsentieren auch ihre Kultur. (c) Domkapitel Aachen/angelika Kamlage
Gelebte Partnerschaft: Freunde und Partner aus Kolumbien sind immer wieder zu Gast in Aachen und präsentieren auch ihre Kultur.
Datum:
23. Jan. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 04/2024

Was mit einer Patenschaft zur Förderung des Priesternachwuchses begann, ist zum Motor vieler Projekte in den Diözesen des lateinamerikanischen Landes geworden: Seit mehr als sechs Jahrzehnten ist das Bistum Aachen Partner der katholischen Kirche in Kolumbien. Bischof Dr. Helmut Dieser hat Diakon Markus Offner in der vergangenen Woche zum Bischöflichen Beauftragten für die Kolumbienpartnerschaft berufen. Mit der KirchenZeitung spricht Offner über eine erfolgreiche Partnerschaft, seine eigenen Schwerpunkte und die für Herbst geplante Reise des Bischofs nach Kolumbien.

Markus Offner (links) und Thomas Hoogen fliegen Ende Januar nach Kolumbien. (c) Stephan Johnen
Markus Offner (links) und Thomas Hoogen fliegen Ende Januar nach Kolumbien.

Herr Offner, herzlichen Glückwunsch. Anderthalb Jahre war die Stelle vakant, ist die Aufgabe so undankbar?

Ganz im Gegenteil! Ich freue mich und mir liegt das Thema sehr am Herzen. Ich war ja schon in den vergangenen Jahren im Bistum beruflich mit den Themen Dialog, Ökumene, weltkirchliches Engagement und Politik befasst. Davor war ich 18 Jahre lang als Referent im Kindermissionswerk sozusagen bezahlter Sternsinger, also unter anderem mit verantwortlich für die Sternsingeraktion. Dabei habe ich mich auch schon mit Lateinamerika und Kolumbien beschäftigt.

 

Die heutige Partnerschaft geht auf die 60er Jahre zurück, als in Lateinamerika Priester fehlten und es dort kaum Möglichkeiten der Ausbildung gab. Ist eine Partnerschaft überhaupt noch notwendig?

Notwendig ist das falsche Wort. Die finanzielle Hilfe aus dem Bistum Aachen hat die Priesterausbildung in Kolumbien maßgeblich unterstützt. Es geht aber längst auch um eine weltkirchliche Verbindung. Eine Verbindung wie unsere mit dem Partnerland Kolumbien ist ein unverzichtbarer Bestandteil dessen, was Kirche und „katholisch sein“ ausmacht: Wir sind nicht für uns selbst da, sondern berufen zum Dienst an anderen. Wir wollen gemeinsam Kirche sein, verbunden als Gebets-, Solidar- und Lerngemeinschaft. Es geht um den befruchtenden Austausch. Es geht darum, uns gegenseitig Perspektivwechsel zu 
ermöglichen.

Sie betonen den Perspektivwechsel – warum?

Die katholische Kirche hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass sie Einheit in Vielfalt und Verschiedenheit gelebt hat. In den vergangenen 150 Jahren ist uns das in Europa leider etwas verloren gegangen. Und ein Einsetzen für Vielfalt und Austausch auf Augenhöhe ist angesichts zunehmender Fremdenfeindlichkeit unserer Gesellschaft aktueller denn je. Eine gelebte Partnerschaft ist ein gutes Lernfeld, um Verbundenheit in Vielfalt immer wieder neu in den Blick zu nehmen. Wenn die Welt von Populismus geprägt ist, gehört es zu unseren Aufgaben, die positiven Seiten von Vielfalt wahrzunehmen und vorzustellen. Vielleicht müssen wir auch als Kirche neu lernen, Unterschiedlichkeit wahrzunehmen, sie anzunehmen und damit umzugehen. Das macht den Kern des Gelingens einer Partnerschaft aus: über den eigenen Tellerrand hinauszugucken.

 

Was können wir von Kolumbien lernen?

Gelebte Solidarität ist ein Beispiel. Unser gesellschaftliches Zusammenleben ist vielfach bedroht. Trotz aller bewaffneten Konflikte, die es gibt, funktioniert dies in Kolumbien im Kleinen noch sehr gut. Das wirkt sich auch im kirchlichen Leben so aus. Ein weiteres Stichwort ist Resilienz. Ich nehme wahr, wie Menschen in für uns schwer vorstellbaren Situationen trotzdem nach vorne gucken. Das sind zwei Erfahrungsfelder, von denen wir gelingendes Zusammenleben lernen können.

 

 

Wie wird Gemeinschaft in Kolumbien gelebt?

Es gibt in Kolumbien neben der europäisch-amerikanisch geprägten auch eine andere Weltsicht. Ein indigenes Konzept, dass sich mit „gutes Leben“ übersetzen lässt. Und „gutes Leben“ heißt etwas anderes als viel haben. Es geht um eine gemeinsam übernommene Verantwortung, damit alle gut leben können. Wir können von den Menschen dort lernen, dass es verschiedene Weisen gibt, die Welt zu verstehen, vor allem in einer globalisierten Welt, in der unsere Taten und unser Nichtstun Auswirkungen am anderen Ende der Welt haben.

 

Wie meinen Sie das?

Im Sinne der Transformation unseres Lebensstils brauchen wir nicht nur Wachstum. Wir dürfen die Endlichkeit der natürlichen Lebensressourcen nicht ignorieren. Auch in unseren westlichen auf das Individuum bezogenen Konzepten, die von der Aufklärung geprägt sind, gilt es die spirituelle Dimension, die Dimension des Göttlichen neu zu entdecken. Was ist für uns maßgebend? Gibt es etwas Größeres als uns selbst, auf das wir uns beziehen können, oder sind wir selbst der Maßstab unseres Handels? Einer meiner Schwerpunkte soll darum die Nachhaltigkeit im kirchlichen und gesellschaftlichen Handeln sein. Dabei lohnt sich der Blick über den Tellerrand: Welche Lebenskonzepte, welches Verständnis für Schöpfungsbewahrung gibt es in Kolumbien? Wie sieht globale Gerechtigkeit aus, wie gehen wir damit um, was entwickeln wir gemeinsam?

 

 

Im Herbst steht eine Reise des Bischofs an, Sie fliegen bereits Ende Januar mit Thomas Hoogen, dem Referenten für weltkirchliche Aufgaben und die Kolumbienpartnerschaft, dorthin. Was steht auf der Agenda?

Partnerschaft braucht Gesichter. Wir fliegen vorab nach Kolumbien, um Gesicht zu zeigen und Kontakte zu pflegen und aufzubauen, in vielen Begegnungen und Gesprächen. Im September steht dann die erste Reise des Bischofs an. Wenn wir dann mit dem „ersten“ Gesicht präsent sind, soll das den Christinnen und Christen in Kolumbien zeigen, dass es uns ernst ist mit der Partnerschaft. In den vergangenen Jahrzehnten ist ein Beziehungsnetzwerk gewachsen, das gepflegt werden will. Themen sind neben sozialer Verantwortung und ökologischem Wandel auch gelebte Spiritualität sowie die starke diakonische Arbeit in Kolumbien, besonders mit dem Blick auf Jugendliche und Frauen.

Das Gespräch führte Stephan Johnen

„Bestens qualifiziert“

(c) Bistum Aachen/ Martin Braun

„Diakon Markus Offner ist in mehrfacher Hinsicht bestens für die Aufgabe des Partner­schafts-Beauftragten qualifiziert. Er hat viele wichtige Erfahrungen gesammelt während seinen Tätigkeiten beim Missionswissenschaftlichen Institut missio, bei der Ausrichtung mehrerer Deutscher Katholikentage oder beim Kindermissionswerk ,Die Sternsinger’. All das bringt er mit und wer ihn kennt, weiß: Diakon Offner liebt das Neue, das Andere, das Vielfältige und sucht darin nach dem Leben, seiner Schönheit und Tiefe.“

BIschof Helmut Dieser