Einen sicheren Platz schaffen

Neubau eines Mädchenheims: 50 Schülerinnen sollen zur Unterrichtszeit eine Unterkunft finden

Die Vision: So stellen sich die Planer das neue Wohnheim vor in der Außenansicht. (c) Casa Hogar
Die Vision: So stellen sich die Planer das neue Wohnheim vor in der Außenansicht.
Datum:
7. Sep. 2022
Von:
Ausgabe 36/2022 | Dorothée Schenk

Die Partnerschaft zwischen dem Bistum Aachen und der Kirche in Kolumbien jährt sich: In diesem Jahr wird das 60-Jährige gefeiert. Die Kooperation geht heute weit über eine Unterstützung der Schwesterkirche in Lateinamerika hinaus. Sie widmet sich auch der Bildung im Land. Ein Beispielprojekt, für das sich Angela Mispagel, Geschäftsführerin des Stiftungsforums Kirche im Bistum Aachen, stark macht.

Es gibt Schulpflicht in Kolumbien. Sie erstreckt sich über neun Jahre: fünf Grundschuljahre und vier Jahre auf einer weiterführenden Schule. Wer noch zwei Jahre weiterlernt, kann die Hochschulreife entsprechend dem deutschen Abitur erwerben, die nicht nur für ein Studium an einer Universität, sondern auch für diverse Berufsausbildungen im technischen, pädagogischen oder sozialen Bereich qualifiziert. Dem kolumbianischen Bildungssystem attestierten deutsche Unterstützer, zu denen auch die Pax-Bank gehört, insgesamt ein hohes Niveau. Die Regierung hat die Bedeutung erkannt und gewährt der Bildung den Höchstbetrag im staatlichen Haushalt. Das „Aber“ folgt auf dem Fuße: Bildung hängt vom sozialen Status, der Region und ethnischer Herkunft ab – sowie vom Geschlecht. Hier greift das Projekt, dem sich die "San Pedro Claver Kolumbienstiftung", eine der fünfbischöflichen Stiftungen im Bistum Aachen, widmet: Ein Mädchenwohnheim soll ab 2023 entstehen.

„Das Gebiet im Choco ist eine der Krisenregionen Kolumbiens“, erläutert Geschäftsführerin Angela Mispagel. Die Menschen leiden unter Gewalt und Armut. Für die Kinder und Jugendlichen ist es wichtig, dass die Schule in der Nähe des Elternhauses liegt oder aber eine Unterkunft ermöglicht wird. „Es ist üblich, dass Kinder in ein Internat gehen oder zu Verwandten in die Stadt ziehen oder einen Platz zum Wohnen bekommen – das muss aber bezahlt werden“, erläutert Mispagel. „Vor allem bei den Mädchen heißt es dann: ‚Das lohnt nicht. Das ist zu teuer. Das Kind bleibt zu Hause.‘“ Mit Partnern vor Ort soll jetzt für 4 x 14 Mädchen ein Wohnheim errichtet werden. Damit werden nicht nur bessere Bildungs- und Zukunftschancen ermöglicht, sondern auch ein Stück Gerechtigkeit hergestellt.

Die Familien können sich um die Plätze im Wohnheim bewerben. Eine Auswahlkommission überprüft verschiedene Kriterien: Ob die Familie wirklich bedürftig ist und sich einen kostenpflichtigen Platz in einem Internat nicht leisten kann sowie die Entfernung zwischen Wohnort und Schule. Wichtiges Kriterium ist auch, ob das Mädchen wirklich Lust aufs Lernen hat. „Nur diese Kinder werden genommen“, betont Mispagel. Denn verbunden mit dem kostenfreien Platz im Wohnheim ist auch das Stipendium an der benachbarten Schule. 15 000 Euro sind bereits aus Stiftungsmitteln in das Projekt geflossen. Eine weitere Förderung solle in der Herbstsitzung „beschlossen“ werden, sagt die Geschäftsführerin. Jetzt hofft Angela Mispagel auch auf Unterstützung durch Menschen im Bistum Aachen. Jede bei der Stiftung eintreffende zweckgebundene Spende für das Projekt „Mädchenwohnheim im Choco“ wird zusätzlich dem Projekt zugutekommen.

Den Bauplatz hat die Kirche zur Verfügung gestellt. Derzeit ist es noch eine Brache, auf der ab Januar 2023 eine „Hütten“-Anlage entstehen wird. Zwei Jahre Bauzeit sind veranschlagt. 
Fest steht: Es wird nur so weit gebaut, wie das Geld reicht. Auch in Kolumbien haben sich die Kosten für den geplanten Bau erhöht, so dass nachkalkuliert werden musste und das Ende noch nicht abzusehen ist. So fiel die Entscheidung, zunächst „Hütte für Hütte“ zu bauen. Zuerst sind die notwendigen Nasszellen und die Küche geplant. Die Schlafraum-Hütten sollen aber nicht alle gleichzeitig errichtet werden. Erst einmal werde mit einer angefangen, und bei Finanzierungssicherheit wird Stück für Stück weitergebaut. Auch während der Bauzeit will Angela Mispagel weiter für das Projekt werben und Spenden sammeln. Um einmal eine Vorstellung der Summe zu geben: Planung und Umsetzung eines vergleichbaren Wohnheims für Mädchen in Istminia kostete über 65 000 Euro.

Laufende Kosten gesichert

So sieht das zu überbauende Grundstück im heutigen Zustand aus. (c) Casa Hogar
So sieht das zu überbauende Grundstück im heutigen Zustand aus.

„Je schneller wir das Geld zusammen haben, desto größer ist die Sicherheit, dass die ganze Anlage gebaut werden kann und wirklich alle 14 x 4 Mädchen eine Unterkunft haben“, betont die Geschäftsführerin des Stiftungsforums Kirche im Bistum Aachen. Um die Unterhaltung und den Betrieb müssen sich Spender im Bistum übrigens keine Gedanken machen. Sie sind von einem Bonner Verein bereits sichergestellt worden.