Eine sinnvolle Lösung?

GdG-Leiter und Pfarrer Erik Pühringer für pastorale Zusammenarbeit zwischen den Bistümern

In einer GdG-Versammlung gab es verhaltene Begeisterung für eine Gesamt-Mechernicher Lösung über Bistumsgrenzen hinweg. Hier unterstreicht der Nöthener Kirchenvorstand Helmut Müller die Orientierung der Menschen nach Köln, links GdG-Leiter Erik Pühringer. (c) Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
In einer GdG-Versammlung gab es verhaltene Begeisterung für eine Gesamt-Mechernicher Lösung über Bistumsgrenzen hinweg. Hier unterstreicht der Nöthener Kirchenvorstand Helmut Müller die Orientierung der Menschen nach Köln, links GdG-Leiter Erik Pühringer.
Datum:
19. Apr. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 16/2023 | Manfred Lang

Zwischen Mechernich und Kommern verläuft eine unsichtbare Grenze. Sie mag nicht jedem bewusst sein, doch macht sie einen Unterschied. Ihre Wurzeln reichen zurück bis in die römische Besatzungszeit. Die nördlich des Altusknipps liegenden Civitates waren nach Colonia Claudia Ara Agrippinensium orientiert, die südlichen nach Augusta Treverorum.

Nach dieser Grenze richtete sich jahrhundertelang die alte kommunale Gliederung. Regierungs- und Gerichtsbezirke, Vereinsstrukturen und vieles mehr waren davon abhängig. Heute ist fast all das vergessen, seit der kommunalen Neugliederung von Mechernich und Kommern im Jahre 1972 fast überholt. Fast! Nur noch eine Bedeutung ist geblieben – und diese scheint aktuell unumstößlicher als je zuvor. Es ist die Grenze zwischen dem Bistum Aachen und dem Erzbistum Köln, die mitten im Mechernicher Stadtgebiet aufeinandertreffen.

Was bleibt, sind Probleme. Wer macht was, wie und wo? Wer ist für was zuständig? Die Zusammenarbeit über Bistumsgrenzen ist bisher kaum möglich. Der Mechernicher Pfarrer Erik Pühringer, Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) St. Barbara Mechernich auf Aachener Seite, möchte dies nun ändern.

Erlaubnis vom Aachener Generalvikar, in diese Richtung weiterdenken zu dürfen

Er entwickelte einen Traum: „Muss das alles so sein? Was wäre, wenn die Bistumsgrenzen nur noch in der Verwaltung Bestand haben, in der pastoralen Arbeit aber verschwänden? Was wäre, wenn wir alle zusammen, statt abgekapselt voneinander seelsorgerisch wirken würden?“

Vom Aachener Generalvikar Andreas Frick erhielt er die Erlaubnis, „in diese Richtung denken zu dürfen“ – einen Umstand, den Erik Pühringer unlängst in einer Versammlung der GdG vor mehr als 60 Interessierten von der Aachener Seite vorstellte. Das Resultat war Zustimmung, ja, dem augenblicklichen Allgemeinzustand der katholischen Kirche angemessene verhaltene Begeisterung.

Eine Aufhebung der Bistumsgrenze – das war schon vor der GdG-Versammlung klar – ist nahezu unmöglich. Dafür müsste man den gesamten kirchenbürokratischen und staatlichen Verwaltungsweg über Rom und Berlin gehen, denn diese strukturellen und administrativen Dinge sind im sogenannten Reichskonkordat in grauer Vorzeit zwischen dem Vatikan und dem Deutschen Reich vereinbart worden. Laut Pühringer ein „quasi illusorisches“ Unterfangen.

„Aber was wäre, wenn man einfach nur die Zusammenarbeit erleichtern und eine geregelte pastorale Zusammenarbeit über die Bistumsgrenze hinweg ermöglichen könnte?“, lautet deshalb seine Frage. Vielleicht erst einmal eine Lösung auf Zeit suchen und finden. „Mehr als ausprobieren kann man nun einmal nicht“, sagte der Mechernicher Pfarrer und GdG-Leiter im Presseinterview.

St. Severinus in Kommern, das Gegenstück zur Pfarrkirche St. Johannes Baptist auf Mechernicher Seite. Das eine Gotteshaus im Stadtgebiet Mechernich gehört zur Erzdiözese Köln, das andere zum Bistum Aachen. (c) pp/Agentur ProfiPress
St. Severinus in Kommern, das Gegenstück zur Pfarrkirche St. Johannes Baptist auf Mechernicher Seite. Das eine Gotteshaus im Stadtgebiet Mechernich gehört zur Erzdiözese Köln, das andere zum Bistum Aachen.

Die Überlegungen hat er nun offiziell gemacht und sich per Brief an den Aachener Generalvikar Andreas Frick gewendet, für den das ganze bisher „Sinn zu 
ergeben“ scheint. Nach nun anstehenden weiteren Überlegungen und Untersuchungen im Bischöflichen Generalvikariat Aachen könnten dann Gespräche mit dem Kölner Erzbistum stattfinden.

Ganz wichtig sei dabei die Betonung, dass Pühringer auf Aachener Seite „kein Interesse“ daran habe, sich „irgendetwas einzuverleiben“ oder „wegzunehmen“. Was zähle, sei eine „gute und sinnvolle Zusammenarbeit“, wie Pfarrer Pühringer den Medienvertretern einschärfte.

Zum Ursprung der Debatte betonte er: „Im Erzbistum Köln und im Bistum Aachen finden aktuell nahezu zeitgleich Strukturveränderungen statt.“ So sollen im Aachener Raum statt der bisherigen GdG vermutlich größere „Pastorale Räume“ gebildet werden, die allerdings nicht immer den „Lebensraumorientierungen“ der Menschen entsprechen.

Denn sowohl die Mechernicher als auch die Kommerner sind rein lebenspraktisch nach Köln und nicht nach Aachen orientiert – und mit den Nachbar-GdG Kall/Nettersheim oder Hellenthal/Schleiden hat man laut seiner Theorie am Bleiberg ebenfalls nicht viel am Hut. 
Zum Erzbistum Köln gehört der Seelsorgebereich Veytal mit fünf Pfarreien (Kommern, Firmenich-Obergartzem, Satzvey, Antweiler und Lessenich), zum Bistum Aachen die GdG St. Barbara Mechernich mit 14 Pfarreien (Mechernich, Strempt, Vussem/Breitenbenden, Eiserfey, Weyer, Kallmuth, Holzheim, Harzheim, Bleibuir, Glehn, Eicks, Floisdorf und Berg) und einer Filialgemeinde (Kalenberg).

„Wiedervereinigung” der zweitgrößten Stadt im Kreis Euskirchen

Einkaufswege zwischen Mechernich und Kommern seien stark ausgeprägt. Generell sei auch der Zusammenhalt unter den Bürgern sehr groß. Weitere Beispiele, die ohne Grenzziehung gut funktionierten, beispielsweise in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, gibt es ebenso. Pfarrer Pühringer resümiert deshalb in seinem Schreiben an das Generalvikariat: „Die anstehenden Strukturveränderungen in beiden Diözesen, die Lebenssituation der Menschen und die aktuelle Situation lassen eine kirchliche ‚Wiedervereinigung‘ der zweitgrößten Stadt im Kreis Euskirchen sinnvoll erscheinen.“

Eine Überraschung gab es schon, denn eine ähnliche Zusammenarbeit zwischen den Bistümern Münster und Aachen gibt es bereits. Pfarrer Erik Pühringer: „Es wäre eine wirklich sinnvolle Lösung, auf die ich hoffe, auch wenn noch viele Schwierigkeiten zu beseitigen sind. Ein Weiterdenken lohnt sich allerdings noch nicht“, betonte Erik Pühringer jetzt vor den Medienvertretern. „Dazu muss erst eine grundsätzliche Bereitschaft beider Diözesen und eine reelle Möglichkeit der pastoralen Zusammenarbeit bestehen.“