„Der Friede sei mit euch allen“ – das war das erste Wort von Papst Leo, als er sich der Welt vorgestellt hat. Und Papst Franziskus hatte in der Verkündigungsbulle zum Heiligen Jahr geschrieben, dass die Welt sich wieder einmal inmitten der Tragödie des Krieges befindet.
„Die beiden Päpste wollen deshalb, dass wir alle im Heiligen Jahr zu Pilgern der Hoffnung werden“, erklärte Dr. Helmut Dieser beim Abschlussgottesdienst des Wallfahrtstags in Steinfeld in der Basilika St. Potentinus. Eine Gruppe von rund 80 Pilgerinnen und Pilgern hatte sich mit dem Aachener Bischof auf den Weg rund um das Kloster gemacht.
Doch was bedeutet Hoffnung angesichts von Gewalt und Leid? Es ist die Hoffnung gegen die unabweisbare Logik des Krieges. Gegen die Brutalität der Gewalt. Hoffnung darauf, dass die Leiden der Schwächsten nicht durch Gleichgültigkeit vergessen werden. Hoffnung, indem wir als Pilger der Hoffnung uns selbst dazu aufmachen, diese andere Logik, nämlich die der Barmherzigkeit, zu suchen für uns selbst und für die Dramen der Menschheit heute. Bischof Dieser: „An diesem Wallfahrtstag tun wir das heute hier in Steinfeld.“ Denn Barmherzigkeit sei nichts Schwaches oder Ohnmächtiges. Sie bringe vielmehr die größten und tiefsten Kräfte des Herzens hervor.
Auch im Bistum Aachen wird das Heilige Jahr mit Gottesdiensten, spirituellen Angeboten und Pilgerfahrten gefeiert. Drei besondere „Orte der Hoffnung“ stehen dabei im Fokus: der Aachener Dom, die Basilika St. Potentinus und die Basilika St. Vitus in Mönchengladbach. Steinfeld war Start- und Zielpunkt einer Wallfahrt, zu der Aachens Bischof eingeladen hatte. Der fünf Kilometer lange Weg führte vom Kloster hinab zur Hermann-Josef-Quelle und zur Muttergottes-Statue in Urft, die zum Gedenken an die Opfer der Flutkatastrophe im Juli 2021 aufgestellt wurde. Zurück im Kloster gab es nach einem Austausch bei Kaffee und Kuchen noch kreative und spirituelle Angebote sowie die Möglichkeit, das Bußsakrament zu empfangen.
„Als wir gesagt haben, dass wir heute pilgern gehen, wurden wir belächelt“, berichtete Ralf Peters aus Heinsberg, der sich mit seiner Frau Ulrike auf den Weg in die Eifel gemacht hatte. „Wir sind gläubige Menschen, waren aber noch nie pilgern“, fügte er hinzu. Über die Frage „Warum überhaupt pilgern?“ hatte er sich im Vorfeld einige Gedanken gemacht.
Pilgern verbinde die Transzendenz von Natur und Spiritualität mit dem gemeinsamen Erleben. Oder anders formuliert: „In unserer Gesellschaft ist die Verbindung zu Gott oft gekappt“, erklärte Ralf Peters, der Blick auf die Schönheit der Natur sei oft versperrt, Gemeinsamkeit und Gemeinschaft von einer Ich-Gesellschaft verdrängt worden. Spiritualität beziehungsweise Religion spiele oft nur noch eine Randrolle. „Auf viele Fragen, die sich Menschen vor 5000 Jahren schon nicht beantworten konnten, hat auch die moderne Wissenschaft keine Antworten“, findet Ralf Peters.
„Das Motto passt in die Zeit“, urteilt der Salvatorianer Pater Wieslaw Kaczor: „Wir vergessen alle, dass wir Pilger sind, dass wir nur Gast auf Erden sind. Wir tun so, als würde uns die Welt gehören und streiten um Dinge, die überhaupt nicht wichtig sind. Das Pilger-Sein schärft den Blick dafür, was wirklich wichtig ist: Dass wir auf andere Menschen angewiesen sind, dass es Unsicherheiten gibt. Wer das weiß, begegnet allen Menschen auf Augenhöhe.“ Diese Begegnung auf Augenhöhe erwartet er auch vom neuen Papst. „Ich wünsche mir, dass er bei den Leuten bleibt. Er hat Armut und Reichtum gesehen und weiß, was für den Menschen gut war. Ich hoffe, dass er die Jugend mitzieht. Es gibt gute Zeichen, dass Menschen mehr nach Gott fragen – und auch nach Kirche.“
„Vom neuen Papst erwarte ich, dass er Reformen gegenüber offen ist und bleibt. Wir sind eine Weltkirche, und es ist sicherlich nicht immer einfach, die Bedürfnisse und Wünsche aller Katholiken auf der Welt zu berücksichtigen. Wenn die Kirche in Deutschland aber für junge Menschen wieder attraktiver werden will, dann brauchen wir Veränderungen“, sagte Dominik Zabelberg, der mit seiner Frau und seinem vor wenigen Wochen geborenen Sohn am Pilgertag teilgenommen hat. Das Motto „Pilger der Hoffnung“ könne kaum aktueller sein. Zabelberg: „Die multiplen Krisen unserer Zeit belasten uns alle; ich glaube insbesondere auch junge Menschen. Wir fühlen uns gegenüber diesen Krisen machtlos. Hier können Glaube und Hoffnung, für mich zwei Dinge, die sich nicht trennen lassen, helfen, das Gefühl der Machtlosigkeit zu überwinden.“