Burundi ist eines der ärmsten Länder der Welt. Schlagzeilen machte das Land vor allem Mitte der 1990er Jahre mit den blutigen Konflikten der Hutu und Tutsi, die im Völkermord von Ruanda gipfelten. Dann verschwand Burundi wieder weitgehend aus den Nachrichten.
Für Friedhelm Leven ist Burundi immer hoch aktuell. Nicht zuletzt, weil er im Oktober zwei Wochen vor Ort war. Er ist im Vorstand des Vereins Burundi-Hilfe e.V. aus Bracht, der seit 2008 im Land verschiedene Projekte unterstützt. Um Spendengelder zu gewinnen, greift Leven dabei oft zu einem einfachen Gefährt, das auch wieder viel mit Burundi zu tun hat – dem Fahrrad. „Fahrräder werden dort für fast alles eingesetzt. Das ist schon faszinierend, was dort alles damit transportiert wird“, erzählt er. Radfahren, das sei eben seins. Auch in seiner Freizeit steigt Leven gerne aufs Rad, auch mal für längere Touren. Und dabei kam ihm die Idee: „Warum nicht das eine mit dem anderen verbinden?“
Und so fuhr er unter anderem auch bei der Tour de France, als vor vier Jahren die Eröffnungsetappe in Düsseldorf stattfand, mit. „Das war schon toll. Markus Reimann hatte das organisiert. Bevor die Spitzenfahrer an den Start gingen, durfte ich mit dem Rad da drauf“, erinnert er sich. Zuletzt hat er sich im April dieses Jahres mit dem Rad auf den Weg gemacht. Von Bad Bramstedt bis ins dänische Frederikshavn führte die Tour – 700 Kilometer und geplant als „Abschiedstour“ nach 50-jähriger Tätigkeit für das Unternehmen Laumanns. Dessen Gesellschafter Randers sitzen in Hamburg und Aalborg, daher Dänemark. Leven verband diese Tour mit einem Spendenaufruf. Stattliche 13 000 Euro kamen zusammen. Friedhelm Leven strahlt, wenn er von seinen Projekten und von Burundi erzählt. Er deutet auf seinen Schreibtisch: „Hier dreht sich alles um Burundi.“
Das Engagement begann bereits in den 1980er Jahren. Damals kam der noch junge Priester Marius Nicoyizigamiye in die Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt Bracht, um dort seine Ausbildung fortzuführen. Der Kontakt zwischen Pater Marius und dem Brachter Pfarrer Johannes Wolters hielt über viele Jahrzehnte.
Zum 25-jährigen Priesterjubiläum von Pater Marius 2007 reiste eine Delegation der Gemeinde nach Burundi. Auch Friedhelm Leven war mit dabei. „14 Tage sind wir durch Burundi gereist. Da hatte ich schon das Gefühl, da müssen wir mehr draus machen“, erzählt er. Nach dem Tod von Pfarrer Wolters 2008 wurde der Verein Burundi-Hilfe gegründet. Als erstes wurde der Bau eines Waisenhauses in Muramvya initiiert. Die Pläne dafür, erzählt Leven, hatte Pater Marius schon ausgearbeitet. „Er besaß dieses Grundstück und wollte darauf ein Waisenhaus bauen.“
40 Kinder finden hier einen sicheren Schlafplatz, erhalten tägliche Mahlzeiten, altersgerechte Betreuung und medikamentöse Versorgung. 2017 wurde das Waisenhaus um ein Schulungs- und Begegnungszentrum erweitert. Das Johannes-Wolters-Zentrum bietet Ausbildungsmöglichkeiten und Stipendien für Studierende an. Vor Ort betreibt die Burundi-Hilfe das Haus gemeinsam mit der burundischen Organisation Fondation Stamm.
Solche Kooperationen, erzählt Leven, seien wichtig. Auch in Deutschland sucht der Verein immer wieder nach Partnern wie der Kölner Organisation „Burundikids“, die sich für bessere Bildungsmöglichkeiten für Kinder in dem Land einsetzt. „Auch Pater Marius wird nicht jünger und hatte zuletzt gesundheitlich zu kämpfen“, erzählt Friedhelm Leven. Kooperationen helfen, Projekte zu realisieren und weiterzuführen.
Ein solcher Kontakt ist auch Pfarrer Klaus Byel, langjähriger Pfarrer in Wildenrath und jetzt im Ruhestand. Seine 2013 gegründete Stiftung für Burundi organisiert regelmäßig Hilfstransporte in das noch immer von Krisen und Kriegsfolgen geschüttelte Land. Mit ihm war Friedhelm Leven auch im Oktober in Burundi. Vor Ort besuchte er unter anderem Projekte, die von den Kooperationspartnern betrieben werden, wie das Zachäus-Heim für behinderte Kinder in Gitega und ein Kinderheim, das von der Fondation Stamm betrieben wird.
Sehr eindrücklich in Erinnerung geblieben ist Friedhelm Leven auch der Besuch in einem Obdachlosenlager, das nach dem Hochwasser 2020 eingerichtet wurde. Die Fondation Stamm betreibt dort eine kleine Krankenstation. „Der Tanganjikasee trat damals über die Ufer. Dann hat die UNHCR auf die Schnelle Bretterbuden für die Menschen zusammengehauen. Dort leben immer noch 6000 Menschen“, erzählt er. Angeblich plane die Regierung jetzt Umsiedlungen.
Die jüngste Reise war für ihn die intensivste, sagt Friedhelm Leven. Nicht zuletzt, weil er das Land nach insgesamt sechs Reisen noch einmal aus einer anderen Perspektive kennengelernt habe.
Als Ruheständler habe er jetzt mehr Zeit für den Verein, sagt er. Bei der nächsten Vorstandssitzung soll besprochen werden, wie sich der Verein in Zukunft aufstellt, ob beispielsweise noch ein weiteres Kinderheim neben dem Johannes-Wolters-Zentrum finanziell unterstützt wird. Außerdem gilt es, darüber nachzudenken und weitere Aktionen zu planen, mit denen Spenden generiert werden können. Eine in der Vergangenheit sehr beliebte Aktion war der „Burundi-Ofen“. Ein Vereinskollege hatte den Lehmofen selbst gebaut. Bislang war er auf Pfarrfesten und Veranstaltungen im Einsatz und erfreute Besucher mit frischer Pizza.
Auch eine weitere Radtour für den guten Zweck kann Leven sich vorstellen. Und dann wird es zum Schluss noch einmal ganz konkret: Ein Bekannter bringt einen Stoß ausrangierter Sportbälle vorbei. Friedhelm Leven strahlt: „Die kann ich Klaus Byel bei einem seiner nächsten Transporte mitgeben.“ Die Kinder werden sich freuen.