Keyenberg, Berverath, Kuckum, Ober- und Unterwestrich bleiben. Nach jahrelanger Unsicherheit für die Anwohner, öffentlichkeitswirksamen Protesten und politischem Hin und Her traf der NRW-Landtag die Leitentscheidung zum früheren Ausstieg aus der Braunkohle und zur Verkleinerung der Abbaufläche. Doch müssen diese Dörfer jetzt neu gedacht werden. Dazu sprach die KirchenZeitung mit Stephan Muckel, Bürgermeister der Stadt Erkelenz.
Was passiert mit den geretteten Dörfern?
Muckel: Die geretteten Dörfer werden zu „Orten der Zukunft“ weiterentwickelt. Dies ist eine Maßgabe aus der Leitentscheidung 2023 des Landes NRW. Ein erster Schritt in diesem Jahr war die Option zum Vorkauf von ehemals genutztem Wohneigentum. Sie richtete sich an Menschen, die aus den Dörfern umgesiedelt sind sowie an deren Kinder. Derzeit finden Besichtigungen und die Erstellung von Gutachten für die Häuser statt, für die ein Interesse bekundet wurde. In den kommenden Wochen beginnt ein weiterer Beteiligungsprozess zur Wiederbelebung der fünf Dörfer – ich lade alle Interessierten herzlich ein, in den kommenden Tagen die Tagespresse zu verfolgen!
Welche Herausforderungen gibt es für die, die in den Dörfern geblieben sind?
Muckel : Für die Menschen vor Ort gibt es aufgrund des heranrückenden Tagesbaus vielfältige Herausforderungen und Belastungen, die noch andauern werden – der Tagebau wird trotz des vorgezogenen Kohleausstiegs noch ein paar Jahre aktiv sein. Die Wiederbelebung der Dörfer wiederum ist eine Aufgabe, die mehrere Jahrzehnte dauern wird. Derzeit stehen wir erst am Anfang dieser sehr spannenden und einzigartigen Entwicklung. Ich halte es für wichtig, den Blick für das Positive zu behalten und miteinander im Gespräch zu bleiben.
Welche Chancen gibt es dort, Zukunft zu gestalten?
Muckel : Dass eine zügige Wiederbelebung stattfinden kann, dafür setze ich mich bereits jetzt in Gesprächen mit dem Land NRW und mit RWE ein. Mit der entsprechenden finanziellen Unterstützung des Landes NRW und des Bundes und dem Engagement der Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort ergeben sich zahlreiche Chancen, Zukunft zu gestalten. Wie diese Zukunft aussehen wird und welche Gestaltungsmöglichkeiten es dabei gibt, daran arbeitet die Stadt Erkelenz gemeinsam mit der Bürgerschaft und einem Planungsbüro.
Welche Pläne/welche Vision haben Sie?
Muckel : Bereits Anfang 2023 – wenige Monate nach Bekanntgabe der Eckpunkte zum vorgezogenen Kohleausstieg – hat sich die Stadt Erkelenz mit einer groß angelegten Bürgerbeteiligung auf den Weg gemacht, um eine Vision für die geretteten Dörfer und Flächen zu entwickeln. Mir war es wichtig, diese Vision gemeinsam mit den Erkelenzerinnen und Erkelenzern und unter besonderer Berücksichtigung von allen, die vor Ort geblieben sind, sowie den umgesiedelten Menschen zu entwickeln. Die Zukunftsvision wurde im September 2023 im Rat der Stadt Erkelenz beschlossen. Sie enthält erste Ideen für die Dörfer und Flächen der Zukunft. Zum Beispiel soll es eine breite, halboffene Waldstruktur entlang der Tagebaukante geben, die großen landwirtschaftlichen Flächen sollen erhalten bleiben, der ÖPNV muss mit modernen Lösungen weiterentwickelt werden, und die bebauten Flächen sollen als Siedlungsfläche erhalten bleiben. Die beschlossene Zukunftsvision ist jedoch nur der erste große Meilenstein.
Wie kann eine neue Identität, eine neue Gemeinschaft aufgebaut werden?
Muckel : In den fünf Dörfern gibt es bereits sehr aktive Menschen und Dorfgemeinschaften, die sich für den Erhalt der Flächen und eine nachhaltige Entwicklung der Dörfer einsetzen. Die Stadt Erkelenz wird die Infrastruktur, sprich Wege, Plätze und Orte der Begegnung bereitstellen, doch eine neue Gemeinschaft kann nur von und mit den Menschen vor Ort aufgebaut und gelebt werden.