Ein wichtiger letzter Dienst

Ehrenamtliche, die beerdigen, werden für Gemeinden immer wichtiger, sind aber weit mehr als Notlösungen

Für trauernde Angehörige ist eine würdevolle und persönliche Verabschiedung wichtig. Die muss jedoch nicht zwingend von einem Priester oder Hauptamtlichen übernommen werden. (c) www.pixabay.com
Für trauernde Angehörige ist eine würdevolle und persönliche Verabschiedung wichtig. Die muss jedoch nicht zwingend von einem Priester oder Hauptamtlichen übernommen werden.
Datum:
30. Apr. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 18/2018 | Andrea Thomas
Wenn wir von jemandem, der uns nahe steht, Abschied nehmen müssen, dann wünschen wir uns dazu einen würdevollen Rahmen. Das ist für viele, auch wenn sie in ihrem Alltag keine regelmäßigen Kirchgänger mehr sind, immer noch eine christliche kirchliche Beisetzung.

Das stellt inzwischen auch so manches Pastoralteam vor eine personelle Herausforderung, denn der Tod hält sich nun einmal nicht an Zeit- und Dienstpläne. So kam das Team der GdG Alsdorf kurz vor Ostern an sein Limit: acht Beisetzungen in einer Woche. Da werde es schwer, das noch in einer für alle guten Form umzusetzen, sagt Pastoralassistentin Beatrix Hillermann, die sich in der GdG unter anderem um die Trauerbegleitung kümmert. Denn gerade an diesen Wendepunkten im Leben brauche es jemand, der sich Zeit nehmen könne, auf die trauernden Hinterbliebenen einzugehen, sowohl im Trauergespräch als auch bei der Beisetzung. „Das ist ein extrem missionarisches Feld, weil sich hier noch viele an uns wenden.

Am Lebensende brechen nochmal Fragen auf: Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Darauf Antworten anbieten zu können, ist eines unserer Alleinstellungsmerkmale und damit eine Chance, Menschen wieder von Kirche zu überzeugen.“ Sie ist daher froh, dass es in Alsdorf auch Ehrenamtliche gibt, die diesen wichtigen Dienst übernehmen. Zurzeit seien das leider nur noch drei, da bestehe dringend Bedarf nach weiteren, die sich das zutrauten. Noch sei diese Möglichkeit, die es immerhin seit 1990 im Bistum Aachen gibt, dass auch Gemeindemitglieder mit Beauftragung durch den Bischof den Beerdigungsdienst in einer Gemeinde übernehmen können, zu wenig bekannt.

 

Ein Werk der Barmherzigkeit

Das gilt für mögliche Ehrenamtliche ebenso wie für Angehörige und Bestatter, wie Maria Pütgens und Rita Nagel bestätigen. Die beiden Gemeindereferentinnen leiten den Vorbereitungskurs für ehrenamtliche Begräbnisdienste in den Aachener Regionen. In vielen Köpfen sei der Dienst zudem noch so etwas wie „Beerdigung zweiter Klasse“, sogar bei denen, die den Kurs machten, oder den Mitarbeitern in den entsendenden Gemeinden, sagt Pütgens. Dabei sei „die Toten zu Grabe tragen“ biblisch fundiert und eines der Werke der Barmherzigkeit, zu denen jeder Christ berufen ist. „Das ist theologisch kein Hilfsamt“, betont Hillermann. Interessierte Ehrenamtliche benötigen ein gewisses Maß an Zeit und Flexibilität für Trauergespräch, Beisetzung und Vorbereitung. Deshalb sei der Dienst für jemanden, der berufstätig ist, eher schwierig, erklärt Rita Nagel. „Außerdem sollte man vertraut im Umgang mit Texten sein und bereit, sich mit dem eigenen Glauben und mit Tod und Sterben auseinanderzusetzen.“ Und mit der eigenen Hoffnungsperspektive und dem Glauben an die Auferstehung. Dies glaubhaft ins Leben holen könne nur, wer auch dazu stehe, unterstreicht Beatrix Hillermann. Was nicht heiße, dass Zweifel nicht erlaubt wären, im Gegenteil. „Im Tun und der immer wieder neuen Auseinandersetzung damit wächst da etwas.“

Auch geht niemand unvorbereitet in den Dienst. In dem vom Büro der Dekane in Zusammenarbeit mit dem Helene-Weber-Haus angebotenen Kurs werden alle relevanten Themen und Fragen besprochen. „Es ist ein anspruchsvoller Dienst, weshalb wir schon im Kurs für einen Austausch und eine Begleitung durch die Hauptamtlichen in den Gemeinden werben“, sagt Rita Nagel. Wichtig ist ihr und Maria Pütgens, das eine Teilnahme nicht heiße, dass man den Dienst auch übernehmen müsse. Der Kurs sei eine Möglichkeit zu klären: „Ist das was für mich?“ Ingo Krocker ist seit 2009 ehrenamtlich im Begräbnisdienst tätig und empfindet ihn als bereichernd. „Die Angst vor dem Tod ist weniger geworden, die vor dem Sterben ist noch da, weil ich in der Zeit einige Sterbewege hautnah miterlebt habe“, sagt der Alsdorfer. Wenn man diesen Dienst mit „ein bisschen Zeit und Liebe“ tue, könne man viel bewirken.

Wichtig sei, im Gespräch Anknüpfungspunkte zu suchen, das Kreuz an der Wand, ein Foto des Verstorbenen im Flur, seine Eigenarten. Nicht immer, aber häufig, entwickelten sich daraus Gespräche, aus denen die trauernden Angehörigen Trost und Kraft mitnehmen und er selbst auch etwas für sich und sein Leben. Das empfindet auch Franz Lenzen so. Er ist seit 2011 „im Dienst“, wie Krocker in der GdG Alsdorf. „Es bringt mir immer wieder etwas. Die Menschen sind dankbar, dass man sich Zeit genommen hat.“ Das Persönliche, das sie so über den Menschen, den sie beerdigen, erfahren, fließt ein in die Andacht oder Wortgottesfeier zur Beisetzung, die im Übrigen, auch wenn ein Ehrenamtlicher dies übernimmt, in der Kirche stattfinden kann und darf. Meist nehmen die Ehrenamtler sich auch am Grab noch ein wenig Zeit – auch ein Zeichen von Wertschätzung. Gerade weil sich Ehrenamtliche anders auf die Hinterbliebenen einlassen und Zeit investieren, sind es zumeist alles andere als „Beisetzungen zweiter Klasse,“ sondern oft sehr persönliche und würdevolle Abschiede.

Der neue Vorbereitungskurs startet am 29. Mai. Interessierte können noch kurzfristig einsteigen. Voraussetzung ist, dass die jeweilige Pfarrei vor Ort die Teilnahme unterstützt. Info und Kontakt: Marielies Schwering, Büro der Regionaldekane, Tel. 02 41/4 79 01 05, E-Mail: marielies.schwering@bistum-aachen.de