Ein wichtiger Teil von Kirche

Der Fachbereich Jugend schafft Räume für junge Menschen im Bistum

Junge Menschen bei einer Veranstaltung des Bistums im Rahmen der Heiligtumsfahrt in Aachen. (c) Bistum Aachen/Andreas Steindl
Junge Menschen bei einer Veranstaltung des Bistums im Rahmen der Heiligtumsfahrt in Aachen.
Datum:
2. Nov. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung ,Ausgabe 44/2023 |Kathrin Albrecht

Jugendliche und junge erwachsene Menschen sind ein Teil von Kirche, und zwar ein wichtiger. Wie es gelingen kann, Angebote zu schaffen, damit sie sich in der Kirche angenommen fühlen, Raum erhalten, sich zu entfalten, spirituell aber auch als Persönlichkeit, ist Aufgabe des Fachbereichs Jugend im Bistum Aachen. 

"Wir reden von jungen Menschen als Zukunft von Kirche. Wir müssen sie als Gegenwart wahrnehmen", sagt Karina Siegers

Karina Siegers leitet den Fachbereich, bei ihr laufen die Fäden der vielfältigen Arbeit zusammen. Dazu gehört, auf der Bistumsebene die konzeptionellen Grundlagen für die Jugendarbeit in den acht Bistumsregionen und Pfarreien vor Ort zu schaffen, die Projekte finanziell auszustatten und nicht zuletzt die konzeptionelle Arbeit im Bereich Jugend immer weiter zu entwickeln. „Jugend verändert sich, Schule verändert sich, ebenso die Lebenswelt von jungen Menschen“, erklärt Siegers. „Wir müssen mit unseren Angeboten immer wieder schauen, wie nah wir da dran sind. Verstehen Jugendliche uns als Angebot und wie ernst werden sie im Raum Kirche genommen?“

Historisch gewachsen ist das Angebot der spirituellen Orientierungstage, der Fachbereich führt das Angebot nach der Schließung von Haus Eich weiter und entwickelt auch das Konzept fort. In der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG), der Nationalparkseelsorge und den Pfadfindern (DPSG) hat man Kooperationspartner gefunden, die die Orientierungstage auf Basis des diözsanen Konzepts anbieten. Rund 1000 junge Menschen nehmen das Angebot pro Jahr wahr. 

Das Grundprinzip der Jugendarbeit im Bistum ist, junge Menschen teilhaben zu lassen, sie Selbstwirksamkeit erfahren zu lassen – nicht nur in den Bereichen, die sie unmittelbar angehen. „Wir hören viel davon, dass junge Menschen die Zukunft von Kirche sind. Wir müssen sie als Gegenwart wahrnehmen. Wo werden ihnen Freiräume gewährt? Wo können sie sich einbringen?“, bringt es Karina Siegers auf den Punkt. Das gilt auch mit Blick auf den Strukturrefomprozess des Bistums Aachen und den damit verbundenen Umbau der zukünftigen Pastoralen Räume. „Junge Menschen orienteren sich mehr an ihren Sozialräumen, sind räumlich nicht so eng an die Kirchengemeinde gebunden“, gibt Siegers zu bedenken. Es sei daher wichtig abzusichern, dass junge Menschen in den neuen Strukturen verbindlich vorkommen können. 

G8 und Corona hinterließen Spuren

Ministrantenarbeit ist vor allem in den Pfarreien Kern der Jugendarbeit. (c) Bistum Aachen/Andreas Steindl
Ministrantenarbeit ist vor allem in den Pfarreien Kern der Jugendarbeit.

Eng verzahnt ist die Arbeit des Fachbereichs mit den regionalen Fachbereichen für Jugendarbeit, die jeweils als Doppelregionen organisiert und durch die Jugendbeauftragten vertreten sind. Diese arbeiten wiederum eng mit den Pfarreien vor Ort, aber auch mit den jeweiligen Kommunen zusammen. Auf dieser Ebene angesiedelt ist die Qualifizierung der ehrenamtlichen Gruppenleiterinnen und -leiter, die dann beispielsweise in den Gemeinden Ministrantengruppen leiten. 744 junge Menschen haben sich 2016 durch und für die Kirchliche Jugendarbeit qualifiziert, dazu gehören neben den Juleica-Kursen auch die Präventionsschulungen des Jugendbereichs. „Davon lebt Jugendarbeit, dass sie von Jugendlichen für Jugendliche gestaltet wird“, unterstreicht Karina Siegers. Doch dafür braucht es vor Ort auch Menschen, die das Engagement unterstützen. In den Pfarreien nimmt die Anzahl des pastoralen Personals jedoch ab, und so fehlen vor Ort oft Ansprechpartner für junge Menschen.

Spürbar ist das auch in der Ministrantenarbeit: Neben dem Kern, dem Dienst am Altar, bietet die Arbeit auch Angebote, die das Erleben als Gemeinschaft möglich machen – in Form von Ausflügen oder Freizeiten. Hier habe es in den vergangenen Jahren personelle Abbrüche gegeben, die der Corona-Pandemie geschuldet waren. 2022 gab es im Bistum Aachen rund 6000 Ministrantinnen und Ministranten. 2015 waren es noch etwa 9500. Corona hat vor allen Dingen bei kleineren Gruppen Spuren hinterlassen. Die stärkste Altersgruppe bei Ministrant:innen im Bistum Aachen liegt zwischen 10-15 Jahren, aber auch die Zahl der Jungen Erwachsenen steigt an.

Auch die Umstellung von neun auf acht Jahren in der Sekundarstufe II ist ein Grund. Jungen Menschen blieb dadurch weniger Zeit, ihre Freizeit zu gestalten. „Die Qualifizierung für Gruppenleitung ist möglich ab 16 Jahren, bei G8 beginnt die Vorbereitung auf das Abitur mit 17 Jahren“, rechnet Karina Siegers vor. 

Arbeit mit jungen Menschen ist Seelsorge

Ebenfalls auf regionaler Ebene angesiedelt ist die Offene Jugendarbeit mit ihren festen oder mobilen Einrichtungen, den Offenen Türen (OT). Sie ist eine wichtige Säule der Jugendarbeit. 80 OT gibt es aktuell im Bistum. „Gemessen an der Größe des Bistums ist das schon viel“, sagt Karina Siegers. Sehr oft bieten die Offenen Türen für ihre jungen Gäste konkrete Alltagsbegleitung in Vierteln, die in ihren Kommunen oft als „schwierig“ gelten. Wie wichtig diese niedrigschwelligen offenen Angebote für junge Menschen sind, hat die Coronapandemie verdeutlicht.

Gerade Familien, denen es nicht so gut geht, waren durch die Beschränkungen während der Pandemie oft doppelt und dreifach betroffen. Die Offenen Türen, wie der D-Hof in Aachen-Forst, taten ihr Möglichstes, um das abzufangen. Es wurden Tüten mit Nahrungsmitteln befüllt und Videos gedreht, wie man die Zutaten zubereitet. Hier wurde deutlich, wie gesellschaftlich relevant die Arbeit der Offenen Türen ist.

Auch die Schule ist ein wichtiges Feld. Die Kirchliche Jugendarbeit schlägt sich hier in den Orientierungstagen oder den Schulabgängerseminaren nieder, die in den Klassen 7 und 8 von Haupt-, Real- und Gesamtschulen angeboten werden. Auch regionale Projekte wie die Welt-Fair-Änderer oder Jutell, eine Kooperation mit der Telefonseelsorge der Regionen Krefeld, Mönchengladbach-Rheydt und Viersen, sind hier angesiedelt. Vor allem Persönlichkeitsentwicklung steht bei diesen Angeboten im Mittelpunkt. „Die Arbeit mit jungen Menschen ist immer Seelsorge“, betont Karina Siegers.

Für die Zukunft wünscht sie sich, dass junge Menschen wirklich ernst genommen werden im Hier und Jetzt und nicht nur als Zukunftsprojektion. „Es gibt bereits viele Bereiche, wo das gut funktioniert.“