Ein wahrer Kunstschatz

Zum 150. Geburtstag der Domschatzkammer Aachen ging es zurück in den Raum, wo alles begann

Birgitta Falk und Katrin Heitmann präsentieren anlässlich des 150. Geburtstages der Domschatzkammer bei einer Pressekonferenz einige Stücke aus der Sammlung des Domschatzes. (c) Domkapitel Aachen/Andreas Steindl
Birgitta Falk und Katrin Heitmann präsentieren anlässlich des 150. Geburtstages der Domschatzkammer bei einer Pressekonferenz einige Stücke aus der Sammlung des Domschatzes.
Datum:
4. Juli 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 27/2023| Kathrin Albrecht

Der Aachener Domschatz gilt als der umfangreichste Kirchenschatz nördlich der Alpen. Bereits Karl der Große häufte kostbare Reliquien und Schätze für Aachen an. Die Sammlung an christlicher Kunst, darunter Skulpturen, Malereien, liturgische Gewänder und Geräte, wuchs stetig an und wurde lange in der Sakristei oder an Orten, zu denen Gläubige keinen Zugang hatten, verwahrt. 

Kaiser Franz-Josef I. stiftete diesen goldenen Kelch im Gedenken an seine verstorbene Mutter. (c) Domschatzkammer Aachen/Anne Gold
Kaiser Franz-Josef I. stiftete diesen goldenen Kelch im Gedenken an seine verstorbene Mutter.

Doch im 19. Jahrhundert begannen sich die Aachener zunehmend für die Kirchenschätze des Aachener Doms zu interessieren, auch außerhalb der Gottesdienste. Und so wurde nach einigen Überlegungen in der zuvor vom Karlsverein aufwendig restaurierten Karlskapelle ein erster Schauraum für die Domschätze eröffnet. Diese Kapelle an der Nordseite des Doms spielte im Rahmen der Königskrönungen eine tragende Rolle. Die zu Krönenden verbrachten hier eine Nacht im Gebet – ein passender Ort für die Präsentation bedeutender Schätze. „Der Aachener Domschatz ist der größte und der bedeutendste in Deutschland“, sagt Birgitta Falk selbstbewusst. Sie ist seit November 2016 Leiterin des Bereichs Aachener Domschatzkammer und Dominformation.

Am 29. Juni des Jahres 1873 wurden die Schätze, darunter auch der Karlsschrein und der Marienschrein, in einer feierlichen Prozession zu ihrer neuen Präsentationsstätte gebracht. Fotografien aus dieser Zeit sind erhalten geblieben, mit ihnen befasst sich die Kunsthistorikerin Katrin Heitmann. Die Karlskapelle wurde für die Präsentation der Sammlung, seit 1978 gemeinsam mit dem Aachener Dom Unesco-Weltkulturerbe, prachtvoll ausgemalt: Große Wappen an der Wand, in der sich die Eingangstür zur Kapelle befand, wiesen auf die Stifter der Kostbarkeiten hin, zumeist aus dem Hochadel stammend.

 

Der wichtigste Stifter, das zeigt das größte Wappen in der Mitte, war Kaiser Wilhelm I. Ausgerechnet die protestantischen Hohenzollern erkannten den – nicht zuletzt auch politischen – Wert des Aachener Doms für das neu gegründete Deutsche Kaiserreich. Daneben gehörten auch Kaiser Franz Josef I. von Österreich-Ungarn und Kaiser Peter I. von Brasilien, auch als Dom Pedro bekannt, zu den Stiftern. Aachen war eine beliebte Kurstadt, der Besuch des Doms gehörte fest zum Freizeitprogramm der Kurenden. 
Heute ist von diesen Wappen nichts mehr zu sehen, geblieben ist jedoch die prächtige Deckenausmalung. Engel sind zu erkennen, deren Spruchbänder auf die im Schatz verwahrten Textilheiligtümer verweisen.Nicht erhalten geblieben sind auch die kurzen gelehrten Texte, die der Altertumswissenschaftler und Ehrenstiftsherr Franz Bock für die Wände dichtete.

Präsentation wechselte mehrfach  den Standort

Reliquiare, Kelche, Textil, Elfenbein und auch die Krone der Margarete von York stehen in diesem Schatzschrank. Die Türen zeigen Szenen aus dem Leben Marias, der Gottesmutter. (c) Domschatzkammer Aachen
Reliquiare, Kelche, Textil, Elfenbein und auch die Krone der Margarete von York stehen in diesem Schatzschrank. Die Türen zeigen Szenen aus dem Leben Marias, der Gottesmutter.

Präsentiert wurden die Kunstschätze in großen Schränken, wie ein Foto zeigt. Die einzelnen Objekte sind mit Nummern versehen. Zu jeder Nummer, und damit zum Objekt, wurden auch kleine Informationsheftchen angefertigt, die es für den Besuch zu erstehen gab. Auch Eintritt zahlten die ersten Besucher schon. Und es wurde überlegt, einen bequemeren Zugang zu schaffen. Doch die Pläne einer Außentreppe wurden bald wieder verworfen. 
Auch für die beiden Schreine wurden solche Schränke angefertigt. Für die Besucher bestand so zum ersten Mal die Möglichkeit, die beiden Schreine quasi auf Augenhöhe zu bewundern. Für die Schranktüren wurden mittelalterliche Tafelbilder verwendet.

Die Domschatzkammer wechselte in der Folgezeit mehrfach ihren Standort. Denn die Karlskapelle war vor allem durch die Nordlage konservatorisch kein guter Ort für die wertvollen Kunstschätze. 1881 zogen sie in die Ungarnkapelle um. Zum Ende des Ersten Weltkrieges – der Domschatz war zum Schutz nach Paderborn ausgelagert worden – wählte der damalige Dombaumeister Joseph Buchkremer die Allerseelenkapelle aus. 1922 begann der Ausbau zur ersten richtigen Domschatzkammer, die 1931 eröffnet wurde.

Dieser Standort blieb – abgesehen von einer erneuten Auslagerung während des Zweiten Weltkriegs –, bis 1979 die heutigen Ausstellungsräume an der Westseite des Kreuzgangs in Dienst genommen wurden. 130 000 Besucherinnen und Besucher zählt die Domschatzkammer Aachen durchschnittlich pro Jahr.

Anlässlich des 150. Geburtstages der Aachener Domschatzkammer wird es von Oktober 2023 bis Januar eine Präsentation geben, die sich mit der hauseigenen Geschichte beschäftigt. Dabei werden auch die neuesten Erkenntnisse vorgestellt, die die Sichtung des Fotomaterials ergeben hat.