„Ein voll cooler Beruf“

Zwei Orgelbau-Azubis berichten aus erster Hand über die Vielseitigkeit ihrer Lehre

Adriana Klasek und Andrew Jirele sind Azubis bei Orgelbau Weimbs in Hellenthal. (c) Andreas Drouve
Adriana Klasek und Andrew Jirele sind Azubis bei Orgelbau Weimbs in Hellenthal.
Datum:
7. Apr. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 14/2021

International sind die Noten in der Orgelbauwerkstatt Weimbs in Hellenthal, die auch Ausbildungsbetrieb ist. 


Aus Skandinavien und den Alpen stammen Fichten und Kiefern für die Holzarbeiten. Import aus Indien ist das Zinn für die Pfeifen. Dazu kommen das Knowhow aus der Eifel und Aufträge aus aller Welt. Wen mag es da wundern, dass es auch beim Personal bunt gemischt zugeht? Adriana Klasek (20) ist Österreicherin aus Wien, Andrew Jirele (35) 
US-Amerikaner aus Saint Paul in Minnesota. Beide sind Auszubildende. Klasek steht im dritten, Jirele im zweiten Lehrjahr. Im Interview verraten sie, wie man als jüngerer Mensch zum Orgelbau findet, was das Handwerk ausmacht, was daran fasziniert.

 

Warum haben Sie eine Ausbildung zum Orgelbauer begonnen? 

Andrew Jirele  Ich wollte eine gründliche Orgelbau-Ausbildung in Deutschland machen. Meine Leidenschaft sind Orgeln. Als ich fünf Jahre alt war, hat es mich erstmals gepackt, als ich die Orgel in der Kirche hörte. Der Organist lud mich ein, die Pfeifen zu sehen. Da hing ich gleich total am Haken. Das war ein Schlüsselerlebnis für mich als Kind. Als ich zwölf war, besuchte ich Deutschland. Ich war in Berlin und hörte in einer Kirche die Orgel – das war so wunderbar. Als ich zurück in Amerika war, sagte ich: Ich will Organist werden. Später habe ich lange mit Orgelbauern in Amerika gearbeitet, aber nur in Teilzeit. Ich wollte hier in Deutschland komplett in Vollzeit arbeiten und alle Sachen beherrschen. Ich war übrigens eine Zeitlang Bar-keeper und habe an der Universität Betriebswirtschaft studiert.

 

Und wie haben Sie Ihren Weg in den Orgelbau gefunden, Frau Klasek?

Adriana Klasek  Ich wollte nicht genau in den Orgelbau, eher ins Handwerk. Von kleinauf in der Schule hatten wir Handwerkunterricht, da meinten die Lehrer: Du bist begabt, mach später was mit Handwerk, schon mit zehn, elf Jahren. Ich dachte, das ist okay, wollte aber auch etwas mit Musik machen. Ich habe nicht spezifisch nach Orgelbau gesucht. Aber wir sind öfter hier vorbeigefahren, Mama meinte: „Mach doch was mit Orgelbau, dann baust du Orgeln, hast was Handwerkliches und noch was Musikalisches dabei.“ Da dachte ich: Komm, dann bewerbe dich halt mal.

 

Muss man Orgel spielen können, um Orgeln zu bauen?

Adriana Klasek  Ich spiele gar kein Instrument. Ich hätte gerne eins gelernt, aber Durchhaltevermögen und Mittel haben gefehlt. Ist schade, aber man lernt hier auch ein bisschen. Man braucht halt ein Gehör. Ich habe im Chor mitgesungen, deswegen habe ich das, auch wenn ich kein Instrument spiele.

 

Was kam als Rückmeldung aus dem Freundeskreis zu dieser Art Berufsausbildung?

Adriana Klasek  Meine Freunde kannten den Beruf vorher gar nicht. Die wussten gar nicht, dass es Orgelbauer gibt. In meiner Familie gab es vor zwei Generationen einen Harmoniumbauer. Die Familie steht hinter mir, alle sagen: „Ein voll cooler Beruf und so vielseitig.“

 

Was ist die große Herausforderung, die Sie beim Orgelbau sehen? 

Andrew Jirele  Dass man viele multidisziplinäre Sachen beherrschen muss. Mich kostet das Handwerk große Mühe, das braucht Zeit. All die Arbeit mit Werkzeug, mit Holz. Da muss ich auch meine persönlichen Ängste bewältigen, denn es gibt ja Werkzeuge mit scharfen Klingen, dann die Maschinen, dann die Höhe auf den Gerüsten.

 

Konnten Sie sich vorher vorstellen, wie komplex der Orgelbau ist? 

Adriana Klasek  Nein, gar nicht. Da steckt viel Technik hinter, ob elektrisch oder mechanisch. Registermechanik, Spielmechanik, Windladenbau, all das ist kompliziert und fordert heraus, weil man viel nachdenken muss.

 

Was mögen Sie besonders an der Orgel? 

Andrew Jirele  Ich liebe die musikalischen Aspekte. Die Orgel hat dieses Gefühl zum Spielen. Eine Orgel ist ein lebendes Werk. 

Adriana Klasek  Bei mir ist es der Klang, die Klangfülle. Das ist ein mächtiges Gefühl, wenn man alle Register zieht. Und auch die Technik dahinter ist faszinierend.

 

Hat die Ausbildung Sie animiert, sich in die Welt der Instrumente zu vertiefen?

Adriana Klasek  Ich übe mit meinem Freund ein bisschen Klavier. Und wenn ich mit Arbeitskollegen auf Montage bin oder eine Orgel gestimmt wird, zeigen die mir ein paar Handgriffe.

 

Ist Ihre berufliche Zukunft auf Orgeln ausgerichtet? 

Adriana Klasek  Ja, ich denke schon, solange es noch Arbeit im Orgelbau gibt.

Andrew Jirele  Ich will hier die Gesellenprüfung machen, dann werden wir sehen, was die Zukunft bringt. Entweder bleibe ich hier in Europa oder gehe zurück nach Amerika. Beim Orgelbau sehe ich eine gute Zukunft. Es könnte auch eine neue Ausrichtung oder eine Art Renaissance geben. Früher hatten reiche berühmte Leute Orgeln in ihren Villen. Warum können die das nicht wieder? Wir haben Studenten, die Orgelspiel lernen, viele Talente. Im Internet können wir zusammenkommen, um für unsere Kunst zu werben. Vernetzung ist sehr wichtig. Orgelspiel ist eine ganze Kultur.

 

Das Gespräch führte Andreas Drouve. 

Als Azubi beiOrgelbau Weimbs

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