Ein unvergessliches Erlebnis

Entdecken, nicht nebenbei bereisen: Rom und Jerusalem sind immer wieder das Ziel von TV-Moderator Stefan Gödde

In den vergangenen 20 Jahren ist Stefan Gödde oft nach Jerusalem gereist. Für ihn ein „Sehnsuchtsort, der das pulsierende Herz von drei Weltreligionen ist und ein Mikrokosmos, in dem sich Traditionen und Kulturen auf engstem Raum verdichten“. (c) Polyglott/Stefan Gödde
In den vergangenen 20 Jahren ist Stefan Gödde oft nach Jerusalem gereist. Für ihn ein „Sehnsuchtsort, der das pulsierende Herz von drei Weltreligionen ist und ein Mikrokosmos, in dem sich Traditionen und Kulturen auf engstem Raum verdichten“.
Datum:
14. Aug. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 33-34/2024

Seit Jahrhunderten pilgern Menschen nach Rom und Jerusalem. Einer, der sich immer wieder auf den Weg macht, ist TV-Moderator Stefan Gödde. Wir haben mit ihm über die Faszination der beiden Städte, das Pilgern und seinen Glauben gesprochen.

Blick in die Kuppel der Grabeskirche in Jerusalem: Dort wird das Grab Jesu als Ort der Auferstehung verehrt. (c) Polyglott/Stefan Gödde
Blick in die Kuppel der Grabeskirche in Jerusalem: Dort wird das Grab Jesu als Ort der Auferstehung verehrt.

Sie sind viel in der ganzen Welt unterwegs. Für Ihre beiden Reiseführer haben Sie Jerusalem und Rom genau unter die Lupe genommen. Wieso ausgerechnet diese beiden, was fasziniert Sie an diesen Städten?

Gödde: Beide Städte haben Tiefgang, man kann sie eigentlich nicht „nebenbei“ bereisen. Auf Schritt und Tritt wird man mit Geschichte konfrontiert, mit den Zeugnissen der Vergangenheit, die immer noch unsere Gegenwart beeinflussen. Und diese Mischung finde ich unglaublich spannend. 

 
Beide Städte sind sehr eng mit Religion verbunden. War das auch ein Grund?

Gödde: Ja klar. Jerusalem ist aus religiöser Perspektive natürlich einzigartig. Dieser Kreuzungspunkt der drei abrahamitischen Religionen – Judentum, Christentum und Islam – bringt eine ganz besondere Spannung auf die Straßen, die faszinierend ist, aber leider nicht konfliktfrei. Und auch Rom mit dem Vatikan als Zentrum der katholischen Welt ist natürlich singulär.

 

Der junge Wilde unter den Papstschneidern: Das ist Filipp (l.). Sein Geschäft befindet sich ganz in der Nähe des Vatikan. Zu seinen Kunden zählt – neben Priestern bis Kardinälen – auch Papst Franziskus. (c) Polyglott/Stefan Gödde
Der junge Wilde unter den Papstschneidern: Das ist Filipp (l.). Sein Geschäft befindet sich ganz in der Nähe des Vatikan. Zu seinen Kunden zählt – neben Priestern bis Kardinälen – auch Papst Franziskus.

In Rom haben Sie Papst Franziskus hautnah erlebt. Wie war diese Begegnung?

Gödde: Ich konnte ihn während einer Generalaudienz erleben, die ja jeden Mittwochvormittag im Vatikan stattfindet. Der Heilige Vater hat sich enorm viel Zeit für die Gläubigen genommen, mehrere Runden mit seinem Papamobil gedreht, Hände geschüttelt, Rosenkränze gesegnet, kurze Gespräche geführt. Das fand ich extrem beeindruckend. 


 
In Jerusalem wiederum haben Sie sich eine Nacht in der Grabeskirche einschließen lassen. Wie kam es dazu?

Gödde: Die Franziskaner in der Grabeskirche erlauben es jede Nacht maximal 15 Personen, sich abends in der Kirche einschließen zu lassen – zwischen 21 Uhr abends und 5 Uhr morgens. Man muss einfach nur bei den Brüdern nachfragen. Meiner Erfahrung nach ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass noch ein Platz frei ist. Es ist kostenlos, angrenzend der Kirche gibt es Toiletten. Aber natürlich keine Betten. Man ist ja nicht dort, um zu schlafen, sondern die Nacht in der Grabeskirche mit allen Sinnen zu erleben.


 
Und wie war die Nacht?

Gödde: Sehr unerwartet – und absolut faszinierend. Denn während der Nacht finden die ganzen Liturgien statt, die tagsüber wegen der vielen Touristen nicht gefeiert werden können. Es gibt ja verschiedene christliche Konfessionen innerhalb der Kirche: griechisch-orthodoxe Mönche, Franziskaner, Kopten usw. Ab Mitternacht erklingen dann die verschiedenen Gesänge, die sich durch die ge-samte Nacht ziehen. Meine absolute Empfehlung für alle Jerusalempilger – ein wirklich unvergessliches Erlebnis. 

 

Haben Sie Lieblingsplätze in Rom und Jerusalem, vielleicht auch abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten?

Gödde: In Jerusalem sollte man natürlich die Dormitio-Abtei der deutschen Benediktiner besuchen – und auch im tollen Garten des Österreichischen Pilgerhospizes einen Kaffee trinken. Wer es abenteuerlicher mag, der kann durch den Hiskija-Tunnel gehen: 30 Minuten zu Fuß durch einen uralten engen Wasserschacht. Kniehohes, kaltes Wasser, stockfinster, kein Handyempfang. Nichts für Menschen mit Klaustrophobie, für alle anderen ein super Abenteuer.

In Rom würde ich jedem empfehlen, sich für eine Führung durch die Nekropole – die Totenstadt – tief unterhalb des Petersdoms anzumelden. Denn dort kommt man dem Ort nahe, der als das Petrusgrab verehrt wird. Ohne dieses schlichte Grab wäre die Pracht oben im Petersdom nicht denkbar. Eine sehr beeindruckende Erfahrung für alle Pilger.

 

Alle Wege führen nach Rom – und zum Petersdom, dem Sitz des Bischofs der Ewigen Stadt, Papst Franziskus. (c) Polyglott/Stefan Gödde
Alle Wege führen nach Rom – und zum Petersdom, dem Sitz des Bischofs der Ewigen Stadt, Papst Franziskus.

Beide Städte, Rom und Jerusalem, sind große Pilgerorte. Ist es auch für Sie sozusagen eine Pilgerreise, diese Orte zu besuchen?

Gödde: Auf jeden Fall. In Rom gehe ich gerne stundenlang spazieren, von Kirche zu Kirche. Ich genieße die Stille an manchen eher unbekannten Orten, freue mich aber auch über größere Pilgergruppen, die die heiligen Stätten als Gemeinschaftserlebnis erfahren. Wahrscheinlich gibt es so viele verschiedene Zugänge zum Pilgern, wie es Menschen gibt, die sich suchend auf den Weg machen. Das Fragen und das Suchen sind entscheidend, denke ich. Die Antworten findet man dann auf dem Weg. 


Nach Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“ war Pilgern auf einmal en vogue, selbst für Menschen, die nichts mit Glaube und Religion zu tun haben. Wie erklären Sie sich dieses Phänomen?

Gödde: Ich glaube fest daran, dass in jedem Menschen eine Sehnsucht nach etwas Größerem angelegt ist, das über unser kleines Ego hinausweist. Man kann diese Sehnsucht ziemlich leicht überdecken mit Geld, Macht, Autos, Instagram, Tiktok. Ablenkungen gibt es ja zur Genüge. Aber dass sich so viele Menschen von einem Buch dazu inspirieren lassen, auf Pilgertour zu gehen, zeigt doch, dass die Sehnsucht da ist. Man muss ihr einfach nur Raum geben.


 
Im vergangenen Jahr haben Sie auch die Heiligtumsfahrt Aachen besucht. Wie haben Sie die Wallfahrt, die Stadt und die Menschen erlebt?

Gödde: Als tolle und offene Stadt, so habe ich Aachen erlebt. Freundliche Menschen, eine super Organisation – es war ein großes Glaubensfest, das die Menschen von überall her nach Aachen gebracht hat. 

 

Das alltägliche Leben in Jerusalem – abseits der bekannten touristischen Sehenswürdigkeiten – ganz besonders das ist es, was Stefan Gödde vorstellt, auch in seinem Buch über Rom. (c) Polyglott/Stefan Gödde
Das alltägliche Leben in Jerusalem – abseits der bekannten touristischen Sehenswürdigkeiten – ganz besonders das ist es, was Stefan Gödde vorstellt, auch in seinem Buch über Rom.

In Aachen werden vier Tuchheiligtümer verehrt. Die Frage, ob diese echt sind oder nicht, spielt dabei keine große Rolle. Mehr als 115 000 Menschen sind auch 2023 nach Aachen gekommen. Was macht diese Faszination aus?

Gödde: Stimmt. Ob die Heiligtümer authentisch sind oder nicht, spielt nicht die maßgebliche Rolle. Genauso wie es in Jerusalem auch nicht darauf ankommt, ob der Kreuzweg durch die Stadt genau diesen oder jenen Weg genommen hat. Das Jerusalem zur Zeit Jesu lag sowieso einige Meter tiefer, die Stadt ist im Laufe der Jahrhunderte immer höher gewachsen. Die Faszination besteht doch darin – zumindest für mich – sich in den Strom der Pilger durch die Jahrhunderte einzureihen. Teil einer Tradition zu sein, die die Zeiten überlebt hat, Säkularisation und Tiktok zum Trotz. Und deshalb bin ich auch sehr gerne nach Aachen gekommen, sicherlich nicht zum letzten Mal. Ganz im Gegenteil.

 

Sie sind gläubiger Katholik. Waren Sie das immer? Nehmen Sie uns doch bitte ein kurzes Stück mit auf Ihren Weg durch Höhen und Tiefen.

Gödde: Ich wurde im katholischen Paderborn geboren und bin dann im Sauerland aufgewachsen, war Messdiener und Pfadfinder, die klassische katholische Sozialisation. Meine Oma war sehr gläubig und hat viel gebetet, das hat mich beeindruckt und prägt mich bis heute. Während des Studiums und in den Jahren danach waren mir – zugegeben – andere Dinge wichtiger, als in die Kirche zu gehen. Aber schon seit vielen Jahren ist mir der Gang zur Sonntagsmesse wieder heilig. 


 
Viele Menschen hadern mit der Kirche, treten aus, können mit Glaube und Religion nichts anfangen. Warum ist und bleibt das für Sie wichtig? Was macht der Glaube für Sie aus?

Gödde: Ich glaube daran, dass es einen guten Gott gibt, der das Gute für uns will. Dieser Gedanke ist doch tröstlich in einer Zeit, die auf so vielen Ebenen aus den Fugen zu geraten scheint. Aber ich sehe jeden Tag – an meiner Familie, Freunden, großen und kleinen Wundern –, dass ich ein geliebtes Kind Gottes bin. Und bei den noch offenen Fragen? Da bekomme ich die Antworten ja vielleicht auf der nächsten Pilgerreise.  

Das Gespräch führten Anja Klingbeil und Stephan Johnen.

Weltentdecker und Sauerländer im Herzen

Stefan Gödde, Jahrgang 1975, Fernsehjournalist und weit gereister Reporter, moderiert das beliebte Pro-Sieben-Wissensmagazin „Galileo“. Er ist Weltentdecker, Sauerländer im Herzen, Germanist, Anglist, bekennender Bücherjunkie und großer Fan des Cicero-Zitats: „Fange nie an aufzuhören – höre nie auf anzufangen!“

Auf Entdeckungstour im Herzen der Stadt: Rom und Jerusalem

(c) Gräfe und Unzer

Nach über 30 Reisen nach Rom schlägt Stefan Göddes Herz mehr denn je für die Ewige Stadt mit ihren Geheimnissen, Rätseln und versteckten Winkeln. In diesem Buch stellt er die Orte vor, die ihn am meisten faszinieren, erzählt von spannenden und skurrilen Details, die dem Blick des hastig Vorbeireisenden verborgen bleiben, und gibt Tipps, wie selbst Rom-Kenner noch Neues entdecken können. 

„Nice to meet you, Rom!“ Polyglott, 208 Seiten, 
ISBN: 978-3-8464-0827-8, Preis: 14,99 Euro

(c) Gräfe und Unzer

Zwischen schwitzenden Touristen mit Selfiesticks vor der Klagemauer? Eine Dornenkrone als Souvenir? – Jerusalem bietet so viel mehr als das! Wer den Puls dieser faszinierenden Stadt spüren will, sollte sie jenseits der allzu bekannten Pfade kennenlernen und dafür vor allem eines tun: ihren Menschen begegnen. 

„Nice to meet you, Jerusalem“, Polyglott, 164 Seiten
ISBN 978-3-8464-0753-0, Preis: 14,99 Euro

Für den guten Zweck:  Stefan Gödde spendet seine Anteile am Verkaufserlös der beiden Bücher zum einen an die Jerusalemer Dormitio-Abtei – die Mönche dort sammeln Spenden für karitative Projekte; zum anderen an die christliche Gemeinschaft Sant’Egidio, die weltweit Armut bekämpft und sich für Frieden einsetzt.