„Ein unglaublich schöner Dienst“

Aufgaben und Berufe in der Kirche: Sabine Grotenburg ist Gemeindereferentin in der GdG Willich und Sprecherin der Berufsgruppenvertretung

Ist mit ihrem Beruf trotz aller Veränderungen sehr zufrieden: Gemeindereferentin Sabine  Grotenburg. (c) Gerd Felder
Ist mit ihrem Beruf trotz aller Veränderungen sehr zufrieden: Gemeindereferentin Sabine Grotenburg.
Datum:
25. März 2025
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 13/2025 | Gerd Felder

War in früheren Zeiten einer Mehrheit noch bekannt, welche Dienste und Funktionen in der Kirche ausgeübt werden, so nehmen die Kenntnisse darüber in der heutigen Zeit immer mehr ab. In dieser Serie soll es darum gehen, was die Menschen in den verschiedenen Ämtern und Funktionen eigentlich machen, was ihre Aufgaben, Freuden und Sorgen sind, und wie es um die Zukunft dieser Bereiche bestellt ist. In der dritten Folge steht im Mittelpunkt Sabine Grotenburg, Gemeindereferentin in der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Willich und Sprecherin der Berufsgruppenvertretung der Gemeindereferentinnen und -referenten im Bistum Aachen.

Sabine Grotenburg wurde 1970 in Meerbusch geboren und wuchs im Ortsteil Lank auf. Ihre Mutter engagierte sich bei der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd), ihr Vater bei der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), sie selbst aber war in ihrer Jugend nicht ehrenamtlich aktiv.

Stark geprägt aber wurde sie von ihrem Heimatpfarrer Willi Dapper, unter dem sie sich auch erstmals stärker kirchlich engagierte. Da sie Lehrerin werden wollte, studierte sie von 1989 bis 1994 Katholische Religion, Mathematik und Deutsch für das Grundschullehramt und ging anschließend nach Willich-Anrath ins Referendariat. „Als ich mich nach dem zweiten Staatsexamen auf Lehramtsstellen bewerben wollte, gab es allerdings einen Einstellungsstopp“, erinnert sich Sabine Grotenburg. „Ich kannte Gemeinde- und Pastoralreferenten, konnte es mir aber anfangs nicht vorstellen, diesen interessanten Beruf zu ergreifen, weil ich mich scheute, vor einer größeren Menschenmenge zu sprechen. Das macht mir inzwischen längst schon nichts mehr aus.“

Trotz der Bedenken entschloss sie sich damals zu dem Schritt, in Würzburg Theologie im Fernkurs zu studieren, um Gemeindereferentin zu werden. Dass der Beruf sehr viele Möglichkeiten bietet, war ihr schon damals bewusst. Alle Altersgruppen von der Wiege bis zur Bahre können begleitet werden, die Themen, Zielgruppen und Einsatzorte, um die es in dem Beruf geht, sind sehr vielfältig: Ob ganz klassisch in der Gemeinde, im Krankenhaus, im Altenheim, in der Schule, im Gefängnis oder bei der Sterbebegleitung – überall, wo Kirche auf Menschen trifft und präsent ist, sind auch die Gemeindereferentinnen und -referenten gefragt.

Der Studienabschluss Bachelor in Religionspädagogik/Angewandter Theologie unterscheidet sie von den Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten, die meist mit dem Master in Theologie abschließen, aber die Einsatzgebiete sind nicht mehr so verschieden wie in früheren Zeiten. „Die Übergänge sind da mittlerweile fließend“, urteilt Sabine Grotenburg. „Heute fragt man nämlich weniger nach dem Abschluss als danach, welche Kompetenzen jemand mitbringt.“ In manchen Bistümern wie etwa in der Diözese Münster ist die Bezeichnung für beide Berufsgruppen sogar gleich.

Das große Ganze im Blick

Sabine Grotenburg war von 2002 bis 2004 zuerst Gemeindeassistentin und ist seitdem Gemeindereferentin in Neersen, Anrath, Willich und Schiefbahn, der heutigen GdG Willich. „Ich habe nie den Absprung geschafft“, erklärt sie lachend. „Bei uns habe ich optimale Voraussetzungen vorgefunden und kann dort wunderbar arbeiten.“ Mit Pfarrer Jürgen Lenzen ist sie für die Pastoralentwicklung verantwortlich und hat das große Ganze im Blick; intern gilt sie als „stellvertretende Chefin“. Sie kümmert sich um den Bereich Gottesdienstgestaltung und -leitung und bietet auch Ausbildungsformate für die Leitung von Gottesdiensten an.

Die couragierte Gemeindereferentin („dass ich so heiße wie die legendäre Grotenburg-Kampfbahn in Uerdingen, macht mich stolz“), die nach eigener Einschätzung sehr strukturiert und organisiert arbeiten kann, ist für die Kommunion- und Firmvorbereitung zuständig, begleitet diverse Projekte in der Familienpastoral sowie Gesprächs- und Glaubenskreise für Erwachsene, übernimmt Beerdigungsdienste, begleitet Trauernde, leitet eine Trauergruppe und führt darüber hinaus Seelsorgegespräche. Überhaupt bezeichnet sie sich selbst am liebsten als „Seelsorgerin“, weil manche unter einer „Gemeindereferentin“ eher eine Vertreterin der Kommune verstehen.

Das Berufsbild verändert sich

Grotenburg kann auch ohne langes Überlegen benennen, inwieweit sich das Berufsbild im Laufe der Jahre verändert hat: Die Einsatzorte waren früher kleiner, viele Gemeindereferentinnen und -referenten wurden in einer einzelnen Pfarrei eingesetzt und waren in der klassischen Gemeindeseelsorge tätig. Vor allem war die Zahl der Wortgottesdienste, die abzuhalten waren, früher erheblich kleiner, und die Bereiche Organisation und Management machten einen viel kleineren Teil des Berufes aus als heute. „Die Aufgabe, andere Leute zu begleiten, auszubilden und zu qualifizieren, damit sie selbst Aufgaben in der Gemeinde ausfüllen können, wird noch wichtiger werden“, sagt sie voraus. „Wir sind in erster Linie Ansprechpersonen vor Ort für die Menschen und zudem verstärkt in Sachen Leitung gefragt.“  

Wenn in Zukunft das Interesse an der Kirche und ihren Dienstleistungen noch weiter abnimmt, wird sich auch das Berufsbild noch weiter wandeln. Schon gehen in vielen Gemeinden die Anmeldungen für Taufen und Erstkommunionen stark zurück, aber in Grotenburgs Gemeinde ist dieser Trend erst abgemildert zu beobachten. „Für die Eltern und Kinder bei uns ist die Erstkommunion zum großen Teil nach wie vor wichtig, wobei der Akzent sehr stark auf der Feier als solcher liegt“, stellt die Gemeindereferentin fest. „Wir machen allen klar, dass sie die Sakramente bei uns voraussetzungslos, also ohne Vorbedingungen oder das Erfüllen irgendwelcher Voraussetzungen, empfangen können.“

Die Gemeinde verstehe sich grundsätzlich als Dienstleister und setze auf eine Ermöglichungspastoral, die eine Angebotspalette, etwa für den Kommunionunterricht, biete, aber zu nichts zwinge. „Wie viel Vorbereitung auf die Erstkommunion die Eltern für ihre Kinder haben wollen, entscheiden sie selbst“, erläutert sie. „Unter dem Strich belegen aber 99 Prozent der Erstkommunionkinder die Gruppenstunden – ich glaube, gerade weil es freiwillig ist.“

Könnte Sabine Grotenburg sich persönlich auch vorstellen, als Priesterin am Altar zu stehen, falls Frauen eines Tages geweiht werden sollten? Grundsätzlich würde sie es begrüßen, alle kirchlichen Weiheämter für alle Geschlechter zu öffnen, und speziell die Priesterweihe für Frauen befürwortet sie aus Gründen der Gleichberechtigung. „Der Eucharistie würde ich sehr gern vorstehen, aber das Klerikale, was noch mit dem Priesteramt verbunden ist, halte ich für problematisch“, bekennt sie offen. „Ich rechne aber nicht ernstlich damit, dass es zu meinen Lebzeiten Priesterinnen geben wird. Dafür gibt es zu viele Widerstände dagegen.“

Deutlich weniger Nachwuchs

Gab es vor wenigen Jahren im Bistum Aachen noch deutlich über 200 Gemeindereferentinnen und -referenten, so gehen die Zahlen inzwischen deutlich zurück, weil auf der einen Seite viele Babyboomer in den Ruhestand gehen und auf der anderen Seite vergleichsweise wenig Neue nachrücken. „Inzwischen verzeichnen wir weniger als zehn Neue im Jahr“, konstatiert Sabine Grotenburg. Auf der anderen Seite empfindet sie es als sehr positiv, dass Gemeindereferentinnen und -referenten heutzutage viel mehr gewürdigt und wertgeschätzt werden als früher – und zwar sowohl von den Zielgruppen in den Gemeinden wie auch im eigenen Kollegenkreis. Das Berufsbild aber wird sich – wie alle Ämter und Dienste in der Kirche – weiter verändern, wobei unsicher ist, wohin die Reise geht.

In der Gemeindeseelsorge vor Ort sind nach Einschätzung Grotenburgs die Veränderungen massiver als zum Beispiel in der Krankenseelsorge. „Auf Dauer aber werden wir uns immer mehr die Frage stellen müssen, was wir noch machen und was wir lassen, wovon wir uns also verabschieden müssen“, urteilt Sabine Grotenburg realistisch. „Für mich bleibt es ein unglaublich schöner Dienst und ein toller Beruf.“