Schon als Jugendliche wollte Ursula Eichhoff in einen Orden eintreten. Doch dann hatte sie im Gebet eine Eingebung und sie heiratete. Der Wunsch, ihrer Liebe zu Jesus und Gott eine stärkere Bindung zu geben, aber blieb. Im Dezember hat sich mit ihrer Witwenbenediktion ihr Wunsch auf eine besondere Weise erfüllt.
Sie hätte sich von dem kleinen goldenen Ring getrennt. 55 Jahre hat Ursula Eichhoff ihn an ihrem Finger getragen, seit sie ihren Mann Norbert geheiratet hatte. Auch nach dessen plötzlichen Tod 2015 hat die 75-Jährige den Ring nicht abgelegt. „Ich habe über den Ritus gelesen und da stand, dass ein Ring angesteckt würde“, erinnert sich Eichhoff. „Oh Norbert, habe ich gedacht, jetzt muss ich mich von unserem Ring trennen. Aber es nützt ja nix, der Wunsch, mich mit Jesus zu verbinden, war stärker.“
Der Ehering steckt immer noch an ihrem Finger. Jetzt ist neben dem Namen ihres Ehemannes und dem Datum ihrer Hochzeit auch der Name „Jesus“ und daneben direkt das Datum „9.12.2024“ eingraviert. Am 9. Dezember 2024 ist mit ihrer Witwenbenediktion durch Bischof Helmut Dieser in der Kirche St. Baptist Myhl Eichhoffs größter Wunsch erfüllt worden.
Sie ist die erste Frau im Bistum Aachen, die diesen speziellen Segen erhalten hat. In ganz Deutschland gibt es insgesamt nur 13 Frauen, die die Witwenbenediktion empfangen haben. Noch immer ist Ursula Eichhoff ganz beseelt von dem Erlebnis.
„Ich bin sehr gläubig“, sagt sie. „Mit sieben Jahren hatte ich meine erste Gotteserfahrung.“
Aufgewachsen ist sie in einer gläubigen, katholischen Familie. „Wir sind immer in die Kirche gegangen“, erinnert sie sich. Als ihre Mutter schwer krank wurde und die Familie nicht versorgen konnte, hat ihr Vater in der Küche eines naheliegendes Klosters nachgefragt, ob die Familie von dort Mahlzeiten bekommen könnte. „Ich habe dann jeden Tag das Essen für meine zwei Geschwister und meine Eltern in der Klosterküche abgeholt“, berichtet Eichhoff. So kam sie mit dem Klosterleben in Kontakt.
„Weil es dort so hektisch zuging, habe ich gefragt, ob sie Hilfe brauchen könnten“, sagt Eichhoff. Im Alter von 14 Jahren half sie fortan jedes Wochenende und in den Ferien im Kloster bei der Krankenpflege aus. „Da gab es eine Ordensschwester, die mir sehr imponiert hat, die war immer so fröhlich“, sagt Eichhoff heute. So wollte sie auch werden und in einen Orden eintreten. „Aber es musste ein Orden sein, in dem man auch lachen durfte.“
Ihr ansteckend fröhliches Lachen ist eine wesentliche Eigenschaft der 75-Jährigen. Wer sich mit ihr unterhält, bekommt sofort das Gefühl, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt. Ursula Eichhoff strahlt eine unerschütterliche Lebensfreude und Zuversicht aus. Ihr Glaube ist dafür die Basis, die sie fest im Leben stehen lässt. „Meine Mutter hat immer gesagt: ,Der liebe Gott sieht alles.‘ Das wird oft als Bedrohung aufgefasst, aber ich habe das nie so gesehen“, sagt die Seniorin. „Ich habe mich von ihm immer gesehen und beschützt gefühlt.“
Das half ihr auch in der schwersten Zeit ihres Lebens, als ihr Mann plötzlich starb. Das habe ihr damals den Boden unter den Füßen weggezogen. „Ohne festen Glauben kommt man da nicht durch“, ist sie überzeugt. Ihr Glaube hat sie auch von ihrem Wunsch, in ein Kloster einzutreten, zunächst abgebracht. Mit 16 Jahren habe sie beim Gebet eine Eingebung gehabt. „Gott hat mir gesagt, dass ich heiraten und Kinder bekommen sollte“, sagt Eichhoff.
Ihren Mann Norbert lernte sie an ihrer Arbeitsstelle bei der Justiz kennen. Sie kannte den jungen Rechtspfleger schon einige Jahre als Kollegen, als er sie zum ersten Mal zu einem Kaffee einlud. „Nach dem dritten Treffen hat er mir einen Heiratsantrag gemacht“, berichtet Eichhoff. Wieder hat sie für ihre Entscheidung im Gebet mit Gott Zwiesprache gehalten. Das Ergebnis: „Nach zwei Wochen waren wir verlobt, nach zwei Monaten verheiratet“, sagt die 75-Jährige. Einige Jahre später machte die Geburt ihres Sohnes das Familienglück perfekt.
Die Liebe zu Jesus ist für Ursula Eichhoff eine emotionale Heimat, in die sie sich zurückziehen kann, wenn das Leben schwer wird. Aber auch, wenn es leicht und wunderbar ist. Dieser Liebe wollte sie auch einen offiziellen Rahmen geben und ihr Leben nun ganz Jesus widmen.
„Ich habe zu Pfarrer Thomas Wieners gesagt, dass ich alles, was ich habe, verkaufe und in ein Kloster gehe“, sagt Eichhoff. Aber der Priester habe ihr davon abgeraten und in einem Nebensatz die Möglichkeit der Witwenbenediktion erwähnt. Die fusst auf eine Stelle in der Bibel. Im 1. Brief an Timotheus schreibt Paulus (Tim 5, 9-10) „Eine Witwe, die Verantwortung übernehmen will, soll in die Liste eingetragen werden, wenn sie diese Bedingungen erfüllt: Sie soll nicht jünger als 60 Jahre und die Frau nur eines Mannes gewesen sein, wenn bekannt ist, dass sie Gutes getan hat, wenn sie Kinder aufgezogen hat, gastfreundlich gewesen und den Heiligen die Füße gewaschen hat, wenn sie denen, die in Not waren, geholfen hat und überhaupt bemüht war, Gutes zu tun.“
So einfach war es dann doch nicht. „Meinen ersten Antrag im April 2017 hat der Bischof abgelehnt“, sagt Eichhoff. Aber ihr war die Sache ernst. Also sprach sie den Bischof jedes Mal, wenn sie ihn irgendwo traf, darauf an – acht Jahre lang. Das letzte Mal nach einer Diakonweihe in Aachen. „Da sagte er zu mir: ,Sie meinen das wirklich ernst.’“, erinnert sich Eichhoff. „Danach habe ich nochmal einen Antrag gestellt und der wurde genehmigt.“
Die vegangenen Jahre hat sie ihr Leben so geführt, als habe sie den Segen schon erhalten. Aber jetzt sei es ein totales Glücksgefühl gewesen, als sie vom Bischof den Segen empfing. „Jesus ist meine Verbindung zu Norbert“, sagt Eichhoff. „Nach dem Ja zu meinem Mann war das die beste Entscheidung.“