Die Zahl der regelmäßigen Gottesdienstbesucher ist auch in St. Martinus Bedburdyck recht überschaubar. Trotzdem ist es unverkennbar, dass die hoch gelegene Kirche ein zentraler Punkt im Dorfleben ist. Nun wird das 250-jährige Bestehen des Gotteshauses gefeiert. Dabei ist die Kirche eigentlich gar nicht richtig geweiht.
Man kann es nicht anders sagen: Der Einweihung von St. Martinus Bedburdyck gingen einst ein paar Misstöne voraus. Als die Dorfbewohner ihre frisch wieder aufgebaute Kirche am 17. September 1774 in Betrieb nahmen, war weder ein Bischof noch ein anderer kirchlicher Würdenträger anwesend. Dass die Feierlichkeiten aber stattfanden, ist durch eine Rechnung belegt: Fünf Musikanten wurden für ihre Dienste bezahlt. Der damals zuständige Erzbischof zu Köln war nicht eingeladen, weil der Graf von Dyck sich in seiner Autorität verletzt sah, wenn ein Bischof zur Kirchweihe erscheinen würde. Der Graf hatte das Patronatsrecht über die Martinuskirche und war reichsunmittelbarer Herrscher über das „Dycker Land“. Das Wappen über der „Grafentür“ zeugt noch heute davon.
„Eine bischöfliche Weihe der Kirche oder eines Altares hat nach den Chronisten nie stattgefunden“, sagt Ulrich Clancett, leitender Pfarrer der GdG Jüchen, zu der Bedburdyck gehört. „Bischof Helmut Dieser hat sehr gelacht, als er die Geschichte hörte.“ Zur Feier des 250-jährigen Bestehens wird am Samstag, 21. September, der Bischof anwesend sein und mit den Bedburdyckern in dieser besonderen Kirche um 17 Uhr den Festgottesdienst feiern – und er wird anders als sein Kollege vor 250 Jahren ein gern gesehener Gast sein, der den Gottesdienst in einer Kirche feiert, die mit ihrem Hochaltar im Stil des Rokoko ein Kleinod unter den Gotteshäusern ist.
Auf den ersten Blick scheint es so, als sei die Kirche versteckt. Von der Hauptstraße aus ist sie für Passanten wegen ihrer erhöhten Lage kaum wahrnehmbar. Wer die Stufen emporsteigt, gelangt auch nicht gleich zu dem auffallend roten Barockbau, sondern auf den Friedhof, der die Kirche umgibt und noch heute genutzt wird.
Dass an diesem Ort die Menschen an besonderen Punkten ihres Lebnes zusammenkommen, wird gleich klar. Hier werden frohe Ereignisse wie Hochzeiten und Taufen zusammen gefeiert. Aber hier stützen sich die Bedburdycker auch in ihrem Leid, wenn sie sich von jemandem aus ihrer Mitte verabschieden müssen. Auch wenn jetzt 250 Jahre St. Martinus gefeiert werden – dass an dieser Stelle schon sehr viel länger eine Kirche stand, ist bekannt. Der Kirchturm setzt sich in seiner Architektur von dem Rest des roten Gebäudes ab. Er wird von Kunsthistorikern auf das 12. Jahrhundert datiert. Der Portalvorbau des Turmes wurde zur selben Zeit gebaut wie der einschiffige Kirchsaal.
Eine Katastrophe hatte zur Zerstörung des Vorgängerbaus geführt. Der stammte aus der romanischen Zeit und wurde 1576 komplett renoviert. Mitten in der unsicheren Zeit der Glaubenskriege wird auch Bedburdyck Kriegsschauplatz: Der Graf von Neuenahr rückt gegen das Dorf vor. Viele Menschen versuchen, sich vor den anrückenden Truppen in ihrer Kirche in Sicherheit zu bringen.
Die Truppen des Grafen von Neuenahr brennen die Kirche bis auf die Grundmauern nieder, inklusive der sich darin aufhaltenden Frauen, Männer und Kinder. 1596 bezeichnet ein Visitationsbericht die Martinuskirche als „verwüstet“. 1698 wird die Baufälligkeit des Kirchenschiffs moniert. 1767 berichtet Pfarrer Wiesen vom großen Dorfbrand, bei dem im Jahr zuvor ein großer Teil des Dorfes zerstört worden ist. Die Wiederherstellung verschlinge große Mittel, weshalb an die Finanzierung der Wiederherstellung der Kirche durch die Bedburdycker selbst nicht zu denken sei.
Am 20. August 1773 fasst der Dycker Graf Johann Franz Wilhelm den Entschluss: „Die Pfarrkirche in Bedbur ist in solch schlechtem Zustand, dass eine Wiederherstellung unmöglich erscheint. Deshalb wollen wir als Zehntherr eine neue Kirche errichten.“ Die neue Kiche wird an den noch vorhandenen Turm angebaut. Gut ein Jahr später wird die Einweihung gefeiert.
Daran erinnert nun das große Jubiläumsfest. Nach dem Festgottesdienst mit Bischof Helmut Dieser am Samstag, 21. September, wird zum Empfang im Martinus-Treff der Pfarrei eingeladen. Am Sonntag, 22. September, eröffnet der Festtag um 10.30 Uhr mit einer Kirchenführung durch Pfarrer Ulrich Clancett. In einer Foto-Ausstellung wird die wechselvolle Geschichte der Kirche erzählt. Um 14 Uhr erinnert ein Konzert an den verstorbenen Kirchenmusiker von St. Martinus, Klaus Wasen.