Ein offener Prozess

Welche Herausforderungen die GdG bei der Einrichtung der Pastoralen Räume meistern müssen

Die GdG Giesenkirchen-Mülfort schließt sich mit sieben anderen Pfarreien zu einem Pastoralen Raum zusammen. (c) Andreas Baum
Die GdG Giesenkirchen-Mülfort schließt sich mit sieben anderen Pfarreien zu einem Pastoralen Raum zusammen.
Datum:
29. Mai 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 22/2024 | Garnet Manecke

Zum 1. Januar 2025 sollen die neuen Pastoralen Räume im Bistum Aachen stehen. In der Region Heinsberg werden die Gemeinden dann zu acht Pastoralen Räumen fusioniert sein. In der Region Mönchengladbach sollen es dann sechs Pastorale Räume sein. Das Bistum hat einige Rahmenbedingungen vorgegeben. In den Gremien der Gemeinden wird nun über den Zusammenschluss diskutiert. 

Pfarrer Marc Zimmermann leitet als Promotor den Prozess in der GdG Korschenbroich. (c) Garnet Manecke
Pfarrer Marc Zimmermann leitet als Promotor den Prozess in der GdG Korschenbroich.

Auf den ersten Blick sieht es ganz einfach aus: Der neue Pastorale Raum Korschenbroich stimmt territorial mit der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Korschenbroich überein. Man kennt sich im Ort, denn schon bei der Bildung der GdG mussten sich die fünf Pfarreien aufeinander zubewegen. Manches wurde in den Jahren gemeinsam gestemmt, aber auch in der GdG sind die fünf Pfarreien in ihrem Leben, Vermögen und der Verwaltung eigenständig. Die spannende Frage ist also: Wie bringt man das nun zusammen und macht daraus eine Einheit?

Wenn es nur um Konzepte ginge, wäre die Frage wohl relativ einfach zu beantworten. „Aber es gibt ja auch eine Kirchengemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts“, sagt Marc Zimmermann, leitender Pfarrer der GdG Korschenbroich. Und da geht es um Vermögen der Kirchengemeinden oder darum, wie die Fusion die Verträge der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beeinflusst, bei wem sie also in Zukunft angestellt sind. Diese rechtlichen Fragen müssten zusammen mit dem Bistum geklärt werden, sagt Zimmermann.

Aber nicht nur rechtliche Aspekte sind in diesem Prozess zu lösen. Auch Begrifflichkeiten müssen geklärt werden. Was zum Beispiel soll ein „Pastoraler Raum“ inhaltlich sein? Was sind Orte von Kirche, und wer legt das fest? Und schließlich: Wie können die Gemeindemitglieder in diesem Prozess, der noch so viele Unbekannte hat, mitgenommen werden?Allein diese Fragen zeigen schon, dass in den kommenden Wochen viel geredet werden wird in den GdG. Denn zum 1. Januar 2025 sollen die Pastoralen Räume in ihrer Struktur stehen.

Um diese Aufgabe zu begleiten, hat Bischof Helmut Dieser Promotorinnen und Promotoren ernannt. Sie sollen in den kommenden Monaten den Prozess koordinieren und moderieren. Als Ansprechpartner sind die Promotoren das Bindeglied zwischen den GdG auf der einen Seite sowie Bistum und Regionalteams auf der anderen Seite. „Die beteiligten GdG-Leiter, Pfarrer, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pastoral und in der Verwaltung sowie die Mitglieder der Gremien in der GdG und die Kirchenvorstände und Kirchengemeindeverbandsvertretungen sind verpflichtet, mit der Promotorin/dem Promotor konstruktiv zusammenzuarbeiten“, heißt es in der Aufgabenbeschreibung.

Die Voraussetzungen sind in den  Gemeinden sehr unterschiedlich

Der Pastorale Raum Korschenbroich ist mit der GdG deckungsgleich. Trotzdem sind viele Fragen offen. (c) Garnet Manecke
Der Pastorale Raum Korschenbroich ist mit der GdG deckungsgleich. Trotzdem sind viele Fragen offen.

Bei der Auswahl der Promotorinnen und Promotorenen wurden folgende Kriterien angelegt: Die Personen sollten bereits in einer Gemeinde des zukünftigen Pastoralen Raums tätig sein. In den Pastoralen Räumen, die mit der GdG deckungsgleich sind, werden in der Regel die GdG-Leiter, ein Pastoralreferent oder ein Teammitglied aus der Kirchlichen Organisationsberatung dafür gewählt. In allen anderen GdG übernimmt ein Pastoralreferent, der in der Personalentwicklung der GdG tätig ist, oder ein Teammitglied in der Kirchlichen Organisationsberatung die Aufgabe.

 

Als Regionalvikar und  leitender Pfarrer der GdG Jüchen hat Ulrich  Clancett eine Doppelrolle. (c) Garnet Manecke
Als Regionalvikar und leitender Pfarrer der GdG Jüchen hat Ulrich Clancett eine Doppelrolle.

Aus Neutralitätsgründen werden in diesen Fällen keine GdG-Leiter Promotoren. Das gleiche gilt für die Mitglieder der Regionalteams, die den damit zusammenhängenden Diskussions- und Beteiligungsprozess leiten. Auf diese Weise sollen Interessenskonflikte vermieden werden.„Alle sind bemüht, und es läuft auf der einen Seite alles geräuschlos, aber auch nicht ohne Diskussionen ab“, sagt Ulrich Clancett, Regionalvikar für die Region Mönchengladbach. Als Mitglied des Regionalteams Mönchengladbach und leitender Pfarrer der GdG Jüchen ist er in einer klassischen Doppelrolle. Deshalb ist für den Pastoralen Raum Jüchen, der mit der noch bestehenden GdG deckungsgleich ist, Gemeindereferent Alexander Tetzlaff zum Promotor ernannt worden.

Die Zusammensetzung der zukünftigen Pastoralen Räume sei ein freier Prozess gewesen, sagt Clancett. „Da wurde geschaut, wer zusammengehen kann. Die ganzen verwaltungstechnischen Fragen sind dabei noch nicht geklärt.“ Mit dem geplanten Kirchlichen Vermögensverwaltungsgesetz werden auch Neuerungen im Kirchenvorstandsrecht einhergehen. Das werde vieles einfacher machen, hofft Clancett. Denn allein die zu schaffenden neuen Kirchenverwaltungsstrukturen werden den Verantwortlichen viel Arbeit machen.

 

„Das größte Problem dabei ist, dass wir noch gar nicht wissen, wie das aussieht“, sagt Clancett. „Das ist nicht leicht für die Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, die sich fragen, wer jetzt ihr Arbeitgeber ist.“ Klar ist: Die Gesamtleitung und letzte Entscheidungsinstanz wird nach wie vor durch einen Pfarrer übernommen – unabhängig davon, wie das Leitungs- und Verwaltungskonstrukt des Pastoralen Raums aussehen wird.

Wichtig sei bei diesem ganzen Prozess, dass es keine Gewinner und Verlierer gebe, betont Clancett. „Es wird Leute geben, die etwas gewinnen, und welche, die etwas verlieren.“ Wobei keiner nur gewinnt oder nur verliert, jeder wird sowohl das eine als auch das andere erleben. Wer welche Aufgaben letztlich bekommt und wie sich die Rolle des Pfarrers dann ausgestaltet, werde in jedem Pastoralen Raum unterschiedlich sein. „Den Verwaltungszentren kommt da eine zentrale Rolle zu, wenn dort alles zusammenkommt“, sagt Clancett. Den Prozess erschwert, dass aus den letzten Gemeindefusionen 2010 hier und da immer noch Details der Vermögensfragen nicht geklärt sind.

Für das Leben vor Ort soll das aber nicht entscheidend sein. „Wir müssen den Leuten klar machen, dass der Ort von Kirche das Entscheidende ist“, sagt Clancett. „Da konstituiert sich Kirche im allerbesten Sinn: Als diakonische Gemeinschaft, die zusammensteht.“ Es sei nun eine zentrale Aufgabe, sich auf die Suche nach solchen Orten von Kirche zu machen. In seiner GdG habe sich das verantwortliche Team einmal auf die Suche nach solchen Orten gemacht und sei erstaunt gewesen, wie viel es gefunden hätte.

Eine klare Definition, was ein Ort von Kirche ist, gibt es nicht. Das kann das Treffen der Pfadfinder genauso sein wie der Nachmittagskaffee mit Senioren. Auch wie sich zum Beispiel Priester in ihrer Rolle in diesem Konstrukt wiederfinden, ist nicht ganz klar. „Da muss sich jeder etwas selber zusammenbasteln“, sagt Clancett. „Wenn es eine Schwäche in dem Prozess gibt, dann das.“ Auf der anderen Seite ermöglicht das größtmögliche Gestaltungsfreiheit.

 Wo finden sich in den Gemeinden Orte von Kirche außerhalb der Gotteshäuser (hier St. Peter und Paul Wegberg)? (c) Carmen Nöthlichs
 Wo finden sich in den Gemeinden Orte von Kirche außerhalb der Gotteshäuser (hier St. Peter und Paul Wegberg)?

Die Voraussetzungen für diesen Weg sind höchst unterschiedlich. So gebe es etwa zwischen der in Teilen sehr städtisch geprägten Region Mönchengladbach und der vorwiegend ländlich geprägten Region Heinsberg große Mentalitätsunterschiede, sagt Clancett. 
Schaut man auf die Landkarte, sieht man in der Region Heinsberg viele kleine Gemeinden im ländlichen Raum, die schon geografisch eine große räumliche Distanz zueinander haben. Dagegen sind in Mönchengladbach die GdG nur durch eine Straße getrennt.

Aber auch diejenigen, die dicht beieinander sind, müssen zueinander finden – selbst dann, wenn sie schon viele Jahre zusammenarbeiten. Ein neuer Name kann da für alle Beteiligten identitätsstiftend sein. Die acht Pfarreien im Mönchengladbacher Süden und Westen, die bis dato noch unter dem Arbeitstitel „Rheydter Gürtel“ firmierten, suchten öffentlich nach einem neuen Namen für ihren Pastoralen Raum. Bis Ende Mai konnten Namensvorschläge bei den Pfarreien eingereicht werden.

Für den 22. Juni ist eine Radtour durch den Pastoralen Raum geplant, bei der alle 14 Kirchen angefahren und besichtigt werden. Auch das schafft Vertrauen und Bindung an die neuen Verhältnisse.