Ein klares Zeichen setzen

In der Region Kempen-Viersen hissen die katholischen Jugendeinrichtungen Banner gegen Rechts

Die Banner-Aktion will Vielfalt,  Toleranz und Demokratie in die  Region hinaustragen. (c) Kathrin Albrecht
Die Banner-Aktion will Vielfalt, Toleranz und Demokratie in die Region hinaustragen.
Datum:
12. Mai 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 19/2022 | Kathrin Albrecht

Wenn am Sonntag rund 13 Millionen wahlberechtigte Menschen bei den Landtagswahlen zu den Urnen gerufen werden, setzen auch die Einrichtungen der offenen katholischen Kinder- und Jugendarbeit in der Region Kempen-Viersen ein sichtbares politisches Zeichen – gegen Rechts. 

Das Banner ist rund fünf mal vier Meter groß. Auf einem hellblauen Hintergrund sind alle Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit genannt. In der Mitte ist in großen Lettern „Unser Kreuz hat keine Haken“ zu lesen. Mit diesem Banner wollen die Einrichtungen ein deutliches Zeichen gegen Rassismus, Rechtsradikalismus und Gewalt setzen. „Die offene Kinder- und Jugendarbeit möchte Vielfalt und Offenheit leben“, unterstreicht Simone Benen-Heyer, Leiterin des Jugendzentrums „Titanic“ in Willich Anrath, und fügt hinzu: „Mit der Banner-Aktion sind wir genau im Zeitgeschehen angekommen.“ Das „Titanic“ fungiert als Verteilstation an die insgesamt 14 Einrichtungen der Region, die als stationäre sowie als mobile Einrichtungen immer eine offene Tür für Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, Nationalitäten und auch Religionen anbieten. Neben den Bannern wurden auch sogenannte Beach Flags und Roll-ups verteilt.

Ab dem 10. Mai sind die Banner dann zu sehen. Das Datum ist von Bedeutung: „Am 10. Mai 1933 fand die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten auf dem Bebelplatz mitten in Berlin statt. Das wollten wir bewusst mit aufgreifen“, erläutert Simone Benen-Heyer. 
Die Banner-Aktion setzt auch die vergangenen großen Projekte der Kinder- und Jugendarbeit wie die Entwicklung des Spiels „Mega Twin“ aus dem Jahr 2019 oder das Kochbuch „Mega-Tasty“ aus dem Jahr 2020 fort. Das Design und die ausgewählte Schrift schließen an die vergangenen Projekte an und sorgen für einen Wiedererkennungswert. Das war dem Organisationsteam wichtig. Es sollte erkennbar sein, wo Jugendarbeit draufsteht, ist auch Jugendarbeit drin. Finanziert wird die Aktion aus projektbezogenen Mitteln für pädagogische Angebote. Der Vorbereitungsgruppe war eine jugendgerechte Gestaltung wichtig. Und auch die Entscheidung, dass das Logo kein Kreuz enthält, war bewusst getroffen worden. „Wir hatten verschiedene Entwürfe diskutiert und uns am Ende dagegen entschieden, auch weil die Ideen grafisch sehr schwierig umzusetzen waren und zu Missverständnissen geführt hätten“, erklärt Simone Benen-Heyer. So wie es jetzt ist, sei die Botschaft eindeutig. Und sie transportiere dennoch das christliche Menschenbild, das der Arbeit der offenen Kinder- und Jugendeinrichtungen zugrunde liegt. 

Die Botschaft ist angelehnt an eine Aktion des Caritas-Verbandes Paderborn, der vor einem Jahr zur Bundestagswahl eine Aktion mit der gleichen Botschaft gestartet hatte. Und auch die Einrichtungen der katholischen Jugendarbeit in der Nachbarregion Krefeld setzten mit einer Banner-Aktion und der Botschaft „Unser Kreuz hat keine Haken“ zur Bundestagswahl ein ähnliches sichtbares Zeichen. „Die politische Arbeit zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Angebote“, betont Bettina Passon vom Kinder- und Jugendkulturzentrum ALO in Viersen-Dülken. Die außerschulische Bildung ist ein wichtiger Auftrag der Einrichtungen. Die Kinder- und Jugendarbeit bietet einen anderen Zugang und Zeit, Politik und Gesellschaft zu erklären. 

Die Botschaft auf den Bannern ist auch ein Angebot an die Jugendlichen, ein Einstieg in die Diskussion, findet Patrick Diekneite, Referent für kirchliche Jugendarbeit im Fachbereich Kirchliche Jugendarbeit der Regionen Krefeld und Kempen-Viersen. Vor einem Jahr hat er auch die Banner-Aktion in Krefeld begleitet und gute Erfahrungen gemacht.

Politische Themen werden unter den jungen Menschen diskutiert

Das Interesse für Politik sei bei den Jugendlichen durchaus vorhanden. „Durch ,Fridays for future‘ kommt wieder mehr Schwung in die Jugendbewegung“, bemerkt Bettina Passon. Auch die Aktionen zur U-18-Wahl, die die Jugendeinrichtungen vor wichtigen Wahlen anbieten, würden gut aufgenommen. Den jungen Menschen sei es wichtig, dass sie ernst genommen und ihre Anliegen gehört würden. Auch die Neuen Medien würden ihren Teil dazu beitragen, dass sich junge Menschen mehr mit Politik auseinandersetzen, erklärt Maik Vanck, Sozialarbeiter im Jugendzentrum „Titanic“. „Wenn junge You-Tuber wie Rezo komplexe politische Themen auf eine verständliche Weise herunterbrechen, ist das für unsere Zielgruppe viel attraktiver.“ 

Anna Maria Deutmarg, die zur Zeit ein Freiwilliges Soziales Jahr im „Titanic“ absolviert, teilt diese Beobachtung: „Was ich aus meinem Bekanntenkreis mitbekomme, ist, dass aktuelle politische Themen untereinander besprochen werden. Vor allem Themen, die die LGBTQ-Gemeinschaft, also lesbisch, schwule, transgender und queere Menschen betreffen oder die Umwelt- und Klimaproblematik, das ist schon sehr präsent.“ Auch die klassischen Medien wie Tagesschau oder auch Tageszeitungen seien mit eigenen Kanälen in den Sozialen Medien vertreten und böten dort verschiedene Formate an, die auch eine jüngere Zielgruppe ansprechen, „beispielsweise Aufklärungsvideos zu politischen Themen auf Instagram oder auf Tik Tok“, ergänzt Anna Maria Deutmarg. 

Wie lange die Banner hängen bleiben, ist nicht definiert. Doch die Botschaft der Banner wird immer wieder Eingang in Angebote und Aktionen der Einrichtungen finden. Denn das Ziel der offenen Jugendeinrichtungen ist es, junge Menschen dabei zu begleiten, sich zu starken Persönlichkeiten zu entwickeln. Das sei der beste Schutz gegen die Parolen von Rechts, die einfache Lösungen versprechen, aber am Ende nichts einlösen.