Ein großes Thema

In einem Symposium beleuchteten missio und Domradio, wie die Weltkirche den Synodalen Weg sieht

(c) synodalerweg.de/die fotograferei
Datum:
25. Jan. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 04/2022 | Garnet Manecke

Wir wird der Synodale Weg in Deutschland von der Weltkirche gesehen? Woraus kann die katholische Kirche in anderen Ländern einen Nutzen ziehen? Welche Themen teilen sie, welche Themen sind deutschland-spezifisch? Antworten auf diese Fragen erhielten die Teilnehmer des digitalen Symposiums „Der Synodale Weg im Spiegel der Weltkirche“, zu dem Missio und Domradio eingeladen hatten.

„Die Botschaft ist in der Welt und wird ihre Wirkung entfalten“, ist Birgit Mock, Co-Vorsitzende des Synodalen Forums „Sexualität und Partnerschaft“, überzeugt. (c) Hildegardis Verein/Barbara Frommann
„Die Botschaft ist in der Welt und wird ihre Wirkung entfalten“, ist Birgit Mock, Co-Vorsitzende des Synodalen Forums „Sexualität und Partnerschaft“, überzeugt.

Es ist noch etwas ungewohnt, wenn Birgit Mock, Vizepräsidentin des Zentralkomitees deutscher Katholiken, die Botschaften des 30-seitigen Positionspapiers des Synodalen Forums „Sexualität und Partnerschaft“ zusammenfasst. „Erstens: Sexualität verstehen wir als positive Kraft. Zweitens: Sexualität und Identität gehören zusammen. Man erlebt durch sie Beziehung, vielleicht sogar Transzendenz. Das ist etwas Schönes und Positives“, sagt sie im Gespräch mit Moderatorin Susanne Becker-Huberti. „Als wir das mit dem Blick nach vorne aufgeschrieben haben, haben wir besonders an queere Personen gedacht“, sagt Mock. Wie Bischof Helmut Dieser hat sie den Co-Vorsitz des Synodalen Forums inne. „Vielfalt ist Teil des Schöpfungsplans. Dahinter steht die Grundannahme, dass alle Menschen gleich von Gott geliebt und geschaffen werden.“ Auch wenn in der Synodalversammlung der Grundtext letztlich nicht verabschiedet wurde, weil drei Stimmen dafür fehlten, werde er die Kirche verändern. „Er ist jetzt in der Welt und er entfaltet mit diesen Botschaften seine Wirkung“, sagt Mock.

Der Synodale Weg in Deutschland, das Ringen um die Zukunft der katholischen Kirche, wird durchaus kritisch gesehen. Das gilt nicht nur für einige Katholiken im Inland. Nicht nur in Deutschland werde um den richtigen Weg gerungen, sagt Bischof Helmut Dieser in seinem Statement. „Auch innerhalb der Kurie in Rom gibt es einen Richtungsstreit“, sagt Dieser. „Wir deutschen Bischöfe haben viel Widerstand bei einem Teil der Kurie erfahren.“

„Ich glaube, dass wir gerade an einem  sehr wichtigen Punkt angekommen sind“

„Wir deutschen Bischöfe haben viel Widerstand bei einem Teil der Kurie erfahren“, sagt Bischof Helmut Dieser über die Akzeptanz des Synodalen Weges. (c) BIstum Aachen/Andreas Steindl
„Wir deutschen Bischöfe haben viel Widerstand bei einem Teil der Kurie erfahren“, sagt Bischof Helmut Dieser über die Akzeptanz des Synodalen Weges.

„Täglich kommen Anfragen und Beschwerden gegen den Synodalen Weg in Rom an. Haben sie da mal nachgefragt?“, wollte die Moderatorin von Dieser wissen. „Das brauche ich nicht, weil sie auch bei mir ankommen“, antwortete der Bischof von Aachen. „Auch in einer gewissen Aggressivität. Das halte ich für falsch. Ich nehme an, dass Ängste bestehen, dass die falschen Leuten die Wasserträger sind. Da halte ich es für wichtig, theologisch zu diskutieren.“

Nicht nur bei Fragen der Sexualmoral gibt es Diskussionen. Auch bei der Frage der Weihe von Frauen stehen sich konträre Positionen gegenüber. „Ich glaube, dass wir gerade an einem sehr wichtigen Punkt angekommen sind: Darf die kirchliche Lehre verändert werden?“, sagt Mock. Dass das Verbot der Frauenweihe kein Dogma sei und daher verändert werden könnte, bejahte Dieser. „Ich würde das so sehen“, sagte er auf Nachfrage von  Moderatorin Susanne Becker-Huberti. „Diese Frage ist in meinen Augen brennend, denn eigentlich müsste nach einer Entscheidung Frieden herrschen und Entwicklung möglich sein. Das aber ist nicht geschehen.“

Stehen die Themen, die in Deutschland gerade heftig diskutiert werden auch in anderen Ländern auf der Tagesordnung? Stan Chu Ilo, Professor für katholische Studien an der DePaul University in Chicago/USA antwortet mit einem klaren „Jein“. „Für mich als Afrikaner ist wichtig, dass die Probleme in der ganzen Welt zu sehen sind und wir uns auch mit diesen Problemen konfrontieren müssen“, sagt Ilo. „Aber einige Probleme sind nicht universell, sonst wären ja alle Afrikaner Deutsche.“

Über die Probleme queerer Menschen  wird in Afrika so nicht gesprochen

„Die Themen des Synodalen Wegs betreffen die gesamte Weltkirche“, sagt missio-Präsident Dirk Bingener. (c) Missio Aachen
„Die Themen des Synodalen Wegs betreffen die gesamte Weltkirche“, sagt missio-Präsident Dirk Bingener.

Die Herausforderungen seien sehr spezifisch, dazu kommen kulturelle Unterschiede. „In Afrika ist es schwer, ältere Menschen zu kritisieren“, sagt Ilo. Auch sei die Frauenweihe kein dominantes Thema in Afrika. „Aber es ist ein großes Thema, Frauen zu bilden, ihnen religiöses Wissen zu vermitteln und sie theologisch zu bilden.“ Es gehe zuerst um die Stärkung von Frauenrechten. „Wir müssen ihnen erst mal die Werkzeuge geben, dann können die Frauen aufstehen und sagen, dass Veränderung nötig ist“, sagt Ilo.
Auch über die Probleme queerer Menschen werde in Afrika so nicht gesprochen. „Wir brauchen erst mal ein Verständnis dafür, wir müssen zuhören“, sagt Ilo. „Keine Lösung ist perfekt, aber keine Lösung zu suchen, ist auch keine Lösung.“ Ilo sieht den deutschen Weg als den Versuch, die Kirche zu heilen.

Die Themen in Argentinien unterscheiden sich nicht so sehr von denen in Deutschland, sagt Marcela Mazzini, Direktorin des theologischen Forschungsinstituts an der Universität von Buenos Aires. „Aber die Bedeutung und Gewichtung ist eine andere“, sagt die Professorin.

Die Beteiligung von Laien und die damit verbundenen strukturellen Veränderungen in der Kirche sehen viele Katholiken auf der ganzen Welt als notwendig an, inklusive der dafür notwendigen Gewaltenteilung. „Am deutlichsten war die Zustimmung aus Asien“, sagte Nora Kalbarczyk, Generalsekretärin des Katholischen Akademischen Ausländer-Dienstes (KAAD). Das Ergebnis zeigte eine Studie des KAAD und des Instituts für Weltkirche und Mission, an der 599 Personen aus 67 Ländern auf sechs Kontinenten teilnahmen. „Es geht nicht um Macht, sondern um Verantwortung. Laien werden in Asien für ihre pastorale Aktivität anders ausgebildet als in Deutschland“, sagt Kalbarczyk. In Asien gebe es zum Beispiel den Beruf des Pastoralreferenten nicht, diese Aufgaben werden von Laien erfüllt.
Andere Themen wie das Pflichtzölibat werden unterschiedlich in den Ortskirchen Osteuropas, Nahosts, Afrikas, Asiens und Lateinamerikas diskutiert. Der Pflichtzölibat ist zum Beispiel in Lateinamerika ebenso ein Thema wie in Deutschland.

Die Themen des Synodalen Weges in Deutschland beträfen die gesamte Weltkirche, sagt Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von Missio Aachen, der zu dem Symposium eingeladen hatte. „Deshalb ist ein intensiver Austausch zwischen Ortskirchen über Kontinente hinweg notwendig, der kulturelle Unterschiede berücksichtigt und sich Zeit nimmt“, sagt Bingener.