Es war fröhlich, feierlich und erhebend. Einen Tag nach Aachen ist auch in Kornelimünster die Heiligtumsfahrt mit einer Vesper zur Erhebung der dortigen Heiligtümer eröffnet worden. Gleichzeitig war es die Wiedereröffnung der Propsteikirche nach der Flutkatastrophe von 2021.
Bis kurz vor Schluss war noch gewerkelt und gewischt worden, damit St. Kornelius die Gläubigen in altem, neuem Glanz zur Heiligtumsfahrt willkommen heißen konnte. Ganz fertig ist die Kirche noch immer nicht, doch das merkte man ihr an diesem festlichen Abend nicht an. Die neue Beleuchtung strahlte auf frisch gestrichene Wände und restaurierte Kirchenbänke, das historische Chorgestühl und die Altäre. Durch den Raum schallten die Klänge der Orgel, die die Feuchtigkeit in ihrer Einhausung zum Glück unbeschadet überstanden hatte.
Welche Leistung dahinter steckte, brachte Propst und Wallfahrtsleiter Andreas Möhlig bei seiner Begrüßung noch einmal in Erinnerung, als er sagte: „Da, wo ich jetzt stehe, hätte ich am 14. Juli 2021 nicht mehr stehen können, weil das Wasser an die zwei Meter hoch in der Kirche stand.“
Für Andreas Möhlig war es seine erste Wallfahrt, und entsprechend „positiv aufgeregt“ war er vor der Vesper: „Zwei Jahre hat man auf diese Woche hingearbeitet und dann ist sie plötzlich da.“ Das sei ein schönes Gefühl, zumal unter den geschilderten Vorzeichen. Die Vesper, die Bischof Helmut Dieser feierte, begann mit dem Einzug der noch verpackten Reliquien. In Kornelimünster gibt es keinen goldenen Schrein und kein Schloss, das mit Hammerschlägen geöffnet werden muss, sondern eine alte hölzerne Truhe, in der die Heiligtümer – das Schürztuch des letzten Abendmahls, das Grabtuch und das Schweißtuch Jesu – verwahrt werden.
Hineingetragen wurden sie von Mitgliedern der Feuerwehr Kornelimünster. Die hätte sich gewünscht, auch etwas in die Kirche hineintragen zu dürfen, nachdem sie bei der Flut so vieles hinausgetragen hatte, erläuterte Propst Möhlig.
Schließlich wurde es feierlich und spannend. Nach neun Jahren wurde die Reliquientruhe zum ersten Mal wieder geöffnet und Andreas Möhlig entnahm ihr die in rote, grüne und weiße Seide eingepackten Heiligtümer. Die wurden feierlich zum Altar gebracht, wo Bischof Helmut Dieser die Bänder durchschnitt, mit denen sie verschlossen waren. Der erste zeremonielle Akt war vollbracht.
Während sich Mitglieder der Pfarrei zum Auspacken zurückgezogen hatten, bewies Aachens Bischof, dass man alles noch so genau planen und einem festgelegten Ablauf folgen kann – Pannen passieren. Sein Predigtmanuskript war in der Sakristei liegen geblieben. Ein gut aufgelegter Bischof überspielte dies charmant, indem er den Kornelimünsteranern zu ihrer so schön wieder instandgesetzten Kirche gratulierte und allen dankte, die dazu beigetragen hatten. Wofür er herzlichen Applaus zurückerhielt. In seiner Predigt übertrug er die Bibelstelle mit dem Leitwort der Heiligtumsfahrt „Wofür haltet ihr mich?“ auf die Frage, wofür die Menschen Jesus, den Menschensohn, hielten.
Zentral sei, dass Jesus Mensch geworden ist, wofür die Heiligtümer in Aachen und Kornelimünster als Zeichen stehen. Sie sollen helfen, dem Menschensohn nahe zu kommen. In diesem Sinne sei die Heiligtumsfahrt eine Chance. Auch für die aktuell größte Herausforderung der Kirche, den Missbrauchsskandal. Die Glaubwürdigkeit von Kirche sei angespannt. Sie stehe vor der Herausforderung, „für die Betroffenen da zu sein“ und Kirche „mit der Macht des Glaubens neu glaubwürdig zu machen“.
Dann war der große Moment gekommen: Befreit von ihren seidenen Hüllen, wurden die drei Heiligtümer den Menschen in der vollbesetzten Propsteikirche zur Verehrung gezeigt. Erhebend für die Haupt- und Ehrenamtlichen aus der Pfarrei, die die Ehre hatten, sie zu präsentieren, aber auch für die Menschen am Altar und im Kirchenschiff. Perfekt eingerahmt wurde die ebenso frohe wie festliche Feier von der Musik, die die Korneliusbläser und ein Projektchor unter Leitung von Kantorin Klara Rücker beisteuerten.