Zunächst liest sich der Roman „Die wir liebten“ von Willi Achten wie eine romantische Erinnerung an die 70er Jahre. Zwei Brüder an der Schwelle vom Kind zum Erwachsen-Werden erleben in einem Dorf am Niederrhein alle möglichen, manchmal auch unmöglichen Abenteuer – vermutlich werden sich einige Leser in den beiden wiedererkennen.
Dann aber verliebt sich der Vater in eine andere Frau, die Mutter verfällt zunehmend dem Alkohol, und die beiden Brüder landen schließlich im örtlichen Erziehungsheim, dem Gnadenhof. Hier wird Schwarze Pädagogik angewandt: Erziehungsmethoden, deren Ziel es ist, mit Hilfe von Gewalt, Ausübung von Macht, Erniedrigung oder Erpressung den Willen von Kindern zu brechen. Wer den Gnadenhof verlässt, ist fürs Leben gezeichnet. Als es schließlich einen Toten gibt, kommen die Machenschaften der Erzieher, zum Teil Ex-Nazis, ans Tageslicht. Erinnerungen an die Tötungsanstalt für Kinder in Waldniel-Hostert Anfang der 40er Jahre werden geweckt.
Willi Achten, Jahrgang 1958, studierte in Bonn Germanistik und in Köln Sonderpädagogik und wurde Lehrer in Aachen. Er leitete unter anderem Seminare in der Lehrerfortbildung. Der gebürtige Mönchengladbacher lebt heute in Vaals/NL.
Ruth Schlotterhose
Willi Achten: Die wir liebten, 384 S., Hardcover mit Schutzumschlag, Piper-Verlag, München 2020, Preis: 22,– Euro, E-Book: 16,99 Euro