Ein Raum der Stille, der die Entdeckungsfreude anregt

Die Weihe der Heimbacher Clemenskirche jährt sich zum 300. Mal

Der Vorgängerbau der Clemenskirche wurde 1687 ein Raub der Flammen, der Wiederaufbau zog sich hin, die neue Kirche wurde am 9. September 1725 geweiht. (c) Stephan Johnen
Der Vorgängerbau der Clemenskirche wurde 1687 ein Raub der Flammen, der Wiederaufbau zog sich hin, die neue Kirche wurde am 9. September 1725 geweiht.
Datum:
11. Sept. 2025
Von:
Aus der Kirchenzeitung, Ausgabe 26/2025 | Stephan Johnen

Verschont von Umbauten und Abriss, beschädigt aber nicht zerstört während des Zweiten Weltkriegs: Die barocke Kirche St. Clemens ist komplett aus der Bauzeit von 1725 erhalten, eine Seltenheit. 

„Dieser Raum ist beinahe ein Luxus-Raum. Nicht für den großen liturgischen Kult, sondern um seine persönlichen Sorgen im Gebet vorzutragen“, findet Pfarrer Kurt Josef Wecker. Anders als die moderne Christus Salvatorkirche sei die Clemenskirche auch in der kalten, dunklen Jahreszeit zugänglich; ein Zielort einzelner Menschen mit individuellen Sorgen, die Stille und Kontemplation in einer hektischen Welt suchen. „St. Clemens ist ein Ort für Einzelpilger. Zur Anbetung, zum Kerzenopfer. Dieser Raum regt die Entdeckerfreude von Menschen an, die die Schönheit wahrnehmen und sich verwandeln lassen“, sagt Wecker. Genauso gebe es auch Menschen, die Emotionen und verborgenes Leid auf dem Weg zum Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter mitbringen. „Dies ist ein Ort, an dem wir uns dieser schweren Thematik stellen und sie nicht überzuckern“, sagt Wecker.

Peter  Cremer (l.), Wallfahrtsseelsorgerin Alice Toporowsky und Pfarrer Kurt Josef Wecker laden ein, die Kirche (neu) zu entdecken. (c) Stephan Johnen
Peter Cremer (l.), Wallfahrtsseelsorgerin Alice Toporowsky und Pfarrer Kurt Josef Wecker laden ein, die Kirche (neu) zu entdecken.

Wer auf die Geschichte der Heimbacher Pfarrkirche St. Clemens blickt, kommt an Napoleon Bonaparte nicht vorbei. Denn ohne Bonaparte und die Epoche der „Franzosenzeit“ (1794-1815) wäre die Pfarrkirche vermutlich nur eine kleine Dorfkirche unter vielen geblieben. Erst mit der Auflösung des Klosters Mariawald im Zuge der Säkularisation wurde St. Clemens zu einer überregionalen Wallfahrtskirche. Am 22. Juni 1804 übertrugen die Pfarrangehörigen in feierlicher Prozession den kunstvollen Antwerpener Schnitzaltar und das spätgotische Gnadenbild in die Clemenskirche. Zu diesem Zeitpunkt war das barocke Gotteshaus schon 79 Jahre alt. Dieses Jahr wird groß gefeiert, denn am 9. September jährte sich die Weihe der Kirche zum 300. Mal.

„Diese Kirche spricht eine ganz andere Sprache, eine ganz andere Raumsprache“, sagt Pfarrer Kurt Josef Wecker. Die bereits um 1500 entstandenen Reliquiare seien Zeugnisse einer spätmittelalterlichen Frömmigkeit, viele Darstellungen der Heiligen, Schnitzereien sowie symbolträchtige Gegenstände seien aus heutiger Sicht deutungsbedürftig, hätten für die damaligen Kirchgänger aber beispielsweise wie ein Bilderbuch die Geschichte Mariawalds erzählt. Der Taufstein und das Gemälde im Hochaltar, ein Zeugnis der Opferfrömmigkeit der katholischen Gegenreformation, sind wie die Reliquiare noch älter.

„Ich kenne bis heute nicht die ganze Geschichte des Bildes“, sagt Pfarrer Wecker. Als gesichert gilt, dass es eine vom Niederländer Pieter Soutmann angefertigte Kopie der Kreuzabnahme von Peter Paul Rubens in der Kathedrale von Antwerpen ist. Eine zweite Kopie aus dem 17. Jahrhundert hängt in der Nikolauskapelle des Aachener Doms.

Zu Hochzeiten der Wallfahrt kamen Tausende Pilgerinnen und Pilger zum Gnadenbild nach Heimbach. 1904, zum 100. Jahrestag der Übertragung, feierte der damalige Kardinal und Erzbischof von Köln ein Pontifikalamt, an dem mehr als 7000 Menschen teilnahmen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Tradition fortgeführt. In diese Zeit fallen nicht nur umfangreiche Restaurationsarbeiten, sondern es stehen erstmals Erwägungen im Raum, dem Gnadenbild mit dem Schnitzaltar einen eigenen Raum zu geben. Das Ergebnis dieses Prozesses ist der Bau der „benachbarten“ Christus Salvatorkirche, die seitdem den Schnitzaltar und das Gnadenbild beherbergt. Das Allerheiligste verblieb jedoch in der Clemenskirche, die mit der neuen Wallfahrtskirche verbunden ist. „Drüben brennen auch keine Gebetskerzen. Es gibt keine Konkurrenz zweier Kirchenkonzepte, es sollte keine zweite Kirche geschaffen werden“, sagt Pfarrer Kurt Josef Wecker.