Das Thema Tod ist so existenziell, dass es keinen kalt lässt. So sehr wir uns auch unser Leben lang bemühen mögen, der Auseinandersetzung damit aus dem Weg zu gehen: Das Damoklesschwert hängt über jedem Menschen.
„Jeder, der diesen Raum betritt, spürt, dass es hier um etwas ganz Existenzielles geht. Auch Schulklassen, die durch die Türe kommen, sind auf einen Schlag still, die Jugendlichen sind berührt“, berichtet Pfarrer Ernst-Joachim Stinkes von Erfahrungen, die er bei Führungen durch die Grabes- und Auferstehungskirche St. Cyriakus Niederau macht. Dieser besondere Raum ist dem letzten Weg auf Erden gewidmet, dem Abschiednehmen, der Trauer – aber ebenso der Verkündigung der frohen Botschaft, der Hoffnung auf das, was nach dem Tod kommt, der Berührung mit der Unendlichkeit, die Trost und Zuversicht spendet.
St. Cyriakus ist weit mehr als ein überdachter Friedhof für Urnenbestattungen.
Zehn Jahre ist es her, dass die Grabes- und Auferstehungskirche konsekriert wurde, der Geburtstag wird am Samstag gefeiert (siehe Infokasten). Bereits 2012 machte die Profanierung den Weg für die Umbauarbeiten frei.
Die Idee, aus der Pfarrkirche die erste und bis heute einzige Grabes- und Auferstehungskirche in der Region Düren zu machen, wurde aus der Not geboren. Im Rahmen des sogenannten Kirchlichen Immobilienmanagements (KIM) wurden aus Kostengründen zwei der sechs Kirchen der neuen Großpfarre St. Lukas aus der Bewirtschaftung genommen. Ähnlich wie in St. Bonifatius, wo die Pläne, in der ehemaligen Kirche eine Kita unterzubringen, auf Widerstand stießen, war auch die Idee für St. Cyriakus, dort ein Kolumbarium zu errichten, nicht unumstritten. „Es gibt immer noch Menschen, die damit nicht im Reinen sind“, sagt Pfarrer Ernst-Joachim Stinkes. Dass heute noch regelmäßig Gottesdienste in der neogotischen Kirche gefeiert werden, sei der damaligen Profilierung zu verdanken. „Daraus ist ein Segen geworden“, ist Ernst-Joachim Stinkes überzeugt.
„Wir haben damals alle Gebäude begutachtet. Es ging nicht darum, Kirchen abzureißen, sondern sie umzuwidmen, wieder etwas Kirchliches zu installieren“, sagt er. Relativ schnell stand die Idee im Raum, ein Kolumbarium zu errichten, im Vorfeld wurden die Grabeskirchen in Aachen und Mönchengladbach angeschaut. St. Marien in der Innenstadt war gerade erst mit großem Aufwand umgestaltet worden, um mit einer Empore und dem neuen Vorraum für Konzerte und Tagungen/Veranstaltungen genutzt zu werden, St. Bonifatius fiel aus, weil die Pfarre nicht in Konkurrenz zum städtischen Friedhof treten wollte. „Es war sinnvoll, es in St. Cyriakus zu probieren“, blickt Stinkes auf den Entscheidungsprozess zurück, zu dem auch ein Architektenwettbewerb gehörte.
Durchgesetzt hat sich der Entwurf des Aachener Architekturbüros „Paulssen + Schlimm“, nach deren Plänen in Kürze mit der vierten Erweiterung der Grablegen begonnen wird. „Voll ausgebaut“ können bis zu 2000 Urnen in 1000 Grablegen in der Grabes- und Auferstehungskirche Platz finden. Mit den anfallenden Gebühren werden Erhalt, Unterhalt und Reparaturen für die kommenden 50 Jahre getragen. In den vergangenen Tagen und Wochen wurde vor der Kirche das Aeternum gebaut, ebenfalls nach den Plänen des Architekturbüros.
Das Aeternum ist die wirklich letzte Ruhestätte, in der die Aschenkapsel der Urnen, deren Ruhefrist abgelaufen ist, würdevoll der Erde übergeben werden. Ein Grabstein, der ein Mühlstein ist und den unterirdischen Raum verschließt, erinnert an das Jerusalemer Grab Christi. Mit dieser ewigen Ruhestätte wird das Konzept der Grabes- und Auferstehungskirche vollendet.
Ganz bewusst wurde auf hohe Einbauten verzichtet, damit das Gesamtbild der Kirche weiter sichtbar bleibt. Zwei Achsen begegnen dem Besucher des Kolumbariums: die Längsachse mit Taufbecken und Altar und die Querachse mit Brunnen und Pieta. In der Mitte dieser sich kreuzenden Achsen befindet sich im Bodenbelag eine Bronzeplatte mit dem Symbol des ewigen Bandes in Kreuzform als Symbol der Ewigkeit. Im Langhaus der Kirche werden bei der endgültigen Fertigstellung aller Grablegen zwei Mäanderbänder den Fluss des Lebens vom Beginn bis zum Ende darstellen. „Jeder kann hier bestattet werden, ob Katholik oder Protestant, egal, ob er aus der Kirche ausgetreten ist“, erklärt Pfarrer Stinkes.
Allerdings gibt es zwei Bedingungen, die Teil des Vertrages sind: Als Zeichen der Auferstehung brennt beim Trauergottesdienst die Osterkerze – und die Urne wird gesegnet. Der Ritus ist ebenfalls festgelegt: Nach dem Trauergottesdienst mit Urne am Altar gibt es eine Prozession zum Taufbecken, wo die Urne gesegnet wird. Im Anschluss zieht die Trauergemeinde zum ausgewählten Grab. Dort wird die Urne nach den entsprechenden Gebeten in den Raum der Ruhe abgesenkt und noch am gleichen Tag verschlossen. Jede Grablege ist zunächst immer ein Einzelgrab, mit einem eingesetzten Zwischenboden kann ein Doppelgrab entstehen. Jeden Samstag, wenn ein Gedenkgottesdienst für alle Verstorbenen aus St. Lukas gefeiert wird und die Namen verlesen werden, ist die Kirche gut besucht.
Im Buch des Lebens, das die Schwestern aus dem Karmel gebunden haben, werden von einem Kalligraphen die Namen aller in St. Cyriakus bestatteter Menschen für die Ewigkeit festgehalten, es gibt ein elektronisches Totenbuch, das den Weg zu bestimmten Grablegen weist und mitunter auch weitere Informationen über die Verstorbenen bereithält. Neben der Gedenkmesse an jedem Samstag (17 Uhr) gibt es an jedem ersten Donnerstag im Monat um 18 Uhr die Veranstaltung „Lesequelle“ als meditativ-spirituelles Angebot.
Von Allerseelen bis zum Freitag vor dem 1. Advent werden die Namen aller im laufenden Jahr Verstorbenen an die Wand hinter dem Hochaltar projiziert, über die Weihnachtstage können Menschen die Fotos von Verstorbenen an den Weihnachtsbaum hängen. „Der Weihnachtsbaum ist der Lebensbaum. Wir holen an Weihnachten die Menschen noch einmal in unsere Mitte“, erklärt Pfarrer Stinkes. Eine weitere Gedenkaktion findet von Aschermittwoch bis Karsamstag statt, wo am Altar Angehörige weiße Steine mit dem Namen eines Verstorbenen beschriften können. Darüber hinaus ist die Grabes- und Auferstehungskirche in die Trauerpastoral eingebunden, es gibt viele Angebote für trauernde Angehörige.
„Es gibt einen würdigen Ort für Bestattungen und des Trauerns. Aber es ist zugleich ein Ort der Verkündigung und der Auferstehung, der Menschen dazu einlädt, hier zu verweilen“, ist Ernst-Joachim Stinkes nach wie vor überzeugt, damals mit vielen anderen Entscheidungsträgern die Weichen richtig gestellt zu haben. Die damals begonnene Profilierung werde sich im Rahmen der neuen Pastoralen Räume weiter fortsetzen. „Kirche sollte von der Jugendarbeit bis zur Trauerbegleitung alles abdecken. Aber nicht jede einzelne Kirche kann das noch“, sieht Ernst-Joachim Stinkes weiterhin die Aufgabe, die Angebote in der Grabes- und Auferstehungskirche über die Grenzen der einzelnen Kirchtürme hinweg weiter auszubauen und Menschen, die Hilfe, Unterstützung und Begleitung in einer schwierigen Phase suchen, einen Ort von Kirche bieten zu können.