Rund 40 Jahre war Reinhold Richter Kantor an St. Helena Rheindahlen. Schon in seiner Jugend hat er seine Leidenschaft für die Orgel entdeckt. Mit Konzerten und Chorprojekten hat der 66-Jährige auch Menschen außerhalb der Kirche für die Musik begeistert. Das wird er auch weiterhin machen: Sein Ruhestand bleibt musikalisch.
Jetzt ist er also da, der Ruhestand. Sonntags hat Reinhold Richter nun frei, wenn er will. Wenn er im Gottesdienst sitzt, dann weil es ihm wichtig ist – nicht weil er als Kantor von St. Helena an der Orgel den Gottesdienst begleiten muss. Am Pfingstmontag gab er sein Abschiedskonzert. Der letzte Ton hing noch in der Luft, da applaudierte die Gemeinde ihm schon. Ein Dank für ein wunderbares Konzert und 40 Jahre Dienst als Kantor an St. Helena Rheindahlen.
Die Pandemie hat den Abschied verlängert. Denn die Beschränkungen, die Corona mit sich brachte, trafen auch die Konzerte in Rheindahlen. Eigentlich hätte sich Richter schon im Mai 2022 musikalisch von seiner Gemeinde verabschiedet. Die Verlängerung hat ihm nicht leid getan. Richter ist Organist aus Leidenschaft. „Ich habe das mit großer Passion gemacht“, sagt der 66-Jährige. „Aber ich freue mich auch auf die Zeit, in der ich nicht mehr den alltäglichen Dienst habe.“
Früh hat er seine Begeisterung für die Musik entdeckt. Als Junge bekam er Klavierunterricht. Katholisch sozialisiert, war er in seiner Gemeinde aktiv. „Damals gab es noch keine hauptamtlichen Kirchenmusiker“, erinnert sich Richter. In seiner Heimatkirche spielte eine Ehrenamtliche auf dem Feldharmonium. Als sie aufhörte, übernahm der 15-jährige Reinhold. „Mit 16 Jahren habe ich dann mit Orgelunterricht bei einem evangelischen Pfarrer angefangen.“ Als in der kleinen Dorfkirche in der Lüneburger Heide eine Orgel eingebaut wurde, saß er als erster am Pult.
Geboren ist Reinhold Richter 1956 in der Lüneburger Heide – eine Gegend, die hauptsächlich evangelisch geprägt war. „Aber das war alles so klein, dass die Unterschiede im Alltag keine Rolle spielten“, sagt er. Richter hatte nicht nur beim evangelischen Pfarrer Orgelunterricht, sondern machte dort auch seine ersten Erfahrungen als Chorsänger. „So ist der Funke für die Kirchenmusik übergesprungen“, sagt er.
Während die anderen Jungen sich zum Fußballspielen trafen, schnappte sich der junge Reinhold seine Noten und ging in die Kirche, um zu üben. „Meine ganze Freizeit habe ich mit Orgelspielen verbracht“, sagt er. „Ich war so begeistert.“ Die vielen Klangfarben, die mit den 20 Registern möglich waren: Reinhold Richter begann, auszuprobieren, was er aus dem Instrument alles rausholen konnte. Wer damals die Dorfkirche in der Lüneburger Heide betrat, dürfte sich an so manchem unverhofften Konzert erfreut haben.
1982 ist er mit seiner Frau Andrea nach Rheindahlen gezogen. Hier sind die vier inzwischen erwachsenen Kinder groß geworden. Natürlich wurde auch im Hause Richter musiziert, auch die Kinder haben alle ein Musikinstrument gelernt.
Für ein anderes Hobby war für Richter neben der Musik kein Platz. „Wenn man etwas mit so großer Begeisterung und Leidenschaft macht, braucht man nichts anderes“, sagt der Kantor. Die Orgel sei nicht nur Musikinstrument gewesen, sondern auch Sportgerät. Wer jemals einen Organisten bei der Arbeit sah, weiß sofort, was er meint. Er dehnt und streckt sich zwischen Pedalen, Tastatur und Register. Die Musik fordert den ganzen Körper. Mit dem Fahrrad hält er sich fit. Es ist das bevorzugte Verkehrsmittel, wenn er in Rheindahlen unterwegs ist.