„Ein Leben Hand in Hand“

Marlies und Hans Grubert sind seit 57 Jahren verheiratet. Ihr Geheimnis: Wertschätzung. Treue. Vertrauen. Und ein bisschen Glück.

Eine Liebesgeschichte, wie sie nur das echte Leben schreiben kann: Marlies und Hans Grubert. (c) Bistum Aachen/Christian van t'Hoen
Eine Liebesgeschichte, wie sie nur das echte Leben schreiben kann: Marlies und Hans Grubert.
Datum:
7. Aug. 2025
Von:
Aus der Kirchenzeitung, Ausgabe 23/2025 | Paul Arns

Was hält eine Ehe fast sechs Jahrzehnte lang lebendig? Marlies und Hans Grubert aus Krefeld haben es erlebt – mit Liebe, Streitkultur, Glaube und einem gemeinsamen Blick auf das Wesentliche. Eine Liebesgeschichte, wie sie nur das echte Leben schreiben kann.

Ein Stück Schokolade. Kein Kuss. So begann alles.

 

Hans hatte Marlies damals zum ersten Mal nach Hause gebracht – zu Fuß, weil keine Straßenbahn mehr fuhr. Zum Abschied überreichte er ihr eine Tafel Schokolade. Mehr nicht. „Kein Küsschen, nix“, sagt Marlies heute und lacht. Trotzdem war da etwas. Aus gelegentlichen Treffen in der Clique entwickelte sich langsam mehr. „Peu à peu“, wie beide sagen. So, wie vieles in ihrem Leben: mit Geduld, Vertrauen – und dem Mut, dranzubleiben.
Damals war Hans beim Bundesgrenzschutz, stationiert in der Lüneburger Heide. Nur am Wochenende war er zu Hause. Die gemeinsame Zeit war knapp. „Freitagabend ankommen, Sonntagabend wieder weg“, erinnert sich Marlies. „Da musste man die Zeit miteinander gut nutzen – für Streit war da gar kein Platz.“ Rückblickend glauben beide, dass gerade diese knappe Zeit ihnen gezeigt hat, wie kostbar Nähe und Gemeinschaft ist – und wie stark Liebe wachsen kann, wenn man sie nicht täglich voraussetzt.

Spontan verlobt, bodenständig geheiratet

Kirchlich geheiratet haben die beiden im Januar 1969. (c) privat
Kirchlich geheiratet haben die beiden im Januar 1969.

Die Verlobung? „Ganz spontan“, sagen sie. Ringe kaufen, Familie informieren, im Wohnzimmer feiern. Kein Antrag im Kerzenschein, keine große Inszenierung. Einfach aus dem Gefühl heraus: „Das ist es. Das passt.“ Die kirchliche Hochzeit folgte im Januar 1969 – bei eisiger Kälte. Marlies trug keinen Mantel, sondern Minikleid. „War eben Mode damals.“ Ihr Vater kochte für alle. Das Wohnzimmer wurde zur Festtafel umgebaut. „Nicht pompös, aber sehr schön“, erinnert sich Hans. „So wie wir.“

Zusammen wohnen, zusammen arbeiten

Die ersten Ehejahre waren herausfordernd. Hans absolvierte noch seine Dienstzeit, Marlies betreute das erste Kind. Später übernahmen sie das Elternhaus – ein Umbauprojekt mit allem, was dazugehört: ohne Heizung, ohne Bad. Gemeinsam bauten sie das alte Haus zu einem Zuhause um. „Wir haben uns da durchgekämpft“, sagen sie. „Das hat uns zusammengeschweißt.“ In diesem Haus wohnen sie bis heute.

Und auch beruflich gingen sie denselben Weg. Als Hans’ Chef plötzlich starb, übernahm er das Ingenieurbüro. Marlies stieg mit ein – erst für Schreibarbeiten, später voll im Betrieb. 44 Jahre arbeiten sie inzwischen gemeinsam – mit Tochter. „Ein echter Familienbetrieb“, sagen sie nicht ohne Stolz. Natürlich gibt es auch Reibungen. „Im Büro diskutieren wir schon mal länger“, sagt Marlies. „Aber nie unterhalb der Gürtellinie.“

Wenn die Kerze fliegt und Türen brechen

Die Anekdoten, die sie erzählen, klingen fast wie Filmszenen: eine Kerze, die vor Wut durch den Raum fliegt und in die Vitrine knallt. Eine Badezimmertür, die Hans aufbricht, weil Marlies sich darin verschanzt hatte. Doch aus jedem Streit wurde ein neues Stück Verständnis. „Wir haben immer geredet“, sagt Hans. „Streiten gehört dazu – aber man muss es auch wieder gutmachen können.“

Glaube als Konstante

Ihr Glaube trägt sie durch die Jahrzehnte. Wallfahrten nach Kevelaer, Sonntagsmessen, Jubiläumsfeiern im Aachener Dom – all das ist Teil ihres Lebens. „Das wurde uns von klein auf mitgegeben“, erzählt Marlies. Sie erinnert sich an den Besuch des Pfarrers bei ihren Großeltern, an ihren kleinen Kinderaltar. Hans war Messdiener, sein Vater fuhr ihn zur Heiligtumsfahrt. „Das prägt“, sagt er.

Ihre silberne und goldene Hochzeit feierten sie bewusst kirchlich. „Das gibt einem was zurück“, sagt Hans. Besonders die persönliche Segnung durch den Weihbischof in Aachen – ein Moment, der beiden viel bedeutet hat.

Geteilte Krisen machen stark

Besonders verbunden fühlten sie sich in schweren Zeiten. Als ihr Sohn an einer Gehirnentzündung erkrankte, kämpften sie um sein Leben – drei Monate im Krankenhaus, zwei Jahre Rehabilitation. Später, zu Hans’ 60. Geburtstag, erlitt Marlies einen Darmdurchbruch – mitten in der Feier. Auch diese Krise überstanden sie Seite an Seite. „Da wächst man noch einmal enger zusammen“, sagen beide.

Und auch heute noch gibt es kleine Konflikte. Etwa beim Einkaufen. Hans liebt Angebote – auf das Verfallsdatum achtet er weniger. Marlies kontrolliert den Kühlschrank akribisch. „Ich sehe nur: günstig. Sie sieht: schon fast abgelaufen“, lacht er. Oder die Behörden: Hans, der einst 16 Punkte in Flensburg sammelte, ärgert sich über Knöllchen – Marlies muss sie zahlen.

Doch all das sind nur verschiedene Facetten eines langen gemeinsamen Lebens. Ein Leben mit Höhen und Tiefen, mit viel Arbeit, vielen Begegnungen – und dem tiefen Wunsch, es gemeinsam zu gestalten. Und so hoffen sie heute, ihre diamantene Hochzeit in drei Jahren wieder im Aachener Dom feiern zu können. „Wenn wir noch fit sind – warum nicht?“, sagen sie. Und wieder schwingt in ihren Stimmen dieser unaufgeregte Optimismus mit, der ihnen seit Jahrzehnten gemeinsam eigen ist.

Was ist ihr Geheimnis?

„Wertschätzung. Treue. Vertrauen. Und vielleicht ein bisschen Glück“, sagen beide. Und: „Nicht alles raushängen lassen, nicht zu viel erwarten – aber das, was man hat, miteinander teilen.“ So einfach. Und so groß.