Ein Chormantel kehrt zurück in seine Krefelder „Heimat“

Bei der TV-Show „Bares für Rares“ entdeckte Günter Goebels ein wertvolles Parament

Günther Goebels ist begeistert von den Details des Gewandes. (c) Ann-Katrin Roscheck
Günther Goebels ist begeistert von den Details des Gewandes.
Datum:
13. Juli 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 28/2021 | Ann-Katrin Roscheck

Günter Goebels als Patroneur des Hauses der Seidenkultur in Krefeld traute seinen Augen kaum, als er an einem Tag im Mai wie gewohnt seiner Nachmittagsroutine nachging. Das Stück Kuchen gerade verspeist und die Nachrichten abgeschlossen, flimmerte die ZDF-Trödelshow „Bares für Rares“ mit Horst Lichter über den Bildschirm. Das Ehepaar Sarah und Mike brachte hier ein ungewöhnliches Kleidungsstück zum Moderator. 

Eigentlich sollte der besondere Umhang Mikes Hobby, das mittelalterliche Rollenspiel, bereichern, aber der Umhang würde so gar nicht zu seinem Charakterkonzept passen, erklärte der junge Mann fröhlich. Goebels erkannte gleich: Der Umhang war nicht nur irgendeine Requisite eines Rollenspieles, sondern ein historisches Priestergewand, das der Recklinghausener nun in der TV-Show zu Geld machen wollte. 

Und auch die Expertin auf dem Bildschirm bestätigte: „Hier handelt es sich um ein aus hochwertigem Brokat gefertigtes Parament, einem Chormantel, den der Priester sich um die Schultern legte.“ Ganz richtig erklärte sie das Symbol des Pelikans mit seinen drei Jungen, das händisch auf den Mantel gestickt worden war. „Der Pelikan ist eigentlich durch ein Missverständnis zum christlichen Symbol geworden“, weiß auch Goebels. „Während er seine Jungen füttert, sieht es so aus, als würde er mit dem Schnabel die eigene Brust öffnen und das Blut auf seine Jungen tropfen. Eigentlich werden hier aber nur bereits vollverdaute und dadurch rote Fische verfüttert.“ Als Symbol für Jesus Christus wurden Pelikane Teil der christlichen Ikonographie.

Auch weist die TV-Expertin auf weitere Qualitätsmerkmale des Chormantels hin: Es sind in der Herstellung nicht nur Gold- und Silberfäden genutzt, sondern auch in aufwendiger Handarbeit Einzelheiten gestickt worden. „Wir können beim genauen Hinsehen erkennen, dass die roten Blüten alle einzeln aufgebracht wurden“, führt Goebels aus. „Das muss sehr zeitaufwendig gewesen sein.“ 

Glaubt Goebels bereits von Beginn der nächsten Einblendung, dass ein Zusammenhang mit dem Haus der Seidenkultur in Krefeld bestehen könnte, wird seine Idee bei der nächsten Sequenz wahrhaftig. Denn die Kamera zeigt jetzt ein kleines eingenähtes Schild. In Gelb auf Schwarz steht hier geschrieben: „Renoviert durch die Firma Hubert Gotzes, Krefeld, Luisenstraße 15“. Der besondere Priestermantel muss irgendwann um 1950 in Krefeld restauriert, wahrscheinlich aber auch rund 30 Jahre früher hier hergestellt worden sein. „Als die Expertin dann den geschätzten Wert mit nur 150 bis 200 Euro betitelte, bin ich fast hintenübergefallen“, erklärt Goebels schmunzelnd. „Der ideelle Wert ist natürlich deutlich höher. Würde man heute ein solches Teil in Auftrag geben, müsste man um die 10000 Euro auf den Tisch legen.“

Obwohl der Kunst- und Antiquitäten-Händler Thorsden Schlößner aus Kreuzau bei Düren mit 400 Euro für etwas mehr Geld dem Recklinghausener Ehepaar den Chormantel abkaufte, beschlossen die Krefelder Akteure gleich, dass sie handeln möchten. Goebels hielt sich im Hintergrund, rund um den Pressesprecher des Hauses aber entstand eine Initiative, der sich auch andere Mitarbeitende anschlossen. Auf der Facebookseite des Museums informierten sie darüber, mit Schlößner Kontakt aufzunehmen, um das edle Gewand in die wertvolle Paramentensammlung des Museums zurückzuholen. Sie äußerten im selben Beitrag den Wunsch, hierfür einen Spender finden zu wollen.

Und die Reaktionen überschlugen sich. Mehr als 3000 Klicks verzeichnete das Haus der Seidenkultur infolgedessen auf der eigenen Webseite, und mit Geschäftsmann Peter Oediger meldet sich ein williger Spender. „Mein Vater, der mit Krawatten handelte, hat mich durch seinen Beruf schon früh an das Thema der Textilstadt herangeführt“, erklärt Oediger. „Vor diesem Hintergrund war es für mich fast so eine Art Verpflichtung, hier helfend einzusteigen.“ Letzlich war es aber Kunsthändler Schlößner selbst, der seine Händlerinteressen weitgehend zurückstellte und sich entschied, den Mantel zurück nach Krefeld zu bringen. „Wenn ich sehe, dass ein besonderes Exponat so eine besondere Öffentlichkeit wie die eines Museums bekommen kann, unterstütze ich solche Projekte sehr gerne“, erklärt er. Persönlich brachte der Antiquitätenhändler das Exponat in die Seidenstadt zurück, in der es nun in der Ausstellung des Museums an der Luisenstraße einen Ehrenplatz bekommt.

Das Haus der Seidenkultur ist in der Regel Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 15 bis 18 Uhr sowie sonntags von 13 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet. Bitte melden Sie sich unter 
Tel. 0 21 51/9 34 53 55 oder per E-Mail: besucherdienst@seidenkultur.de an. 
Weitere Informationen finden Sie im Internet auf www.seidenkultur.de

So kam das Chorgewand wieder nach Krefeld

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