Eigene Barrieren, Blockaden, Vorbehalte beseitigen

Inklusion und Integration meistert Jutta Schäfer, Verbundleiterin in Düren-Nord

Judith Graaf (l.) und Jutta Schäfer stehen in der Kindertagesstätte St. Peter für Inklusion. (c) DiCV/Thomas Hohenschue
Judith Graaf (l.) und Jutta Schäfer stehen in der Kindertagesstätte St. Peter für Inklusion.
Datum:
28. Nov. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 48/2023 | Thomas Hohenschue

Erwartungen. Fachkräftemangel. Krankenstände: Der Druck auf Kindertagesstätten-Teams ist groß. Da heißt es dann manchmal: Wie soll hier noch Platz für Inklusion sein? Jutta Schäfer wiederum versteht diese Frage nicht. Sie trägt als Verbundleiterin des Kirchengemeindeverbands Düren-Nord Verantwortung für drei Kindertagesstätten (Kitas). Inklusion ist dort gelebter Alltag.

Jutta Schäfer vertritt eine klare Haltung: „Geht nicht“ gibt’s nicht. Oder: „Was nicht passt, wird passend gemacht.“ Ihre Entschiedenheit speist sich aus einer Parteinahme für das jeweilige Kind. Mit welchem Recht soll sie es abweisen, sagt die lebens- und berufserfahrene Frau. Oft sind die Familien im Viertel oder Dorf verwurzelt. Es ist selbstverständlich, das Kind zu integrieren – es gehört dazu.

Die Verbundleiterin will die Herausforderungen nicht schönreden. Aber sie sieht sie als lösbare Aufgaben an. Seit Januar 2023 hat sie bei ihrer inklusiven Arbeit Judith Graaf an Bord. Die Fachberaterin des Aachener Diözesancaritasverbandes steht im Projekt „Vielfalt!“ mit Rat und Tat zur Seite: mit Besuchen und Teamgesprächen vor Ort, mit Online-Sprechstunden, mit Telefonaten und E-Mail-Korrespondenz.

Jutta Schäfer und Judith Graaf ziehen an einem Strang, das ist schon nach Minuten spürbar. Beide verbindet die Auffassung, dass im Grunde jedes Kind vielfältige Bedarfe hat. Menschen entwickeln sich in verschiedener Hinsicht unterschiedlich, aber doch vergleichbar. Pädagogische und weitere Fachkräfte bringen so betrachtet alles Wesentliche, was sie benötigen, aus ihrer Ausbildung und beruflichen Praxis mit.

Oft braucht es nur Schlüsselmomente, um den Schalter umzulegen, sagen die beiden Fachfrauen. Denn es sind häufig mangelnde Kenntnis und fehlende Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung, die Unsicherheit und Ängste auslösen. So scheinen die Barrieren höher, als sie tatsächlich sind. Es ist eine Kopf- und Gefühlsangelegenheit, die sich rasch erledigen kann.

Inklusion erden und versachlichen

So einen Schlüsselmoment gab es auch in der Kita St. Peter in Birkesdorf, die Judith Graaf im „Vielfalt!“-Projekt begleitet. Ein neues Inklusionskind wurde aufgenommen. Dann stürzte ein medizinischer Bescheid das Team in große Verunsicherung. Judith Graaf übersetzte das Dokument und brach die Herausforderung in handhabbare Pakete herunter.

Genau das ist es: Inklusion erden und versachlichen. Ein Kind mit Behinderung oder drohender Behinderung ist in manchen Punkten halt vom Entwicklungsstand her einfach nur jünger. In anderen Aspekten bringt es Stärken mit. Und so ist es mit den meisten Kindern. Im Zweifel müssen Rahmenbedingungen angepasst werden. Als das Team das verstanden hatte, waren die meisten Bedenken, ob man die inklusive Herausforderung gemeinsam gestemmt bekommt, aufgelöst.

Natürlich bleiben praktische Aufgaben. Manche Kinder benötigen zum Beispiel Assistenz, um eine größtmögliche Teilhabe zu gewährleisten. Jutta Schäfer klemmt sich gemeinsam mit den Eltern dahinter, solche Unterstützung für das Kind und die Kita zu organisieren. Das ist Leitungsgeschäft, und das kann sie. Denn an solchen lösbaren Schwierigkeiten soll die Integration von Kindern aus dem Viertel oder Dorf in das Leben der Kita nicht scheitern. Meint sie – und so ist es schließlich auch gesetzlich vorgesehen.

Die Teams der drei Kitas ziehen mit. Stein für Stein haben die Fachkräfte abgetragen, um Inklusion im Alltag lebbar zu machen. Sicherheit in medizinischen Fragen wie etwa dem Umgang mit epileptisch veranlagten Kindern gehört zwingend dazu. Die Fachberatung durch Judith Graaf im „Vielfalt!“-Projekt der Caritas hilft, die eigenen Blockaden, Befangenheiten und Barrieren zu bearbeiten. Am Wichtigsten bleibt jedoch die Selbstermächtigung, wie Jutta Schäfer betont: „Machen, einfach machen!“