„Düren tanzt“ – sogar in der Kirche

Ein ambitioniertes Projekt mit drei Aufführungen – und besonderem Bezug zum Braunkohletagebau

Bei „Düren tanzt“ ist jeder willkommen – wobei Frauen deutlich in der Überzahl sind. (c) Andreas Drouve
Bei „Düren tanzt“ ist jeder willkommen – wobei Frauen deutlich in der Überzahl sind.
Datum:
1. März 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 09/2023 | Andreas Drouve

„Jede ist eine Tänzerin und jeder ein Tänzer, egal welchen Alters, welcher Herkunft, welchen Geschlechts, welcher Religion“, animiert Choreografin Ronja Nadler alle Interessierten zum Mitmachen bei der Initiative „Düren tanzt“. 

Das Projekt geht in diesem Jahr in die dritte Runde, nachdem bei den beiden vorherigen Ausgaben gewissermaßen auf Sparflamme getanzt wurde. Schuld war die Corona-Pandemie. 2021 gab es nicht einmal eine Aufführung, 2022 bei magerer Teilnehmerzahl zumindest eine in der Kirche St. Joachim. 

Doch nun wollen die Verantwortlichen ab Mai so richtig durchstarten. Dann beginnen die mehrwöchigen Proben für ein Tanztheater, das an drei Terminen über verschiedene Bühnen gehen wird. Die Premiere steigt am 11. Juni in der Dürener Kulturfabrik Becker & Funck, eine Woche später gefolgt von einer Vorführung in der Kirche von Alt-Morschenich sowie Ende August auf der Sommerbühne im Dürener Haus der Stadt.

„Jeder ist sein eigenes Kraftwerk“ –  Energie schaffen, um etwas zu verändern

Choreografin und künstlerische Leiterin Ronja Nadler. (c) Andreas Drouve
Choreografin und künstlerische Leiterin Ronja Nadler.

Das ambitionierte Vorhaben trägt den Titel „Kraftwerke“ und steht unter der künstlerischen Leitung der Choreografinnen Ronja Nadler und Derya Kaptan. „Kraftwerke“ klingt etwas nüchtern und sperrig, doch Nadler unterstreicht die Verzahnung von Individualität und Gemeinschaftsgefühl: „Jeder ist sein eigenes Kraftwerk, und alle zusammen sind ein großes ganzes. Wir schaffen Energie als Gruppe. Energie, die etwas verändern kann.“ Durch Bewegungen, durch Gedanken, durch gegenseitige Hilfen wolle man den Zusammenhalt festigen, hält die Tanzexpertin fest.

Wie das Resultat letztlich aussieht, weiß Choreografin Nadler selbst noch nicht. Als Antwort auf die Frage danach fällt ihr nur dies ein: „Es wird ein Stück Tanzkunst entstehen, das einen professionellen Anspruch hat und die Verbindung schafft zum Publikum.“ Die Choreografinnen und Teilnehmer werden das Tanztheater gemeinschaftlich entwickeln, was Freiräume für jedwede Inputs an Ideen belässt. „Tanzkunst erarbeiten“, umreißt das Nadler. Trotz aller Kreativität und Spontaneität ist der Überbau unverrückbar: zeitgenössischer Tanz. Die Melodien dazu sind laut Organisationsteam breit gestreut. Sie reichen von Klassik über elektronisch-experimentelle Soundlandschaften bis in Richtung Jazz. 

Integratives Projekt: Die Türen stehen auch Menschen mit Beeinträchtigungen offen

In der alten Kirche von Morschenich wird das Tanzprojekt zur Aufführung kommen. (c) Andreas Drouve
In der alten Kirche von Morschenich wird das Tanzprojekt zur Aufführung kommen.

Ein Tanzworkshop, unlängst veranstaltet in der Kulturfabrik Becker & Funck, hat den Machern Mut gemacht für die diesjährige Ausgabe. Knapp 30 Teilnehmer fanden sich ein und wirbelten inspiriert übers Parkett, ob Neulinge oder Wiederholer, darunter allerdings nur zwei Männer. „Dass beim Tanz viel mehr Frauen dabei sind, ist normal“, kommentierte Thea Link aus dem Organisationsteam, die hofft, dass noch zusätzlich eine Gruppe für Kinder zustandekommt.

Die Teilnahme am Workshop war keine Bedingung, sich dem Tanzprojekt anzuschließen, dessen Vorläufer vor Jahren die Initiative „Tanzwärts“ war. Die Türen stehen nach wie vor für alle offen. Voraussetzung ist, Lust und Neugier auf Neues mitzubringen und Spaß an Bewegung und Ausdruckskraft zu haben. Da das Projekt offiziell als „integrativ“ ausgewiesen ist, spielen Beeinträchtigungen keine Rolle.  
Besondere Herausforderung

Die Rückmeldungen nach dem Workshop waren begeistert. „Es ist jetzt schon toll zu sehen, wie eine Choreografie entsteht“, schwärmte eine Teilnehmerin. Und eine andere unterstrich: „Ich freue mich auf die Herausforderung.“ Diese Herausforderung ist allerdings nicht zu unterschätzen und verlangt in jederlei Hinsicht nach Kondition. Geprobt wird ab Anfang Mai zweimal wöchentlich jeweils drei Stunden lang. Ein respektables Pensum für ein abendfüllendes Programm. Schweißströme und Muskelkater sind vorprogrammiert. 
Die Initiatoren möchten mit regelmäßig stattfindenden Projekten wie diesem die Tanzcommunity in Düren erhalten und weiterentwickeln. Heute steht „Düren tanzt“ in Kooperation mit dem Förderverein der Musikschule Düren.

Dass einer der drei Auftritte des Tanztheaters unweit vom Braunkohletagebau in der Kirche des größtenteils verlassenen Dorfes Alt-Morschenich angesetzt ist, gibt einen speziellen Bezug zum Titel „Kraftwerke“ und Energie. „Das wird sicher ein spannender Aufführungsort“, blickt Choreografin Nadler voller Vorfreude voraus. Bis dahin wird sie das Beste aus allen herauskitzeln und die Ressourcen und Kraftquellen jedes Einzelnen anzapfen.

Info

Interessierte, die beim Projekt „Düren tanzt“ mitmachen wollen, können sich per E-Mail bei Gisela Neumann-Wibbeke aus dem Organisationsteam melden: wibbeke-uedingen@web.de.
Potenzielle Teilnehmer sollten wissen, dass dafür ein kleiner Kostenbeitrag (10,– Euro pro professionell geleiteter Probe/Trainingseinheit von drei Stunden) anfällt und die mehrwöchigen Proben insgesamt 57 Stunden umfassen. Dazu soll es zwei Gruppen geben.

Start für die Proben ist am Donnerstag, 4. Mai, in der Dürener Kulturfabrik Becker & Funck (Binsfelder Straße 77/Friedenstraße 2B).

Die Aufführungen sind wie folgt geplant: am Sonntag, 11. Juni, bei Becker & Funck; am Sonntag, 18. Juni, in der Kirche von Alt-Morschenich; am Freitag, 25. August, auf der Sommerbühne im Dürener Haus der Stadt. Die genauen Uhrzeiten stehen noch nicht fest.