Der Glanz kommt von hoch oben: Im Sonnenlicht unter blauem Himmel strahlt die Figur des heiligen Kornelius auf der Chorhalle wie noch nie. Der Schutzpatron, dem auch in diesem Jahr wieder in der Pfarrei St. Kornelius die Kornelioktav vom 14. bis 21. September gewidmet ist, schaut nachsichtig auf die Gläubigen. Als Papst in den Jahren 251–253 nach Christus trägt er zum Messgewand die Tiara und hält den Kreuzstab sowie das Horn in der rechten Hand. Das jährliche Fest rund um seinen Gedenktag (16. September) ist ein Ereignis.
Zunächst wird die prachtvolle Büste aus Silber mit vergoldeten Anteilen und einer mit Edelsteinen verzierten Tiara aus der Heiligtumskammer geholt und von Küsterin Karola Niessen auf Hochglanz poliert. Während der Oktav steht das Reliquiar, das die Schädeldecke des Heiligen enthält, in der Korneliuskapelle, falls es nicht beim „Korneliussegen“ vorsichtig über den Altar gehoben wird. Was Kornelius auszeichnete, der die Abtrünnigen nach der Christenverfolgung nicht strafte, sondern zur Buße bewegte: „Wahre Geduld, es ist die Geduld, die Gott mit uns hat“, bringt es Priesteramtsanwärter Christian Winkhold auf den Punkt, als er zusammen mit Lukas Becker an der E-Orgel ein Abendgebet im Chorgestühl leitet.
Das Motto der Kornelioktav 2024 „Du sollst ein Segen sein“ (Gen 12,2) hätte dem Kirchenmann gefallen, der auf ein friedvolles Miteinander setzte und Schutzpatron des Hornviehs („cornu“ = lateinisch Horn), der Menschen mit Anfallsleiden und der Bauern ist. Erzählt wird im Leitwort die Aussendung von Abraham, den Gott segnet und ihn beauftragt, seine Heimat zu verlassen, um so ein Segen für alle Menschen zu sein. „Du sollst ein Segen sein“ – roter Faden im facettenreichen Programm.
Ist die Oktav noch zeitgemäß? „Unbedingt“, meint Propst Andreas Möhlig. „Vor zwei Jahren haben wir die Oktav sogar im Rahmen der Aachener Heiligtumsfahrt gefeiert und konnten ihr ein neues gegenwärtiges Gewand geben.“
Zum Blick in die Zukunft gehört für den Propst unbedingt die Ökumene, die bereits bei der Vesper zur Eröffnung gelebt wird, bei der Möhlig zusammen mit Max Heller, Pfarrer der evangelischen Gemeinde Stolberg/Brand, am Altar steht. Mit ihm führt er einen heiter-frommen Predigtdialog – erstmals. „Ein Lächeln, ein gutes Wort, die Berührung einer Hand sind bereits Segen“, versichern beide.
Als es dann zur „Geistlichen Weinprobe“ mit biblischen Texten, Musik des Waldemar-Bayer-Ensembles, Storys vom Weinprofi Günther Birkenstock und ausgewählten Tropfen ins festlich ausgestatteten Marienschiff geht, staunen die Gäste. Johannes Müllmann, Inhaber des örtlichen Weinladens, stellt die Verbindung zum Heiligen Land her: „Alle Trauben für diese Weine werden unter anderem in Israel angebaut.“ Der letzte Wein in der Verkostung trägt das Zertifikat „Koscher für Pessach“, ausgestellt unter der Aufsicht von Rabbiner Yosef Elmashaly aus Merom Ha’Galil.
Ob Gemeindechor, Pilgerstempel, Jugendgottesdienst, die kunstvollen Interpretationen der Jungen Kantorei unter der Leitung von Klara Rücker, glanzvoller Orgelklang, Orchester, Mozarts „Missa Brevis“ oder Malerei von Dorothea Kempen – die Oktav bleibt gelebte Tradition. Das Austeilen der „Kornelibrötchen“ an alle Pilger gehört dazu – ein ohne Salz gebackenes hartes Weißbrötchen, das lange hält.
Immer wieder gibt es Besonderes: etwa die Messe mit Krankensalbung, die Propst Möhlig zusammen mit Pfarrer Christoph Stender und Pater Friedhelm, Abt der
Benediktinerabtei Kornelimünster, zelebriert. Mit satten, warmen Klängen
begleiten diese Messe die „Eifeler Alp-hornissen“, bevor sich rund 150 Menschen in Rollstühlen, mit Rollatoren und anderen Gehhilfen vor dem Altar versammeln, wo das geweihte Krankenöl zur Zeremonie bereitsteht. Die drei Priester gehen zu den Wartenden, segnen sie leise, halten tröstend Hände. Ein stiller Höhepunkt.
In seiner Predigt geht Stender erneut auf das Motto der Oktav ein. „Wir sind Veränderungen ausgeliefert, müssen loslassen, das fordert Gott schon von Abraham.“
Mit der „Nacht der offenen Propsteikirche“ gibt es ein abendliches Angebot vom Gebet bis zu den weichen Klängen von Pianist Davide Martello, die Angelika Vorländer auswählt, um mit meditativem Tanz rund um Sonnenblumen und Kerzenlicht den Teilnehmerinnen den „Weg nach innen“ zu zeigen. An der Gebetswand steht „Danke“! – an die Schar der Helferinnen und Helfer und an Kornelius, der in die Heiligtumskammer zurückkehrt – bis zur Oktav 2025.