Dienerin der werdenden Mutter sein

Eine Doula ergänzt den Einsatz der Hebamme und steht ganz im Dienste der Frau

Doula Beke Graw ist immer auf Augenhöhe mit den Müttern. (c) Dorothée Schenk
Doula Beke Graw ist immer auf Augenhöhe mit den Müttern.
Datum:
13. Feb. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 07/2018 | Dorothée Schenk
Zierlich ist die junge Frau, die mit einem kleinen Lächeln auf dem Sofa sitzt, ungeteilte Aufmerksamkeit und gleichzeitig Zurückhaltung signalisierend.

Die Schwangere gegenüber erzählt von ihrer ersten Geburt und dem Gefühl des Verloren-Seins inmitten des Krankenhauses – und darum von der Überlegung, die Dienste der Doula in Anspruch zu nehmen. Beke Graw ist eine „Doula“ und in der Region Krefeld die einzige ihrer Art. Hebammen kennt jeder, sie sind seit biblischen Zeiten vertraut. Schon im 2. Buch Mose steht: „Gott verhalf den Hebammen zu Glück; das Volk aber vermehrte sich und wurde sehr stark“ (Ex 1,20).

Aber Doulas? Was etwas esoterisch und fremdländisch klingt, ist das altgriechische Wort für „Dienerin“ oder „Magd“. So verstehen sich Beke Graw und ihre Berufsgenossinnen. Sie stehen werdenden Müttern vor, während und nach der Geburt stützend zur Seite. Sie fangen sie emotional und physisch auf. Früher gab es hierfür ein eigenes Berufsbild, ehe die Aufgabe von Hebammen übernommen wurde. Seit die Versicherungssummen für Hebammen sich aber vervielfacht haben und in keinem Verhältnis mehr zu den Einkunftsmöglichkeiten stehen, haben etliche freiberufliche Hebammen aufgegeben. Zwar ist laut Statistik die Zahl der Geburtshelferinnen nicht gesunken, aber sie sind in der Regel nun an ein Krankenhaus und einen Kreißsaal gebunden. „Schon wenn sie ein Kind ,planen‘, müssen sie sich eigentlich um eine Hebamme kümmern“, sagt die Viersener Hebamme Kerstin Funck. Diese Betreuungslücke wird in zunehmendem Maße von „Doulas“ gefüllt, die nicht der Haftpflichtversicherungspflicht unterliegen – aus gutem Grund.

 

Nur Mütter können Mütter kompetent begleiten und Doulas sein

Doulas haben keine medizinische Aufgabe. Während sie sich ausschließlich um die Mutter und gegebenenfalls Familie als Ganzes kümmern, sind Hebammen für den Geburtsvorgang verantwortlich. Ausdrücklich begrüßt Kerstin Funck diese Entwicklung und sieht ihren Berufsstand darum eher ergänzt und unterstützt. Und noch ein Unterschied: Anders als bei der Hebammenausbildung gibt es bei Doulas eine Zugangsbeschränkung: Sie müssen Mütter sein, selbst schon geboren haben. Beke Graw hat diese Voraussetzung gleich dreifach erfüllt. Die Krefelderin hat sich in Berlin in einer mehrmonatigen Weiterbildung qualifizieren lassen.

 

Qualifiziert, bereit, aber noch zu wenig bekannt

In Berlin gibt es die Gesellschaft für Geburtsvorbereitung (GFG), die Zertifizierungskurse zur „Doula“ anbietet. Die Biologie- und Chemielehrerin an der Gesamtschule Tönisvorst, Beke Graw, hat ihr Zeugnis seit Jahresende „in der Tasche“ und nun den Wunsch, den Berufsstand am Niederrhein bekannter zu machen. Im Katholischen Forum für Erwachsenen- und Familienbildung Krefeld und Viersen stieß Beke Graw mit ihrem Ansinnen sofort auf offene Ohren. Fachbereichsleiterin Ursula Grotenburg sieht es als eine originäre Aufgabe des Hauses an. Zumal hier Kurse für werdende Mütter angeboten werden, die so von dem Angebot erfahren. Die Skepsis scheint aber groß. Ein erster Kennenlern-Vortrag wurde mangels Nachfrage verschoben. Ende Februar besteht nun eine neue Gelegenheit. Hebamme und Doula sind sich einig: Die Frauen müssen wieder mehr Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen gewinnen. „Der Protest der Frauen ist eingeschlafen“, ist die Erkenntnis von Beke Graw. „Ich habe lange überlegt, woran es liegt“, ergänzt Kerstin Funck. „Es ist nur ein kurzer Prozess im Leben der Frau. Sie ist danach so beschäftigt mit dem Kind, dass sie keinen Raum für Protest hat.“ „Aber die Traumata kommen immer später“, weiß die Doula. Als furchtbar hat sie es empfunden, als sie im Kreißsaal erlebte, wie zum Kaiserschnitt Frauen für die Operation festgeschnallt wurden. „Entwürdigender geht es nicht mehr – fast wie ans Kreuz genagelt.“ Sandra Horch, die noch am Anfang ihrer Schwangerschaft steht, erwartet Kind zwei mit Freude, hat aber auch keine glückliche Erfahrung bei der ersten Geburt gemacht. Beim Ortstermin lässt sie sich beraten, erfährt, dass Doula Beke im Zweifelsfall 24 Stunden für sie da wäre und immer ansprechbar. Sechs Wochen rund um die Geburt dürfen sich die werdenden Mütter auf die Unterstützung verlassen. Bei Beke Graw muss es sich hauptberufsbedingt um die Ferien handeln, denn der Arbeitgeber stellt sie natürlich nicht frei für ihre Doula-Tätigkeit. Ein weiterer Punkt: Die Krankenkasse übernimmt diese Art der Begleitung nicht. Rund 600 Euro – billiger als mancher Kinderwagen – müssen die werdenden Eltern aus eigener Tasche bezahlen.

Näheres unter www.geburtsvorbereitung-krefeld.de und Allgemeines unter www.doula-info.de