Die Vorleserin

Ein Porträt der Lektorin Maria Meurer aus Granterath

Die Vorleserin Maria Meurer (c) Garnet Manecke
Die Vorleserin Maria Meurer
Datum:
7. Aug. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 32/2018 | Garnet Manecke

Seit über 20 Jahren ist Maria Meurer Lektorin in ihrer Gemeinde Granterath. Der Dienst am Pult hat ihr die Bibel näher gebracht. Denn dabei geht es nicht nur darum, die Worte des Evangeliums vorzulesen. Wer die Herzen der Gottesdienstbesucher erreichen will, muss sich mit den Texten beschäftigen, ist die 56-Jährige überzeugt.

Es braucht etwas Übung, um so zu lesen, dass auch diejenigen ganz hinten, in der letzten Kirchenbank, die Worte sauber verstehen. Zum einen muss man lebendig vorlesen, mit richtiger Betonung. Dass so mancher Lektor in einem leiernden Ton liest, liege oft an fehlender Übung, ist Maria Meurers Erfahrung. „Man denkt manchmal, dass es nicht schwer ist, so vorzulesen, dass die Texte gut verstanden werden“, sagt die 56-Jährige. „Aber man braucht Übung.“ Es gehe darum, eine Beziehung zu den Zuhörenden aufzubauen. Das hat sie einmal in einem Seminar über Sprecherziehung gelernt. Die Techniken setzt sie heute bei ihrem Dienst in der Kirche ein.

Mit der Vorbereitung zur Erstkommunion ihrer ältesten Tochter begann Maria Meurer, sich in ihrer Heimatgemeinde Granterath zu engagieren. Die Gemeinde gehört heute zur Pfarrei Christkönig Erkelenz. „Bei den Kommunionvorbereitungen wollte ich einfach dabei sein“, erinnert sie sich. „Aber ich wollte auch selbst etwas darüber wissen, was man den Kindern vermittelt. Gemeinsam mit ihrer Tochter hat die dreifache Mutter damals den Gottesdienst besucht. „Das war eine tolle Zeit“, sagt sie. „Ich brauchte in der Kirche nichts machen. Das war so erholsam, einfach seine Gedanken laufen zu lassen. Ich bin dann dabei geblieben.“ Die Kirche wurde zu einer Kraftquelle ihres Lebens, die ihr auch durch persönliche Krisen geholfen hat.

Als sie gefragt wurde, ob sie den Dienst der Lektorin übernehmen wollte, habe sie gleich zugesagt. Lampenfieber habe sie nie gehabt, wenn sie nach vorne an das Lesepult ging. Eine gute Vorbereitung ist wichtig. Die fängt bei Maria Meurer im Herbst an, wenn das neue Messbuch für das kommende Kirchenjahr herauskommt. Darin stehen die Texte und Themen für jeden Tag im Kirchenjahr.

Um einen Text so zu lesen, dass die Zuhörenden mitgenommen werden, muss sie wissen, worum es geht. „Ich muss den Text nicht nur verstehen, sondern auch wissen, was davor und was danach kommt“, sagt Meurer. Mit dem Messbuch arbeitet sie zuhause. Manches liest sie sogar laut – insbesondere dann, wenn sie eine Wortgottesfeier vorbereitet. Die

leitet sie seit einigen Jahren in mehreren Gemeinden von Christkönig. Auch schwierige Namen, die das Zeug zum Zungenbrecher haben, kommen auf diese Weise in der Regel flüssig über ihre Lippen. Nur einmal hat in all den Jahren ihre Stimme versagt. „Ich war wie blockiert“, erinnert sich Meurer an diesen Augenblick. Zwar habe die Küsterin, die hinter ihr stand, noch versucht, ihr zu helfen. „Aber da ging nichts mehr“, sagt Meurer.

Manche Texte will sie nicht lesen. „Paulus zum Beispiel ist überhaupt nicht mein Freund“, sagt sie. „Den stelle ich mir vor wie einen Terrier. Bei ihm kriege ich an so mancher Stelle einen dicken Hals“, sagt sie – und nicht nur ihr geht es so. Bei Paulus kann es vorkommen, dass sich Lektorinnen weigern, die Texte zu lesen.

Ganz anders geht es ihr bei den Psalmen aus dem Alten Testament, die sie an Festtagen liest. „Die sind für mich wie Musik“, sagt sie und ihre Augen leuchten dabei. „Da entstehen in meinem Kopf beim Lesen Bilder.“