Die Taufe verbindet die Konfessionen

In Mönchengladbach feiern Katholiken und Protestanten an Pfingstmontag das erste ökumenische Tauffest unter freiem Himmel

Organisatoren Tauffest St. Vitus: Frank Seeger-Hupperten, Esther Gommel-Packbier, Peter Blättler (v.l.) (c) Garnet Manecke
Organisatoren Tauffest St. Vitus: Frank Seeger-Hupperten, Esther Gommel-Packbier, Peter Blättler (v.l.)
Datum:
30. Apr. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 18/2024 | Das Gespräch führte Garnet Manecke

Alles ist vorbereitet für das große Tauffest am Fuße der Münster-Basilika. Unter freiem Himmel, direkt am Teich des Geroparks wird den Täuflingen das Sakrament gespendet. Ein Gespräch mit den Organisatoren, Propst Peter Blättler und Frank Seeger-Hupperten von der katholischen Kirche sowie der evangelischen Pfarrerin Esther Gommel-Packbier.

Wie waren die Reaktionen auf Ihre Ankündigung zum ökumenischen Tauffest?
Esther Gommel-Packbier: Ich habe viele positive Rückmeldungen bekommen. Eine sehr kritische Dame in meiner Gemeinde hat mir gesagt, dass sie ja nicht alles in der Kirche gut findet. Aber das sei eine gute Idee.
Peter Blättler: Das kann ich auch so sagen. Taufe ist aber noch sehr stark ein Familienfest. Es gab einige Leute, die über eine Teilnahme nachgedacht haben, sich aber dann doch für eine Taufe im kleinen Kreis entschieden haben. Rund um den Termin des Tauffestes habe ich jetzt sechs oder sieben weitere Taufen.
Gommel-Packbier: Insgesamt haben wir jetzt 21 Anmeldungen. 
Frank Seeger-Hupperten: Es sind elf evangelische und zehn katholische Taufen.
Blättler: Mich hat gefreut, dass Pfarrerkollegen aus dem ganzen Bistum gefragt haben, was wir da machen. Ich bin auch sehr überrascht, dass unser Bistum so positiv reagiert hat. Allerdings gibt es unter den Priesterkollegen auch die eine oder andere kritische Bewertung. 

"Als Jesus die Bergpredigt gehalten hat: War das kein Event?" fragt Peter Blättler

Münster-Basilika Mönchengladbach (c) Garnet Manecke
Münster-Basilika Mönchengladbach

Der Bischof hat mit seinem Besuch der evangelischen Hauptkirche bei der Heiligtumsfahrt in Mönchengladbach ein klares Zeichen für die Ökumene gesetzt. Damit ist er sogar einen Schritt weiter gegangen als sein Vorgänger Mussinghoff. Was bedeutet Ihnen das?
Seeger-Hupperten: Das ist natürlich ein Rückhalt. Es gibt viele Dinge in der Ökumene, die hier gut laufen. Es tut gut, wenn eine Bistumsleitung das auch inhaltlich unterstützt. Gommel-Packbier: Ich glaube, dass das auch eine große Strahlkraft nach außen hat. Seeger-Hupperten: Es gibt sicher ein paar Kollegen, die ein solches Tauffest nicht machen würden. Aber unser Grundgedanke war ja ein ökumenisches Angebot als Ergänzung. Es geht auch darum, dass wir mit der Taufe niedrigschwellig an die Menschen herantreten wollen.
Gommel-Packbier: Damit haben wir eigentlich Menschen wie die alleinerziehende Mutter gemeint, die sich am Taufbecken wie auf einem Präsentierteller fühlt und anschließend nicht feiern kann, weil sie kein Geld dafür hat. Deshalb haben wir eine Feier mit Kaffee und Kuchen im Anschluss an das Tauffest. Aber wie sich herausstellt, haben sich eher die traditionellen Familien angemeldet.

Haben sich auch Familien außerhalb von Mönchengladbach angemeldet?
Gommel-Packbier: Ja, es kommen Familien aus Neuss, Jüchen und Korschenbroich. Seeger-Hupperten: Sogar eine Familie aus Essen hat sich angemeldet. Da bin ich besonders gespannt, was dahinter steckt.

Bis wann kann man sich anmelden?

Seeger-Hupperten: Der offizielle Anmeldeschluss war der 6. April. Wenn sich aber jetzt noch jemand dazu entschließt, nehmen wir ihn auch an.
Können auch Menschen getauft werden, die spontan vorbeikommen?
Blättler: Na klar. Allerdings  mit dem Hinweis, dass bei Kindern die Erlaubnis aller Sorgeberechtigten vorliegen muss. Wenn beide Elternteile sorgeberechtigt sind, müssen auch beide zustimmen. Ich konnte in diesem Jahr ein Kind nicht zur Erstkommunion mitnehmen, weil der Vater die Taufe nicht wollte. Bei Erwachsenen brauchen wir nur einen Personalausweis und die Bereitschaft, sich kurzfristig firmen zu lassen und mit zur Kommunion zu gehen.

In welchem Alter sind die Menschen, die sich am Pfingstmontag taufen lassen?

Gommel-Packbier: Wir haben eine 35-jährige Frau dabei. Sie ist die einzige Erwachsene, die sich an dem Tag taufen lassen wird. Sie hat sich dazu entschlossen, weil sie sich nach einem tragischen Schicksalsschlag von der Kirche sehr getragen gefühlt hat.
Seeger-Hupperten: Wir haben auch drei Kinder im Alter von sechs und acht Jahren dabei.

Wie wird die Tauffeier ablaufen?

Werden diese Kinder speziell auf die Taufe  vorbereitet?
Blättler: Normalerweise laufen in dem Alter die Taufen über die Vorbereitung zur Erstkommunion mit. Das kommt heute häufiger vor. Dann werden sie sogar sehr gründlich vorbereitet. Aber bei einer reinen Taufe gibt es für die Kinder keine besondere Vorbereitung.
Gommel-Packbier: Bei jeder Taufe gibt es ein Taufgespräch mit den Eltern. Bei den Sechs- bis Achtjährigen sind die Kinder dabei und erzählen auch, warum sie getauft werden möchten. Eine typische Antwort ist: Ich möchte dazugehören.
Blättler: Bei Kindern ist es wichtig, dass die Eltern sich mit dem Kind für diesen Weg innerhalb der christlichen Gemeinschaft entscheiden. Bei einem Sechsjährigen gehe ich davon aus, dass er in zwei Jahren auch zur Kommunion geht. Dann kann die Vorbereitung auch nachklappen. Das passiert ja bei einer Säuglingstaufe auch. Sechsjährige stehen ja auch in der Regel in einem Kontext mit zum Beispiel Religionsunterricht in der Schule. So dass die Vorbereitung in ihrem Lebensverbund geschieht. 

In der katholischen Kirche muss die Taufe eigentlich in der Kirche stattfinden. Sie gehen jetzt in einen Park und taufen unter freiem Himmel.
Blättler: Katholischerseits ist in der Regel die Taufe in der Kirche am Taufbecken. Das ist der Taufort. Für das ökumenische Tauffest habe ich vom Generalvikariat eine Ausnahmegenehmigung bekommen.
Gommel-Packbier: Bei uns sagt das Lebensordnungsgesetz ganz klar, dass wir überall taufen können. Ich habe eine Taufschale, die ich überall hin mitnehmen kann.
Blättler: Viele Kollegen und ich sprechen auch nicht mehr von konfessionsverschieden, sondern von konfessionsverbindend. Wir spenden die Sakramente der Taufe und der Ehe konfessionsverbindend. Auch kirchenpolitisch verbinde ich mit dem Tauffest, dass wir im Kopf einen Schalter umlegen und endlich sagen: Die beiden Kirchen haben die Taufen gegenseitig anerkannt, und wir möchten das jetzt auch in die Praxis umsetzen. Die gegenseitige Anerkennung der Taufen bedeutet ja, dass prinzipiell jede katholische Taufe, die ich etwa in der Münster-Basilika halte, offen ist für die ökumenische Gemeinschaft der Christen. Das Sakrament der Taufe legt das Fundament für eine konfessionsverbindende Art und Weise, Christ zu sein.

Wie wird die Tauffeier ablaufen?
Gommel-Packbier: Wir gehen raus, wir sind am Wasser, wir sind im Freien. Der Gottesdienst soll anders sein und näher an den Menschen stattfinden. Das Taufbecken holen wir aus dem Gemeindezentrum in Wickrath. Die Band „Rolling Thunder Brass“ wird sehr moderne Stücke spielen. Nach der Andacht kommt der grandios schöne Teil: Die Täuflinge mit ihren Familien kommen nach vorne. Wahrscheinlich werden vier oder fünf Täuflinge parallel getauft. Die Taufen werden immer von einem katholischen Priester oder einer evangelischen Pfarrerin oder einem Pfarrer durchgeführt. 
Seeger-Hupperten: Für jeden Täufling wird es einen weißen Taufschal geben.
Gommel-Packbier: Als sichtbares Zeichen bekommt jeder am Abend der Taufvorbereitung eine Taufkerze, die gestaltet werden kann. Die werden dann mit Windgläsern aufgestellt. Sie leuchten alle als Zeichen: „Jesus Christus ist mitten unter uns und begleitet Dich auf Deinem Weg.“  Das hat die evangelische Kirche von der katholischen Kirche übernommen. Die Taufkerze ist bei uns inzwischen auch gang und gäbe.

Das klingt nach einem großen Event. Wie viel Event-Charakter darf in Kirche sein und wo ist die Grenze?
Blättler: Als Jesus die Bergpredigt gehalten hat: War das kein Event? Dass man Menschen einlädt, mit ihnen feiert und ihnen eine Zusage macht, ist doch super, wenn es ein christliches Event ist.
Seeger-Hupperten: Für mich unterscheidet sich ein christliches Event dadurch, dass die Blickrichtung in beide Richtungen geht. Die Leute schauen auf uns und wir schauen auf die, die kommen.
Gommel-Packbier: Wir sind Werkzeuge Gottes, die mitgestalten. Aber Handelnder ist Jesus Christus. Seeger-Hupperten: Die Grenze ist dort, wo wir aufhören, auf Jesus Christus zu verweisen.

INFO

Das Tauffest findet am Pfingstmontag, 20. Mai, um 14.30 Uhr statt.
Wer sich oder sein Kind taufen lassen möchte, kann sich unter der e-Mail-Adresse tauffestmg@gmail.com anmelden.
Weitere Informationen unter www.tauffest-mg.de