Die Macht des Wassers

Erste Flutschäden an den betroffenen Kirchen sind behoben, die Sanierung braucht noch Zeit und Geduld

Die Flut hat die Bänke in St. Mariä Himmelfahrt Stolberg durch den Innenraum schwimmen lassen. (c) Noemi Richarz
Die Flut hat die Bänke in St. Mariä Himmelfahrt Stolberg durch den Innenraum schwimmen lassen.
Datum:
2. Feb. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 05/2022 | Andrea Thomas

„So hoch kommt das Wasser doch nicht“, dachten (und hofften) viele im vergangenen Sommer. Sie wurden eines Besseren belehrt, darunter auch eine Reihe Kirchengemeinden. Ein gutes halbes Jahr später hat sich schon einiges getan, sind erste Schäden beseitigt, doch vieles ist – gerade bei den betroffenen Kirchen – noch am Anfang und wird Zeit und Geduld benötigen.

An der Außenfassade von St. Nikolaus Gemünd ist noch gut zu sehen, wie hoch  das Wasser hier gestanden hat. (c) Guido Pohl
An der Außenfassade von St. Nikolaus Gemünd ist noch gut zu sehen, wie hoch das Wasser hier gestanden hat.

Unterstützt werden die Gemeinden vor Ort bei der Beseitigung der Schäden und den nötigen Bau- und Sanierungsmaßnahmen vom Fachbereich Kirchengemeindliches Bauen und Denkmalpflege im Bischöflichen Generalvikariat. Eine ganz neue Herausforderung für das Team um Fachbereichsleiter Bernhard Stenmans. Mit solch einem Ereignis und den Ausmaßen hatte auch hier niemand gerechnet. „Da ist einiges über die Gemeinden hereingebrochen. Das war schon heftig“, sagt Stenmans.

Insgesamt 60 kirchliche Gebäude sind in irgendeiner Form von der Flut in Mitleidenschaft gezogen worden. Ein Drittel davon sind Kirchengebäude. Die Schäden seien unterschiedlich groß, mancherorts durchaus überschaubar, an anderer Stelle dagegen Mammutaufgaben. Da stünden einige große Maßnahmen an und hohe Summen im Raum. Weshalb das auch noch seine Zeit dauern werde. „Wir stehen bei vielem noch am Anfang“, bittet er alle diejenigen in den betroffenen Gemeinden um Geduld, die lieber heute als morgen zurück in ihre Kirche möchten. Der Wunsch sei verständlich, aber da gebe es viel zu koordinieren und zu planen. „Es fehlt derzeit an Material, an Handwerkern und Architekten. Da geht es uns nicht anders als all den vielen betroffenen Privathaushalten“, nennt er ein Beispiel. Ausschreibungen seien derzeit bei vielen Handwerkerleistungen ein Problem. Bei dringenden Maßnahmen wie zum Beispiel Heizungsanlagen gehe es eher darum, einen qualifizierten Betrieb zu finden, der das zeitnah übernehmen könne. Da sind momentan Kompromisse gefragt.

Gemeinden finanziell entlasten 

Auch die Frage, wer die zum Teil enormen Kosten übernimmt, ist noch nicht abschließend geklärt. Das Land NRW oder doch der Bund? Wer muss die entsprechenden Anträge stellen? An wen richtet man die? Positiv sei, sagt Bernhard Stenmans, dass das Land zugesichert habe, auch Kirchengemeinden zu helfen und für Hochwasserschäden eine hundertprozentige Förderung zugesagt hat. Da es aber wohl noch dauern wird, bis tatsächlich Geld fließt, hilft das Bistum betroffenen Gemeinden mit „Überbrückungsgeld“, wo Maßnahmen umgesetzt werden müssen, ehe Fördermittel zur Verfügung stehen, und die Gemeinde das Geld nicht hat, um in Vorleistung zu gehen.

Von den Kirchen hat es einige besonders hart getroffen, darunter die Propsteikirche St. Kornelius in Aachen-Kornelimünster, St. Mariä Himmelfahrt in Stolberg-Mühle und St. Nikolaus in Gemünd. In St. Kornelius, wo das Wasser zwei Meter hoch in der Kirche stand, war noch vieles vor dem Wasser in Sicherheit gebracht worden. Doch die Schäden am Inventar, an Chorgestühl, Altären und Fenster sind groß. Die Sanierung wird kostspielig und langwierig werden. „Die Kirche hat zwei Eingänge, die nicht ebenerdig liegen. Der Innenraum ist quasi eine Wanne, aus der das Wasser nicht so einfach ablaufen konnte“, schildert Noemi Richarz, die für die Aachener Regionen zuständig ist, die Situation.

Dagegen fand sie in St. Mariä Himmelfahrt eine schon fast optimale Situation vor: Mehrere Eingänge, alle ebenerdig, nur die Sakristei liegt etwas höher. So konnte das Wasser, das hier etwa 1,20 Meter hoch stand, gut ablaufen und der Dreck mit Hilfe der Feuerwehr und vielen Helfern entfernt werden. Dafür hatte hier niemand damit gerechnet, dass das Wasser bis in die Sakristei steigen würde, wo liturgisches Gerät und Paramente aufbewahrt wurden. Auch die Kirchenbänke haben Wasserschäden. „Sonst ist der Schaden am Inventar überschaubar, da hier Altäre und Ambo aus Naturstein sind“, berichtet Noemi Richarz.

Ein gewisser Vorteil ist auch der bis auf die ausgemalte Seitenkapelle schlichte Kircheninnenraum „Der Boden muss trocknen und auch die Wände. Zement und Kalkputz sind relativ unempfindlich, so dass wir mit Dampf reinigen und desinfizieren konnten.“ Aktuell müsse alles noch austrocknen, und sie achteten auf Schimmelbildung und Salze, die die Steine angreifen können. Ärgerlich ist, dass die gerade mal ein Jahr alte neue Heizungsanlage komplett zerstört ist und erneuert werden musste. Vor der Flut hatte die Gemeinde gehofft, nach Abschluss einer längeren Dachsanierung zurück in die Kirche zu können, was nun noch dauern wird. Nach der Trocknung muss die Kirche komplett gestrichen werden.

Die Trocknung ist das Hauptproblem

Im Inneren von St. Nikolaus Gemünd: Das verunreinigte Wasser hat den Wänden schwer zugesetzt (rechts). (c) Guido Pohl
Im Inneren von St. Nikolaus Gemünd: Das verunreinigte Wasser hat den Wänden schwer zugesetzt (rechts).

In St. Nikolaus Gemünd ist die Zukunft dagegen noch unklar. Vieles lasse sich noch gar nicht abschließend beurteilen und müsse weiter beobachtet werden, sagt Guido Pohl, zuständig für die kirchlichen Gebäude in der Region Eifel, über die Schäden. Der Kirche – sowie dem benachbarten Pfarrheim, das ein Totalschaden ist – ist ihre Lage zum Verhängnis geworden. Direkt vor dem Hauptportal der Kirche fließt die Olef vorbei. Zwei Meter hoch stand das Wasser im Inneren und hat erhebliche Schäden an Ausstattung, Mobiliar und Gebäude hinterlassen. Elektrik, Heizung – alles kaputt. Was das durch Schlamm, Heizöl und anderes stark verunreinigte Wasser mit den Wänden und dem Putz mache, müssten sie sehen und immer wieder untersuchen, sagt Guido Pohl.

Noch sei die Schadstoffbelastung vertretbar. Das Problem ist die Trocknung eines solchen Gebäudes. „Bei einem Neubau braucht es etwa 18 Monate, bis sich Haushaltsfeuchte entwickelt. Hier haben wir zwei und drei Meter dicke Säulen und massive Außenwände, die ohne Feuchtigkeitssperre im Untergrund stehen.“ Offen ist auch, wie die Statik auf den Rückzug des Wassers reagiert. Kommt es zu Verformungen, Spannung und Rissen? Sicher ist derzeit vor allem: Es braucht Zeit und Geduld, und es wird teuer. Mit einer halben Million sei – vorsichtig geschätzt – zu rechnen.

Unbezahlbar, da sind sich die Fachleute vom Bistum einig, sind die vielen Freiwilligen, die mit angepackt haben, und alle in den Gemeinden, die sich weiterhin mit hohem Engagement einbringen.