Die Kirche im Dorf

Seit 100 Jahren prägt St. Benno Leben und Ortsbild in Herzogenrath-Hofstadt

Nicht pompös, aber eine Kirche mit ganz  eigenem Stil und Charme, so präsentiert sich das Geburtstagskind. (c) Andrea Thomas
Nicht pompös, aber eine Kirche mit ganz eigenem Stil und Charme, so präsentiert sich das Geburtstagskind.
Datum:
29. Mai 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 22/2024 | Andrea Thomas

Feiert jemand seinen 100. Geburtstag, wird gern gefragt, ob es ein Geheimrezept gebe, so lange in guter Verfassung zu bleiben. Kirchen tun sich – nachvollziehbarerweise – bei der Antwort schwerer als Menschen. Für beide dürfte aber gelten: Es hilft, mitten im (Dorf-)Leben zu stehen und in eine gute Gemeinschaft eingebunden zu sein. 

Auf St. Benno in Hofstadt trifft das zu. Die Kirche (90 Sitz- und 50 Stehplätze) in dem zu Merkstein gehörenden Dorf ist eine echte Dorfkirche. Nicht pompös, aber mit ganz eigenem Stil und Charme: Eine einschiffige Backsteinkirche mit Sandsteineckquadern, 22 mal 12 Meter, fünf Achsen, spitzwinklig abschließenden Fenstern, geradem geschlossenem Chor, Mansarddecke, einem dreigeschossigen Turm mit achtseitiger Kuppel und einem über Hohlkehle spitzwinklig abgesetzten Helm. Nicht nur prägt St. Benno seit einem Jahrhundert das Ortsbild, sondern wurde auch von den „Männern und Jünglingen“ aus Hofstadt eigenhändig gebaut. Was den damaligen Pfarrer von St. Willibrord in Merkstein, zu dessen Gemeinde die Dörfer gehörten, wohl nicht freute, wie die Chronik berichtet, die ein Kreis aus engagierten Ehrenamtlichen zum Jubiläum erstellt hat.

1923 war mit St. Thekla in Streiffeld die ersten Abpfarrung erfolgt, was in Hofstadt und den Nachbardörfern ebenfalls den Wunsch nach einer eigenen Kirche weckte. Im Juni 1923 war Baubeginn. Möglich geworden war dies durch Hartnäckigkeit und Engagement: Zwei Hofstadter haben persönlich beim Erzbischof in Köln vorgesprochen, um eine Baugenehmigung zu bekommen. Bauplatz war eine Wiese, die zu Gut Meulenbergh gehörte, einem der ältesten Höfe im Dorf. Steine kamen aus den Nivelsteiner Sandwerken, wo auch die Ziegel gebrannt wurden.

Die Landwirte halfen mit Pferd und Wagen und die Schützen (heute St.-Benno-Schützen) packten ebenso mit an, wie die Männer und Jünglinge des Dorfes. Das Holz für Dach und Decke stiftete Baronin Johanna von Weckbecker, Besitzerin des nahegelegenen Schlosses Rimburg. Zu Ehren ihres Mannes, Benno von Brauchitsch, der den Kirchenbau großzügig gefördert hatte, wählten die Hofstadter den heiligen Benno als Pfarrpatron. Ende 1924 wurde der Kirchbau fertiggestellt und für den 21. Dezember war die Einsegnung durch den Erzbischof von Köln geplant. Doch die musste kurzfristig abgesagt werden, da die Schlossherrin, die die Festgesellschaft hatte bewirten sollen, kurz vor der Niederkunft stand. So musste dann doch am ersten Weihnachtstag der Pfarrer von St. Willibrord, Edmund Bungartz, die (von ihm nicht befürwortete) Benno-Kirche einsegnen.

Kirchliche Histörchen

Prägt das Dorfbild: Historische Ansicht der Kirchstraße mit  St. Benno im Hintergrund. (c) Archiv Stefan Hau
Prägt das Dorfbild: Historische Ansicht der Kirchstraße mit St. Benno im Hintergrund.

Eine von vielen Anekdoten, die sich rund um die Kirche und ihre Gemeinde (ab 1929 eigenständig, seit 2010 wieder eingegliedert in die Pfarrei St. Willibrord) 
ereignet haben. Einige sind in der Jubiläumschronik festgehalten. „Wir wollten unsere Kirche wertschätzen durch Geschichten“, sagt Angelika Fiedler-Grohe vom Redaktionsteam. Zum Beispiel sollen die Landwirte, die stets auf der Orgelempore saßen, während der heiligen Messe Geschäfte per Handschlag abgeschlossen haben. Was Pfarrer, Pater Adalbert Baumert (1969–99), ein Dorn im Auge war. Ein Versuch, dies zu ändern, soll mit der Ankündigung „Dann kommen wir gar nicht mehr“ rasch vom Tisch gewesen sein.

In der Erinnerung vieler älterer Gemeindemitglieder ist Pater Baumert auch wegen seiner Haushälterin, Fräulein Iven (auf das „Fräulein“ legte sie wohl Wert), geblieben. So erinnert sich Elisabeth Goebbels unter anderem daran, dass, wenn bei ihnen daheim geschlachtet wurde, „per Zufall“ der Pastor mit seiner Haushälterin vorbeikam, die „gerade spazierengingen“. Für das Einsegnen des Stalls gab es als Dank ein Stück Fleisch und etwas Wurst. „So bekamen die Schweine, Kaninchen und Hühner ihren Segen und der Herr Pastor etwas fürs leibliche Wohl.“ Peter Walmanns berichtet, wie er Ministrant geworden ist: „Heutzutage werden die Messdiener über mehrere Wochen ausgebildet. 1974 ging das ganz anders: Am Sonntag nach Weißen Sonntag nahm mich Fräulein Iven vor der Messe beiseite und sagte ‚Heute dienst du mit!‘“ Auch sorgte sie dafür, dass die Ministranten den Altarraum nur mit sauberen Schuhen betraten. Wer durch ihre Kontrolle fiel, musste raus und seine Schuhe putzen.

Auch die Gemeinde von St. Benno ist kleiner geworden, doch sie prägt immer noch das Dorfleben mit. So bieten die Frauen aus dem Dorf an Erntedank nach dem Gottesdienst Zwiebelkuchen, Federweißen und die Erzeugnisse ihrer Felder und Gärten an, und alle sitzen an Tischen und Bänken noch in der Kirche zusammen. Am ersten Samstag im Monat lädt die Gemeinde nach der Abendmesse zur Begegnung, was besonders ältere und alleinstehende Gemeindemitglieder gerne nutzen. Besonders sei auch ihr Weihnachtsgottesdienst, den Diakon Franz-Josef Kempen immer unter ein Motto stelle und so vorbereite, dass er alle Altersgruppen anspreche. Als lebendige Gemeinde wollen sie sich auch zum Patrozinium und Kirchgeburtstag am 16. Juni zeigen. Da gibt es auch die Chronik mit weiteren „Kirchlichen Histörchen“.

100 Jahre St. Benno Hofstadt

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