Die Arbeit wird wichtiger

Es sollte nur vorübergehend sein. Heute feiert das ALZ Krefeld-Meerbusch 40-jähriges Bestehen

Das Arbeitslosenzentrum Krefeld-Meerbusch  befindet sich auf dem Westwall 40–42. Die Mitarbeiter beraten in allen Fragen rund um das Arbeits- und Sozialrecht, helfen bei der Jobsuche und bieten Orientierung, Unterstützung und Begleitung in schwierigen Lebenslagen. Termine gibt es unter Tel. 0 21 51/77 57 44. (c) Dirk Jochmann
Das Arbeitslosenzentrum Krefeld-Meerbusch befindet sich auf dem Westwall 40–42. Die Mitarbeiter beraten in allen Fragen rund um das Arbeits- und Sozialrecht, helfen bei der Jobsuche und bieten Orientierung, Unterstützung und Begleitung in schwierigen Lebenslagen. Termine gibt es unter Tel. 0 21 51/77 57 44.
Datum:
11. Sept. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 37/2024 | Chrismie Fehrmann

1984 gründeten die beiden großen Kirchen das ökumenische Arbeitslosenzentrum (ALZ) Krefeld-Meerbusch, um den betroffenen Menschen eine direkte Hilfe anzubieten. Es sollte keine Seelsorgeeinrichtung sein, sondern ganzheitlich Beratung anbieten. „Katholikenrat Krefeld und Katholische Arbeitnehmer-Bewegung waren große Befürworter“, erklärt Werner Fleuren, der frühere Vorsitzende und bis heute Begleiter des Zentrums. „Von evangelischer Seite war der Gemeindeverband Mitglied.“

Die Verantwortlichen gingen damals von einem eher „vorübergehenden Engagement“ aus. Weit gefehlt. Die Arbeitslosenzahlen steigen bis heute immer mehr, die Arbeit im ALZ wird immer wichtiger. Im September begeht der Verein nun seinen 40. Geburtstag – mit einer nur kleinen Feier, denn das Geld ist knapp.

„Die Situation am Arbeitsmarkt, die veränderte Rechtslage in der Sozialgesetzgebung – insbesondere durch Einführung der Hartz-IV-Gesetze beziehungsweise der heutigen Regelung zum Bürgergeld – sowie die labile finanzielle Unterstützung des ALZ durch das Land NRW haben die Arbeit im ALZ entscheidend beeinflusst“, berichtet Vorsitzender Hans-Jürgen Vössing. „Auch aus dem Sozialfonds der Kirchen wird Jahr für Jahr weniger gezahlt. Wir haben kaum Planungssicherheit, da uns die geänderten Bescheide stets spät im Jahr erreichen.“

So könne die oft geäußerte Erwartung an die Arbeit des ALZ – zusätzliche Befähigungen für den ersten Arbeitsmarkt durch entsprechende Kurse zu erlangen – nicht erfüllt werden. „Dazu fehlt schon seit einigen Jahren das Geld.“

   >> Oft wissen die
Menschen nicht, was sie
unterschreiben. <<

Hans-Jürgen Vössing

Der 40. Geburtstag wird am 21. September ab 15 Uhr an der Michaelskirche in Uerdingen, Am Zollhof 1a, gefeiert. Regionalvikar Thorsten Obst und Superintendentin Barbara Schwahn werden auch dabei sein. (c) Dirk Jochmann
Der 40. Geburtstag wird am 21. September ab 15 Uhr an der Michaelskirche in Uerdingen, Am Zollhof 1a, gefeiert. Regionalvikar Thorsten Obst und Superintendentin Barbara Schwahn werden auch dabei sein.

Die ALZ-Mitarbeiter vermitteln auch keine Arbeitsplätze, zeigen jedoch auf, wie es gehen kann, einen zu bekommen, und ebnen die Wege zu den notwendigen amtlichen Stellen. Außerdem bieten sie den arbeitslosen Menschen die Möglichkeit, sich zu treffen und auszutauschen. Die drei Schwerpunkte sind neben der Begegnung die Beratung und Bildung.

Diplom-Sozialpädagogin Birgit Pannenbecker berichtet von zwei Schicksalen: „Da ist beispielsweise die alleinerziehende 28-jährige deutsche Mutter mit zwei Kindern, die Bürgergeld bekommt. Sie kann nicht arbeiten, da sie keine Kinderbetreuung hat. Die Mutter besitzt Anspruch auf Kindergeld und einen Unterhaltsvorschuss, Leistungen, die sie nicht bekommt, und lebt nun unter dem Existenzminimum. Wir stellen mit ihr die entsprechenden Anträge. Die Berechnung erfolgt beim Jobcenter, mit dem wir eine gute Kooperation pflegen. Der 28-Jährigen fehlen rund 600 Euro, auf die sie ein Anrecht hat.“

Da gibt es den 32-jährigen Spanier, der in der Gastronomie arbeitet, aber krank war und in dieser Zeit kein Geld bekommen hat. Eigentlich habe er nie den ausgehandelten Lohn – der auch nicht dem Mindestlohn entsprach – bekommen, berichtet Pannenbecker weiter. „Oftmals wissen die Menschen nicht, was sie unterschreiben.“ Nun erfolge eine Klage beim Arbeitsgericht, zumal der Mann, obwohl keine Kündigung ausgesprochen worden war, seine Arbeit nicht mehr aufnehmen durfte.

Vössing: „Heute hat sich das Engagement unter anderem schwerpunktmäßig auf die Rechtsberatung nach der Förderung ‚Beratungsstelle Arbeit‘ verschoben, in der die Probleme mit Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit, Menschenhandel behandelt werden.“ Ferner gebe es Hilfe bei Wohnungsproblemen wie Räumungsklagen, Kündigungen, Nebenkosten- oder Stromrechnungen.

Derzeit besteht eine Wartezeit von zwei bis drei Wochen. Geflüchtete aus der Ukraine, Bulgarien oder Rumänien suchen vermehrt Hilfe. Wenn die Probleme auf den Nägeln brennen, kann die offene Sprechstunde ohne Anmeldung besucht werden. Sie findet Montag und Mittwoch von 8 bis 12 Uhr statt. Die ALZ-Verantwortlichen betonen, dass alle Beratungen kostenlos sind und Schweigepflicht besteht.

Manchmal ist auch Zeit für Freude. Pannenbecker: „Zu Weihnachten verteilen wir Tüten mit Produkten des Eine-Welt-Ladens. Außerdem verschenken wir 30 Familienkarten für den Zoo.“