Es ist das schönere der beiden Weihrauchfässer in St. Brigida Baal. Deshalb nutzen es die Messdiener beim Altardienst auch besonders gerne. Aber eines Tages stieg der Rauch nicht mehr so richtig aus dem in die Jahre gekommenen Fass und es ließ sich auch nicht mehr so gut schwenken. Die Verantwortlichen der Gemeinde beschlossen, es von einem Silberschmied reparieren zu lassen. Der fand Erstaunliches heraus.
Jeder Einsatz hatte in dem Silbergefäß seine Spuren hinterlassen. „Es war innen komplett verkrustet“, sagt Norbert Christensen, Gemeindemitglied von St. Brigida Baal. Also hat er das Gefäß mit nach Hause genommen und versucht, es zu reinigen. „Tagelang habe ich es mit einem Spezialreiniger ausgekocht, um das sauber zu bekommen“, sagt Christensen. Schicht für Schicht haben sich die Verkrustungen gelöst. Aber etwas Neues trat zum Vorschein.
„Dann sah man erst mal, was daran alles repariert werden muss“, erinnert sich Christensen. Er wandte sich an einen Goldschmied in seiner Nachbarschaft. Der schaute sich das Weihrauchfass an und lehnte eine Reparatur ab. „Er hat uns geraten, dass wir das an einen Spezialisten geben sollen“, sagt Christensen. So kam das Weihrauchfass in die Werkstatt des Silberschmieds Stephan Bücken in Herzogenrath.
Bücken hat sich auf sakrale Kunst spezialisiert. Für Gemeinden in ganz Deutschland hat er schon einige Stücke restauriert. Für die Aachener Kirche Herz Jesu sind die wieder gefundenen sechs Engel von ihm zu neuem Glanz gebracht worden. Bücken zeichnet für die Restauration von Monstranzen, Kerzenhaltern und Kelchen verantwortlich. Aber auch neue Arbeiten wie Bischofsstäbe oder ein Schloss für den Marienschrein zu einer Heiligtumsfahrt in Aachen stammen aus seiner Werkstatt.
Eine seiner bekanntesten Arbeiten ist ein Schmuckkreuz für Georg Gänswein, das dessen Heimatbistum Freiburg dem Geistlichen zur Ernennung zum Erzbischof 2013 schenkte. Bücken ist also ein ausgewiesener Fachmann. Als er das Weihrauchfass aus Baal auf dem Tisch hatte, bekam er gleich eine Ahnung, dass es sich hier um eine besonderes Stück handeln könnte.
„Er hat dann recherchiert und einiges herausgefunden“, sagt Christensen. Die Ergebnisse der Recherche hat die Gemeinde St. Brigida mit dem Kostenvoranschlag des Silberschmieds nun schwarz auf weiß vorliegen. „Am Fuss des Rauchfass ist auf der Zarge die Punzierung M. Vogeno deutlich erkennbar“, steht darin. „Martin Vogeno berühmter Goldschmied seiner Zeit. ... Das Rauchfass ist in dem Zeitraum zwischen 1854 und 1888 entstanden. Vermutlich entstanden zum Ende seiner Tätigkeit.“
Bücken kommt zu einem klaren Ergebnis: „Das von Martin Vogeno gearbeitete Weihrauchfass ihrer Gemeinde ist ein sehr seltenes und sehr gut gearbeitetes historisches Stück, das besonders erhaltungswürdig ist.“ Für Christensen und die Verantwortlichen in St. Brigida waren diese Nachrichten neu. „Wir wussten gar nichts davon“, sagt er. „Wir vermuten, dass es sich um das erste Weihrauchfass unserer Kirche handelt.“ St. Brigida wurde 1890 eingeweiht. Das Schäufelchen zu dem Fass gibt es nicht mehr. „Wir wissen nicht, ob es noch existiert“, sagt Christensen. Der Gebrauch über die vielen Jahre hat in Form von Kratzern und leichten Kerben seine Spuren hinterlassen.
„Ich habe es nicht vollständig sauber bekommen“, sagt Christensen. Von dem Ergebnis seiner Reinigungsaktion hat er Fotos gemacht. Darunter auch welche, die den Unterschied zwischen dem ungereinigten und dem gereinigten Teil zeigen. „Die Reinigung zeigt auch die Grenzen, die Laien haben“, sagt Christensen.
Deshalb haben sich die Gemeindeleitung und der Kirchenvorstand entschlossen, die Restaurierung beim Experten in Auftrag zu geben. 6600 Euro müssen dafür aufgebracht werden. 2500 Euro gibt die „Prälat Dr. Erich Stephany-Stiftung“ für Kirchen, Kunst und Denkmalpflege als Zuschuss dazu. 1000 Euro spendet die Kreissparkasse Heinsberg, den Rest muss die Gemeinde selber aufbringen. Mit Hilfe von Spenden soll der Beitrag aufgestockt werden. Die Frage, ob das Weihrauchfass eventuell doch nicht restauriert werden sollte, habe sich nicht gestellt, sagt Christensen. „Ich war früher selber Messdiener und damals hat die Gemeinde alle alten Objekte restaurieren lassen“, erinnert er sich. „Da waren alle richtig happy drüber. Sie schauen schon schöner aus.“
Und schließlich ist es auch eine Frage der Pflege. Denn dass das historische Weihrauchfass vom Experten so gut beurteilt wurde, liegt auch an dem behutsamen Umgang damit in den vergangenen gut 130 Jahren. Ob die Messdiener ihr bevorzugtes Fass schon zu den Weihnachtsfeiertagen in den Gottesdiensten wieder schwenken können, ist aber noch nicht klar. Das kommt darauf an, wie viel Zeit die Arbeiten in Anspruch nehmen.
Martin Vogeno wurde am 13. Mai 1821 in Aachen als Sohn eines Goldschmieds geboren. Er starb am 19. Oktober 1888 in seiner Geburtsstadt.
1854 eröffnet er seine eigene Goldschmiede-Werkstatt.
1865 ernannte das Domkapitel ihn zum Stiftsgoldschmied.