Der Türöffner im Internet

Immer mehr kirchliche und soziale Träger nutzen die sozialen Medien, um Menschen neu zu erreichen

Facebook bietet kirchlichen und sozialen Einrichtungen gute Möglichkeiten, auch den Menschen etwas über sich zu erzählen, die über klassische Medien nicht erreicht werden. (c) Screenshot: KiZ
Facebook bietet kirchlichen und sozialen Einrichtungen gute Möglichkeiten, auch den Menschen etwas über sich zu erzählen, die über klassische Medien nicht erreicht werden.
Datum:
3. Sept. 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 36/2019 | Thomas Hohenschue

Tue Gutes und rede darüber! Wer, wenn nicht kirchliche und soziale Träger, sind dazu berufen? Doch: So einfach es klingt, so sehr fordert es Verantwortliche und Mitarbeiter heraus. Denn die Medienlandschaft stellt sich heute sehr komplex dar. Wer erfolgreich Menschen erreichen möchte, kommt an digitalen Mitteln nicht vorbei. Neben der Website heißt das vor allem: den Weg in die sozialen Medien wagen, allen voran nach Facebook und Instagram.

Eine Umfrage der KirchenZeitung unter Öffentlichkeitsarbeitern bei kirchlichen und sozialen Trägern zeigt: Immer mehr setzen auf diese gar nicht mehr so neuen Medien, und das mit klarem Blick für die Chancen und Grenzen. So ist allen klar, dass Instagram heute das Mittel der Wahl ist, um Jüngere zu erreichen – und Facebook zunehmend die Generationen jenseits der 30. „Auf Facebook sind eher die Eltern von potenziellen Freiwilligen unterwegs, auf Instagram die potenziellen Freiwilligen selbst“, berichtet zum Beispiel Gesa Zollinger von den Freiwilligen Sozialen Diensten im Bistum Aachen. Und Axel Jansen von der Bleiberger Fabrik unterstreicht: „Beide Kanäle sind leicht zu bedienen und erreichen eine Vielzahl an Menschen über die klassischen Medien hinaus. Sie holen sie dort ab, wo sie sind: auf der Arbeit, auf dem Sofa, auf der Straße.“

„Wir erreichen einen Personenkreis, den wir ohne Social Media nicht erreichen würden“, erzählt Saskia Derichs vom Volksverein Mönchengladbach. Und ergänzt: „Facebook ermöglicht uns eine schnelle und barrierearme Kommunikation mit anderen Usern. Über die Chat- und Kommentarfunktionen kommen wir immer wieder mit Menschen ins Gespräch.“ Anja Clusmann-Kötting vom Vinzenz-Heim Aachen skizziert: „Facebook sehen wir als eine Art Türöffner, um allen Menschen rund um die Einrichtung einen kleinen Einblick über das Leben im Vinzenz-Heim zu geben. Daneben wird es gerne genutzt, um auf Veranstaltungen, Angebote und auch neue Stellen aufmerksam zu machen.“

Auch Yvonne Michel vom Regionalen Caritasverband Aachen (RCV) betont die wachsende Bedeutung der sozialen Medien bei der Suche nach neuen Mitarbeitern – das Internet ist der Ort, in dem sich der Nachwuchs über Ausbilder und Arbeitgeber informiert. Auch der Diözesanrat der Katholiken engagiert sich auf Facebook. Nicole Gabor schätzt daran, „dass man viral Veranstaltungen, Infos und Kampagnen gut verbreiten kann“. Heike Ortmanns vom Einhard-Verlag berichtet, dass über die Facebook-Seite des Domshops „wir als religiöse Buch- und Kunsthandlung Menschen erreichen, die sich in ihrem Offline-Leben sonst nicht in ein Geschäft wie unseres begeben.“

Instagram ermögliche, sehr gezielt auf bestimmte Zielgruppen zuzugehen, sagt Walter Nett von der Pfarrei St. Jakob in Aachen. Das nutzt er, um Menschen frühzeitig für ein pfarrliches Projekt zu gewinnen, das 2020 an den Start geht. Der dann etablierte Instagramauftritt soll die Alltagsarbeit im Projekt logistisch unterstützen, im Schneeballeffekt Informationen streuen und Veranstaltungen bewerben. Die Umfrage zeigt: Je mehr man selbst in den sozialen Medien zu Hause ist, umso leichter fällt es einem, diese Auftritte mit Inhalten zu bespielen. Eine Rolle spielt außerdem, wie komplex die Einrichtung ist. Wer sich darauf einlässt, ist gefordert, wie Tobias Kölling von der Pfarrei St. Remigius Viersen berichtet: „Man macht weitere Kommunikationskanäle auf. Neben Mails und Telefongesprächen hält man nun noch die Gefällt-mirs und Kommentare im Blick. Auch über den Messenger kommen Nachrichten herein.“ Gut, wenn man motivierte Mitstreiter hat.

Christian Heidrich vom Diözesanen Caritasverband plant den noch jungen Facebook-Auftritt in einer Redaktionskonferenz, an der Kollegen freiwillig mitwirken, mit wachem Blick, was sich auch bei inhaltlich verwandten Auftritten tut, um darauf zu reagieren oder Beiträge zu teilen. Man muss immer dran bleiben, damit sich der Aufwand auch lohnt. Axel Jansen erzählt: „Bei unserer Planungskonferenz haben wir erörtert, welche Beiträge am meisten geliked und geteilt werden. Hier sind wir gerade dabei, unseren Inhalt dahingehend auszurichten, dass er eine größere Gruppe erreicht.“

 

Das Ganze braucht Ideen und Mitstreiter

Beim RCV Aachen denkt man ebenfalls über die Zukunft nach. Naturwüchsig haben sich unter dem Dach des Verbandes immer mehr Social-Media-Auftritte entwickelt. Yvonne Michel möchte deren Reichweite und Schlagkraft erhöhen, in gemeinsamen Auftritten bündeln. Kooperationen und Spendenpartnerschaften gewinnen so an Zugkraft, hofft Michel. Digitale Eingeborene wie Paul Arns von der Katholischen Jungen Gemeinde gehen entspannt heran. „Gerade für Instagram braucht man gute und viele Bilder. Ich selber gucke mir gerne Postings oder Storys an, wenn die Bilder oder Videos gut gemacht sind. Daher schaue ich, dass ich, wenn ich unterwegs oder im Urlaub bin, selber gute Bilder im richtigen Format mache, die ich dann für die Kanäle nutzen kann.“

Überraschende und emotional ansprechende Bilder ziehen immer, berichtet auch Tobias Kölling. Die Bleiberger Fabrik kann da aus dem Vollen schöpfen mit ihrem kreativen Angebot, erzählt Axel Jansen, die Ideen liegen auf der Straße. Gesa Zollinger würdigt ihr experimentierfreudiges Team, das Innovationen gegenüber aufgeschlossen ist. Am Ende des Tages bleibt viel Arbeit. Lohnt sie sich? Anja Clusmann-Kötting bilanziert stellvertretend: „Ja, definitiv. Für die Öffentlichkeitsarbeit eines sozialen Unternehmens ist es alternativlos. Mitmachen sollte man nur, wenn man Freude daran hat. Aber alle Kollegen sollten mit Geschichten, Fotos usw. unterstützen.“

So präsentieren sich Gemeinden und Einrichtungen bei Facebook und Instagram

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