„Der Küsterdienst bietet eine enorme Vielfalt“

Berufe und Aufgaben in der Kirche – Heute: Die Sakristane. 300 bis 350 sind im Bistum Aachen im Einsatz. Ralph Hövel ist seit 2007 ihr Koordinator.

Mehr als den Kirchenraum ansprechend gestalten und Kerzen anzünden: Der Beruf des Sakristans ist vielfältiger, als die meisten Menschen denken. (c) vocali einsfünf  / In: Pfarrbriefservice.de
Mehr als den Kirchenraum ansprechend gestalten und Kerzen anzünden: Der Beruf des Sakristans ist vielfältiger, als die meisten Menschen denken.
Datum:
14. März 2025
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 11/2025 | Gerd Felder

War in früheren Zeiten einer Mehrheit noch bekannt, welche Aufgaben und Berufe es in der Kirche gibt, so nehmen die Kenntnisse darüber in der heutigen Zeit immer mehr ab. In dieser Serie soll es darum gehen, was die Menschen in den verschiedenen Ämtern und Funktionen eigentlich machen, was ihre Aufgaben, Freuden und Sorgen sind und wie es um die Zukunft ihrer Berufe bestellt ist. In der ersten Folge steht Ralph Hövel im Mittelpunkt. Er ist Koordinator der Sakristane im Bistum Aachen, Küster im Kirchengemeindeverband Kempen/Tönisvorst, Pfarrei St. Mariä Geburt in Kempen, Gemeinde Christ König, und Dozent für Sakristanlehre und Liturgie.

Kennt sich in der Theorie wie in der Praxis des Küsterberufes bestens aus: Ralph Hövel, Koordinator der Sakristane im Bistum Aachen. (c) Bistum Aachen/andreas Steindl
Kennt sich in der Theorie wie in der Praxis des Küsterberufes bestens aus: Ralph Hövel, Koordinator der Sakristane im Bistum Aachen.

Geboren 1959 in Gemünd (Eifel), wuchs Ralph Hövel nach eigenem Bekunden in einem typisch katholischen Milieu auf und nahm ab elf Jahren an den Angeboten der Katholischen jungen Gemeinde (KJG) in seinem Heimatort teil. „Dadurch habe ich angefangen, kirchlich zu denken“, urteilt er im Rückblick. 1976 machte er an der Hauptschule Gemünd die Mittlere Reife und bereitete sich anschließend auf die Aufnahmeprüfung als Kirchenmusiker am Gregoriushaus in Aachen vor.  

Ein Jahr später legte er die Aufnahmeprüfung ab; 1981 erwarb er sein C-Examen und machte parallel die Küsterprüfung. Noch während seiner Ausbildung wurde er vom damaligen Direktor gefragt, ob er er eine Stelle als Küster und Organist in der Pfarrei St. Cornelius (Dülken) antreten wolle. Hövel übernahm die Stelle, die sich als ideal für ihn erweisen sollte, konnte er doch wochentags den damaligen Organisten und späteren Domkapellmeister Hermann-Josef Roth an der Orgel vertreten. 1986 wechselte Hövel zur Vikarie Christ König der Pfarrei St. Mariä Geburt (Kempen), für die er bis heute als Küster, Organist und Chorleiter tätig ist.

Auch auf überregionaler Ebene war Hövel schon früh aktiv: So war er von 1984 bis 2000 Vorsitzender des NRW-Landesverbands der Sakristane. Ab 1990 wurde er Regionalsakristan der Region Kempen-Viersen und organisierte seitdem die regelmäßigen Treffen sowie die Weiterbildung in dieser Region. 2007 übernahm er die damals neugeschaffene Stelle des Koordinators der Sakristane im Bistum Aachen an. „Seither arbeite ich von Aachen aus für alle acht Regionen und bin Ansprechpartner und Berater in allen fachlichen Fragen, wenn die Kollegen etwa technische Hilfe brauchen, Referenten benötigen und Informationen in Sachen Beschäftigungsumfang oder im Hinblick auf Probleme vor Ort erbitten“, erläutert Hövel. Darüber hinaus leitet er die gemeinsame Ausbildung der Diözesen Aachen und Köln und organisiert jährlich im März Studientage im Kloster Steinfeld sowie im Oktober einen Oasentag mit spirituellen Angeboten. Alle drei bis vier Jahre kommt ein Diözesantag hinzu.

300 bis 350 Sakristane gibt es nach Hövels Schätzung aktuell im Bistum Aachen, wobei höchstens 50 von ihnen zu 100 Prozent hauptamtlich Beschäftigte sind. Bei allen anderen sind die unterschiedlichsten Mischformen zwischen ehrenamtlich und hauptamtlich möglich. „Seit die Kirchenmusiker oft einen Hochschulabschluss machen, aber vielfach nicht mehr die Küster-Prüfung ablegen, ist die Kombination Küster – Kirchenmusiker so gut wie ausgestorben.“

Die Kirche aufschließen, die Glocken läuten und die Kerzen ausmachen: So sieht bei vielen Gläubigen bis heute das Klischee vom Berufsbild des Küsters aus. Doch in Wirklichkeit ist die Tätigkeit deutlich vielfältiger und umfassender: Er oder sie muss sich mit der Liturgie und der Seelsorge auskennen, die Paramente und sakralen Geräte pflegen, sich mit Kunst und Kultur, Floristik und Gartenbau befassen. „Wenn es in der Gemeinde einen wertvollen Kelch gibt, muss er so gepflegt werden, dass auch die Leute in 200 Jahren sich noch daran erfreuen können“, betont Hövel.

Unerlässlich sind aber auch die Fähigkeit, den Kirchenraum ansprechend zu gestalten sowie Kenntnisse der Messordnung und des Aufbaus der auszulegenden Lektionare. Hinzu kommen der Umgang mit handwerklichen Aufgaben und technischen Anlagen sowie die Vertrautheit mit Reinigungsmethoden. „Kurz gesagt, muss er oder sie dafür sorgen, dass die Besucher sich wohl fühlen“, unterstreicht der Koordinator.

Gotteshäuser würden selbst in Zeiten, in denen die Säkularisierung immer stärker um sich greife, besucht. Dann komme es darauf an, auch kirchlich distanzierten Besuchern einen herzlichen Empfang zu bereiten. Andererseits sei der Küster beziehungsweise die Küsterin aber in Zeiten des Priestermangels auch immer öfter die erste Ansprechperson für die Gemeinde vor Ort. Wobei immer zu bedenken ist: Der Küsterdienst muss zu ungewöhnlichen Zeiten geleistet werden: oft früh morgens und abends, an Samstagen und Sonntagen, an allen hohen kirchlichen Feiertagen sowie bei Hochzeiten, Beerdigungen, Erstkommunionen und Taufen. „In unserem Beruf ist man weitgehend frei und unabhängig, aber es wird auch viel Präsenz zu Zeiten verlangt, in denen andere Freizeit haben.“

Und wie ist es um die Zukunft des Berufs bestellt? „Die wird nicht mehr so klassisch stattfinden können wie heute“, wagt Hövel einen Ausblick. „Die Liturgie verändert sich, und es gibt immer mehr Wortgottesfeiern und Andachten anstelle von Messen. Auch werden wir, den Vorhersagen zufolge, in zehn Jahren nur noch halb so viele Priester haben wie jetzt. Aber die Kirchen, die dann noch genutzt werden, werden weiter Küster brauchen.“ Allerdings werde es immer schwieriger, neue Leute zu finden, die in der Kirche aktiv seien und sich bereitfänden, Küsterdienste zu tun. Leute, die keinen Bezug zum Glauben hätten, könne man in diesem Bereich nämlich nicht einsetzen, weil der Sakristan oder die Sakristanin Würde und Auftrag von ihrer Beziehung zum Altar bezögen. „Der Beruf wird aber nicht aussterben, weil er gebraucht wird“, bleibt Hövel trotz allem optimistisch. 

Unterschiedliche Begriffe im deutschen Sprachraum

Die offizielle Bezeichnung „Sakristan/ Sakristanin“ ist in weiten Teilen Deutschlands weit weniger gebräuchlich als „Küster/Küsterin“. Während „Sakristan“ sich darauf bezieht, dass jemand sich um das Sakrale kümmert, leitet sich der Begriff „Küster“ vom lateinischen Wort „custos“ (Wächter) ab. In Süddeutschland ist dagegen die Bezeichnung „Mesner/Mesnerin“ üblich, in Österreich „Mesner oder Mesmer“, in der Schweiz „Sigrist“. War der Beruf in früheren Zeiten zu fast 100 Prozent männlich geprägt, so sind heute im Bistum Aachen zwei Drittel der Personen, die Küsterdienste verrichten, Frauen.