Der Himmel geht für alle auf

In Mönchengladbach wurde das erste ökumenische Tauffest am Fuße der Münsterbasilika gefeiert

Während Regionalvikar Ulrich Clancett das Sakrament spendet, hält sein evangelischer Kollege Till Hüttenberger die Taufschale. (c) Bistum Aachen/Andreas Steindl
Während Regionalvikar Ulrich Clancett das Sakrament spendet, hält sein evangelischer Kollege Till Hüttenberger die Taufschale.
Datum:
22. Mai 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 21/2024 | Garnet Manecke

Zum ersten Mal feierten die Katholiken und Protestanten in Mönchengladbach ein ökumenisches Tauffest. 21 Täuflinge im Alter von wenigen Wochen bis 35 Jahren empfingen das Sakrament unter freiem Himmel am Fuße des Abteibergs. Anschließend feierte die ökumenische Gemeinschaft ihre neuen Miglieder.

Es ist Philipps großer Tag. Der Zweijährige ist sichtlich aufgeregt. In einer Reihe sind die Taufkerzen in den Windgläsern aufgestellt. Der Tisch mit den Kerzen ist mit dem ökumenischen Tischtuch gedeckt, das die Protestanten den Katholiken zum Abschluss der Heiligtumsfahrt 2013 geschenkt hatten. Bei besonderen Anlässen wie das erste ökumenische Tauffest kommt es in den Gemeinden der Region Mönchengladbach zum Einsatz. Auch Philipps Kerze steht nun auf diesem besonderen Tuch. Der Junge hat sie zusammen mit seiner Mutter Mareike Piel in das Gefäß gestellt. Direkt daneben steht das mit Frühlingsblumen geschmückte Taufbecken.

Für den besonderen Anlass hat sich Philipp schick gemacht: blaues Hemd, dunkle Hose, Fliege, Hosenträger und eine Schiebermütze, die ihn vor der Sonne schützt. Bevor der Gottesdienst beginnt, läuft der Junge immer wieder zum Teich und schaut in das klare Wasser, um dann zur Blumenwiese zu gehen. Stillsitzen kann er jetzt nicht. Da geht es ihm wie vielen der anderen Kinder heute. Es ist ein buntes Gewusel, das sich mit dem Beginn des Gottesdienstes beruhigt.

„Jesus wurde im Jordan unter freiem Himmel getauft“, sagt Peter Blättler zu Beginn des Tauffests. Als Propst der Münsterbasilika St. Vitus ist er quasi der Hausherr hier am Geroweiher, der direkt am Abteiberg unter dem Münster liegt. Mit ihm werden Regionalvikar Ulrich Clancett sowie die evangelischen Kollegen Esther Gommel-Packbier, Stephan Dedring, Till Hüttenberger sowie Superintendent Dietrich Denker den 21 Täuflingen das Sakrament der Taufe spenden. Auf vier Tischen stehen die Taufschalen  und die Wasserkrüge. Das Motto „Der Himmel geht über allen auf“ kann heute wörtlich genommen werden. Mit der ersten Taufe reißt die Wolkendecke auf und macht Platz für die Sonnenstrahlen.

„Wir wollten für die Taufe etwas Besonderes haben und waren uns bisher nicht sicher, in welchem Rahmen wir das feiern wollten“, sagt Mareike Piel, Philipps Mutter. Wie ihr ging es vielen der Familien: Die Aufnahme in die christliche Glaubensfamilie sollte auf besondere Weise gefeiert werden. Dieser Wunsch hat sich an diesem Pfingstmontag erfüllt.
„Das erste ökumenische Tauffest ist wahrlich etwas Neues“, sagt Gommel-Packbier in ihrer Begrüßung. Die Pfarrerin hatte die Idee zu dem Fest und damit ihre Kollegen auf katholischer wie auf evangelischer Seite direkt überzeugt. „Meistens wird die Taufe im kleinen Familienkreis gefeiert“, sagt Superintendent Denker. „Das ist schön. Aber heute sind wir mehr. Die Kinder sollen spüren, dass die Familie mehr ist als der kleine Kreis. Die christliche Familie umspannt die Welt.“ Der Taufgeist sei der Geist des Friedens, des Miteinanders, des Achtgebens aufeinander. Das hätten auch die Jünger in der Pfingstgeschichte gespürt.

Dieser Geist ist während der Taufen deutlich zu spüren. An den Tauftischen wird parallel getauft. Die Täuflinge werden mit ihren Familien abgeholt. Die Kleinsten schauen skeptisch, wenn Pfarrer Peter Blättler ihre Köpfe mit dem Taufwasser benetzt und er anschließend ihre Stirm mit Chrisam salbt. Bei den größeren Kindern im Alter von sechs bis zwölf Jahren legt sich die Aufregung am Tauftisch. Ernst nehmen sie das Sakrament entgegen. Dass sie vor der Salbung das goldene Gefäß mit dem Chrisam berühren und einmal am Inhalt riechen dürfen, macht diesen Moment für sie zu einer besonderen Erinnerung.
Die klassischen Taufkleider sieht man heute hier nicht. Bei den evangelischen Glaubensgeschwistern ist das – wie auch die Taufkerze – eigentlich nicht vorgesehen. Aber inzwischen haben sie die Kerze und einen Taufschal auch bei ihren Taufen aufgenommen. Heute bekommt jeder Täufling einen weißen Schal mit einem in blau eingestickten Fischsymbol. 

Das erste ökumenische Tauffest in Mönchengladbach

4 Bilder