Den Menschen nahe sein

Betriebsseelsorger Thomas Guntermann setzt auf Vernetzung, um denen zu helfen, die zu wenig haben

Gemeindereferent Thomas Guntermann setzt sich als Betriebsseelsorger für Menschen ohne Arbeit ein. (c) Dirk Jochmann
Gemeindereferent Thomas Guntermann setzt sich als Betriebsseelsorger für Menschen ohne Arbeit ein.
Datum:
5. Mai 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 18/2022 | Chrismie Fehrmann

Thomas Guntermann hat seine neue Tätigkeit als Betriebsseelsorger in der GdG St. Christophorus übernommen und sein Büro in Herz Jesu in Krefeld-Bockum eingerichtet. Der Gemeindereferent wählte den Standort mit Bedacht. Denn er will den Menschen, die er zuallererst ansprechen möchte, ganz nahe sein: Beispielsweise bei der Tafel, die sich in direkter Nachbarschaft befindet.

„Es ist besonders wichtig bei den Menschen zu sein, die zu wenig haben. Die Lebensmittel-Spenden werden weniger“, weiß er. „Die Muslime sind davon besonders betroffen. Wir müssen gemeinsam Lösungswege finden.“

Der 58-jährige ist kein Unbekannter. Er war fast sieben Jahre lang als Flüchtlingsseelsorger in Krefeld tätig. Manches Leid verfolge ihn in seinen Träumen, berichtet er. Jetzt hat er die neue Aufgabe übertragen bekommen.

Guntermann ist in der regionalen diakonischen Pastoral und in der „Pastoral in der Arbeitswelt“, also der Betriebs-Seelsorge tätig. Er wirkt als Seelsorger für Männer und Frauen ohne Arbeit oder für solche, deren Tätigkeit nicht gewürdigt wird. Als Mensch der „da ist“ werde er überall gebraucht, sagt er.

„Wenn man so will ist meine neue Aufgabe als Seelsorger in der Arbeitswelt eine Fortsetzung meiner vorherigen, denn auch jetzt geht es um die Begleitung und Unterstützung von Menschen in Not“, erklärt Guntermann. „Das Bistum hat ein neues Konzept zur Flüchtlingspastoral erarbeitet. Die Pfarrgemeinden sind in dieser Arbeit weiterhin gefragt.“

Es gehe um Menschen mit und ohne Arbeit, für die er Ansprechpartner ist. „Viele sind in prekären Situationen. Oftmals werden sie schlecht bezahlt, bekommen keine Verträge, oder solche, die befristet sind. Sie sind der Willkür der Arbeitgeber ausgeliefert oder sollen Arbeiten verrichten, durch die sie erkranken.“ Guntermann möchte die Menschen ermuntern, sich helfen zu lassen. „Ich möchte den Menschen die Hoffnung geben, dass sich etwas ändert, dass sie wertvoll sind und sie das gleiche Recht haben, gut zu leben, wie alle Menschen.“

Derzeit heißt seine Aufgabe: Vernetzen. „Ich fange bei null an.“ Er hat bereits den Weihnachtsweg in Herz Jesu mitgestaltet und den Kontakt zu den Sternsingern aufgenommen. „Ich habe mit den Leitern gesprochen und mit ihnen einen gemeinsamen Gottesdienst gestaltet. Wir gehören zusammen, aber die Sternsinger der Gemeinden behalten ihre Identität.“

Kontakte will er auch im „Café K“ knüpfen, für das er einer der Initiatoren war. Das „Café K“, hat jeden Mittwoch von 10 bis 12 Uhr im Gemein­deheim von St. Thomas Morus geöffnet. Es ist ein Angebot des Zusammen­kom­mens und der Orientierung in der Wohn- und Arbeitswelt sowie im gesellschaft­lichen Mitein-ander in der Stadt und insbesondere im Quartier rund um die Flüchtlingsunterkunft Westparkstraße.

Also bleibt Guntermann der Flüchtlingshilfe erhalten: „Ich werde in meiner Arbeit versuchen, interreligiöses und interkulturelles Miteinander zu stärken und Menschen in prekären Situationen zu helfen. Arbeitswelt sehe ich auch als einen gemeinsamen Lebensraum verschiedener Kulturen und Religionen, die sich gegenseitig ergänzen und positiv beeinflussen und so gemeinsam eine neue und gerechtere Gesellschaft schaffen können.“ Was er in der Flüchtlingsarbeit auch erfahren hat: „Flüchtlinge – meistens muslimischen Glaubens – haben keine Berührungsängste mit einem katholischen Seelsorger. Wir sprechen mit Händen und Füßen und manchmal ein wenig Englisch oder gar nicht, sind nur ,da‘. Sie wissen viel mehr über unseren Glauben als umgekehrt. Integrationshemmnis ist nicht nur die Sprache. Wir sind es auch, weil es uns nicht interessiert. Denn uns geht es ja gut.“

Die gläubigen Muslime, die zur Tafel kommen, haben ein besonderes Problem: Ihre Speisen müssen „halal“ sein. Dies ist ein arabisches Wort, das übersetzt „erlaubt“ bedeutet. Der Gegenbegriff „haram“ definiert die verbotenen Lebensmittel, zu denen Alkohol, Bluthaltiges wie Wurst, Aas sowie das Fleisch und weitere Produkte vom Schwein gehören. Gelatine etwa, die in vielen Süßigkeiten, Joghurts und Frischkäse stecken kann, ist unzulässig. Thomas Guntermann: „Da müssen wir bei den zurückgehenden Spenden an die Tafel besonders aktiv werden.“