„Wir bewegen uns in eine Kirche hinein, deren Struktur und Wesen wir noch nicht ganz durchschauen“, sagte Monsignore Gregor Huben als einer von rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Synodalversammlung in Haus Overbach in Jülich.
In nur drei Stunden standen dabei neben der neuen Pastoralstrategie noch die konkrete Ausgestaltung der Pastoralen Räume im Bistum Aachen, die geplanten Orte von Kirche, das Vermögensrecht, neue Leitungsmodelle, ein Übergangsstatut und die zukünftigen Gremien und deren Zusammensetzung auf der Tagesordnung. Eingerahmt zwischen Information und Aussprache entwickelte sich an eigens hierfür eingerichteten Themenwänden eine engagierte Diskussion, die überwiegend positiv aufgenommen wurde. „Ich fühle mich gut informiert“, sagte beispielsweise Regionalvikar Aachen-Land Hannokarl Weishaupt. Was die Pastoralstrategie anging, sprach Pastoralreferent Christian Schröder aus Aachen über einen Haltungswandel von unten nach oben.
„Wenn wir die Kirchen mit den bisherigen Formaten nicht mehr voll bekommen, sollten wir von den Menschen und ihren Bedürfnissen her denken.“ Eine klassische Zielgruppenpastoral funktioniere einfach nicht mehr. Bischof Helmut Dieser betonte, dass das Neue schon längst begonnen habe. „Wir stehen an einem dramatischen Übergang, wie es ihn selten in der Geschichte der Kirche gegeben hat. Doch wenn Gott uns ruft, kommt Begegnung zustande, und dies verändert alles.“ Die KirchenZeitung hat auf der Synodalversammlung weitere Stimmen eingefangen.
Ich sehe eine große Gefahr darin, dass wir im Jahr 2028 die Anzahl der nun erreichten 44 Pastoralen Räume wieder „aufdröseln“, um abermals eine Verdichtung zu erreichen. Das Bistum wäre nicht gut beraten, den jetzt gefundenen Weg zu verlassen, um eine Nacharbeit an der ein oder anderen Stelle einzufordern. Dies würde nach meinem Verständnis die Gemeinden vor Ort überfordern, kein Verständnis hervorrufen und wäre auch ein ganz schlechtes Signal nach außen. Das Bistum hat jetzt die Möglichkeit zu sagen, dass mit vielerlei Beteiligung – auch von Laien – ein Konstrukt gefunden worden ist, das wir für gut halten und dass wir jetzt „ins Leben bringen“ können. Von daher sage ich Ja zu Strukturreformen – die 44 Pastoralen Räume passen –, aber jetzt ist „Ruhe im Karton“. Die geografische Abgrenzung der neuen Einheiten ist in meinen Augen nachvollziehbar und spiegelt auch das wider, was aus den Gemeinden zurückgemeldet worden ist. Da sollten wir nun einen Deckel drauf machen und diesen bitteschön auch nicht in vier Jahren wieder aufmachen.
Wir stehen an einem Übergang und bewegen uns in eine Kirche hinein, deren Struktur und Wesen wir noch nicht ganz durchschauen. Das hat etwas von einem Experimentierfeld, und dies würde ich auch als etwas durchweg Positives ansehen. Wir wissen, dass Kirche sich aufgrund des Einbruchs verschiedener Ressourcen verändern wird. Da müssen wir neue Wege gehen, und ich finde es schön, dass die Synodalversammlung hierfür einen weiten Diskurs geboten hat. Vor allem erkenne ich an, dass wir uns hier nicht nur in Harmonie selbst vergewissern, sondern auch kontroverse Punkte austauschen. Dies gehört zu einer guten Diskussion dazu. Wir müssen dann mal sehen, wie wir die verschiedenen Vorschläge, die hier gemacht worden sind, ein- und umbauen können. Vor allem sollten wir die Dinge nicht zu eng führen, und vielleicht ist durch die Orte von Kirche auch gewährleistet, dass sich die Vielfalt und Komplexität einer Gesellschaft in Kirche auch abbilden kann.
Der Weg der Veränderung, den wir gehen, ist alternativlos. Es ist gut, dass bei der Synodalversammlung nun alle Themen, die in den Projektgruppen vorbereitet worden sind, zusammenkommen. Auch wenn es ein wenig unglücklich ist, dass wir in nur drei Stunden so viele Themen besprechen. Dennoch hoffe ich, dass wir uns die Zeit nehmen, die wichtigen Veränderungen mit Bedacht zu beraten. Es geht ja nicht nur um strukturelle Neuerungen, sondern auch um eine Veränderung der Mentalität und Haltung.
Ein bisschen Luft nach oben sehe ich noch in Sachen Synodalität. Wir müssen noch besser schauen, wie wir alle diese Schritte der Basis erklären, die immer noch nicht wirklich involviert ist. Das liegt unter anderem auch an der noch immer teils technokratischen Sprache, der wir uns bedienen. Wir müssen die Dinge viel besser übersetzen. Es braucht eine weitere Konkretisierung. Es wird auch um Abschiede gehen: Wir müssen auch sehen und ehrlich sagen, was nicht mehr geht. Das wird eine große Herausforderung.
Durch unsere Arbeit haben wir viele Erwartungen bei den Gläubigen geweckt und, doch mussten wir erfahren, dass der Teufel oftmals im Detail steckt. Die Synodalversammlung ist aus meiner Sicht ein guter Realitätscheck hierfür. Ich nehme bei allem, was wir tun, aber auch die menschliche Komponente der Zaghaftigkeit wahr. Angesichts des manchmal fehlenden Muts würde ich mir wünschen, das „wir einfach mal machen“, indem wir Chancen nutzen und uns gemeinsam auf den Weg machen. Denn egal, was wir machen: Wir tun es für die Menschen vor Ort. Ich möchte, indem ich möglichst gut und vielfältig arbeiten kann, die Frohe Botschaft weitergeben. Der Heilige Geist sollte daher nicht unter einer Strukturdebatte erstickt werden. Indem wir miteinander gesprochen haben, sind aber schon jetzt viele tolle Ideen entstanden und gute Sachen erreicht worden.
Die Notwendigkeit der Bündelung von Ressourcen ist aus meiner Sicht eine absolute Notwendigkeit. In Zukunft werden wir mit einem erheblichen Rückgang der Kirchenmitglieder konfrontiert sein. Von daher müssen wir in größeren Strukturen denken. Wenn sich zukünftig weniger als fünf Prozent der Katholikinnen und Katholiken am Gemeindeleben aktiv beteiligen, dann müssen wir diesen Menschen ein funktionierendes Gemeindeleben ermöglichen, das Lebendigkeit vermittelt. Ich denke, dass wir aus diesem Grund nicht zu viel Zeit damit verbringen sollten, über Strukturen nachzudenken. Eine Strukturdebatte bis 2028: Das braucht niemand. Stattdessen ist es wichtig, das Ziel zu finalisieren, um dann in die inhaltliche Arbeit gehen zu können.
Obwohl wir viel vorangebracht haben und einige Ideen auch gut sind, frage ich mich dennoch an vielen Stellen, wo sich die Synodalkreisbeschlüsse in den Berichten der Projektgruppen konkret wiederfinden. Wir haben uns viel dabei gedacht, und am Ende werden die Texte an Menschen übergeben, die bei ihrer Entstehung nicht dabei gewesen sind und die Beschlüsse auf ihre eigene Weise interpretieren. Ich erkenne natürlich an, dass man versucht hat, eine Vielfältigkeit abzubilden und auch Grundsteine zu legen. Dennoch hätte ich mir an der ein oder anderen Stelle mehr Kontinuität gewünscht.