Das Beste daraus machen

Die Corona-Pandemie beeinflusste auch die Pilger im Bistum Aachen. Was war überhaupt möglich?

Pilgern in einer großen Gruppe, unterwegs übernachten und in einer Prozession in den Zielorten einziehen: In diesem Jahr war das aufgrund von Corona nicht möglich. (c) www.pixabay.com
Pilgern in einer großen Gruppe, unterwegs übernachten und in einer Prozession in den Zielorten einziehen: In diesem Jahr war das aufgrund von Corona nicht möglich.
Datum:
30. Sep. 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 40/2020 | Kathrin Albrecht

Die große Gruppenwallfahrt nach Trier, Banneux oder Kevelaer gehört für viele Gemeinden im Bistum Aachen zwischen Mai und Oktober noch fest in das Kirchenjahr. Doch Corona machte, wie bei so vielem in diesem Jahr, auch hier den Plänen einen Strich durch die Rechnung. Vier Beispiele zeigen, wie Pilgern in Zeiten von Corona trotzdem möglich war.

Aldenhoven bei Jülich ist einer von insgesamt 40 Wallfahrtsorten im Bistum Aachen. Seit 1654 wird hier eine rund elf Zentimeter hohe Muttergottesstatue verehrt. Drei Marienoktaven führt die Pfarrei St. Martin in jedem Jahr durch. Auch für dieses Jahr war alles schon geplant, erzählt Rita Pinell, die Teil eines vierköpfigen Oktaventeams ist. Doch dann kam Corona. Was tun? Alles ausfallen lassen mochte man nicht. Aber es war klar, große Gruppen würden nicht kommen können. Auch das traditionelle Pilgercafé, das die Gruppen zwischen den Gottesdiensten versorgt, musste in diesem Jahr entfallen.

„Wir wollten trotzdem so viel wie möglich anbieten. Auch die Lichterfeier mit den Bergleuten fand statt. Wer eine Beziehung zu Maria hat, der kommt“, erzählt Rita Pinell. Wer persönlich zum Gnadenbild pilgern wollte, war herzlich willkommen. Doch wie bei allen Gottesdiensten war auch hier eine Anmeldung nötig. „Gerade die auswärtigen Pilger 
haben sich telefonisch gemeldet und gefragt, wie wir das machen.“ Für Rita Pinell, die bereits als Kind regelmäßig nach Kevelaer pilgerte und noch immer mit dem „Pilgervirus“ infiziert ist, waren diese Wochen ein Wechselbad der Gefühle. Gerade die älteren Marienanhänger habe die Coronakrise ferngehalten, meint sie. Auch die Tatsache, dass nicht gesungen werden durfte, habe wohl viele davon abgehalten, zu den Gottesdiensten zu kommen. Und doch ist Rita Pinell froh, dass die Oktaven stattgefunden haben.


Maria ist gerade in der Krise ein Vorbild

„Maria – eine von uns“ lautete das Leitwort in diesem Jahr. Ein Leitwort, das in diesen Zeiten wohl nicht passender gewählt sein könnte: „Maria ist ein Vorbild. Wie hat sie in Krisen gestanden, wie hat sie gelebt?“, das seien, sagt Rita Pinell, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Fragen rund um den Synodalen Weg, der Rolle der Ehrenamtler in den Kirchengemeinden und der Rolle der Frau in Gemeinde und Kirche Themen, die Menschen bewegten. „Nach der Wallfahrt ist vor der Wallfahrt“ – die Vorbereitungen für das kommende Jahr haben bereits begonnen. Wie sich die Situation entwickelt, kann niemand verlässlich sagen. „Ich hoffe, dass es weitergeht“, sagt Rita Pinell. Und hofft, dass 2021 zumindest wieder Marienlieder gesungen werden können.

Wie Rita Pinell pilgert auch Bernd Hollands seit Kindertagen ins niederrheinische Kevelaer zum Gnadenbild der Trösterin der Betrübten. Doch die große siebentägige Wallfahrt der GdG Christus unser Friede in Kohlscheid fiel in diesem Jahr flach. Statt dessen bot das Organisationsteam, zu dem auch Bernd Hollands gehört, eine „Wallfahrt light“ an. An einem Tag wurde das letzte Stück von Straelen nach Kevelaer gepilgert. Unterwegs achtete die Gruppe auf die üblichen AHA-Regeln. Mit 68 Teilnehmern lag die Wallfahrt auch fast im sonst üblichen durschnittlichen Teilnehmerfeld.

Viele, erzählt Bernd Hollands, hätten sich in diesem Jahr zum ersten Mal angemeldet und den Wallfahrtstag als Schnupperwallfahrt genutzt. „Vielen hat das gut gefallen.“ Wieder andere hätten die sonst übliche Wallfahrtswoche vermisst.

Auch vor Ort musste überlegt werden, wie die Gruppe an der Pilgermesse oder an Andachten teilnehmen kann. Zwar gab es keine Voranmeldungen in Kevelaer, doch der Platz in der Basilika ist begrenzt. Glück im Unglück – als erste Gruppe durften die Kohlscheider in einer Prozession in die Kirche einziehen. Dies war wohl der Tatsache geschuldet, dass große Gruppen aus Köln und Neuss zuvor abgesagt hatten. 
Und was ist im kommenden Jahr? „Schön wäre, wenn wir wieder normal gehen könnten“, sagt Bernd Hollands. Aus Sicht der Organisation sei der eine Tag im Übrigen genauso aufwendig wie die Pilgerwoche zu planen gewesen. Als Organisator sei er immer „hin- und hergerissen. Zu Beginn bin ich damit beschäftigt zu schauen, dass alles klappt. Wenn das weg ist, kann ich mich auch selbst einlassen. Es war ein interessanter und schöner Tag. Wir waren wieder in Kevelaer, dafür bin ich dankbar.“ Die Kerze der GdG ist dafür ein sichtbares Zeichen. 


Unterwegssein kann man auch im Herzen

Auch die Pfarrei St. Sebastian Würselen wäre in diesem Jahr nach Kevelaer gepilgert. Die Wallfahrt hat in Teilen der GdG eine lange Tradition, erzählt Pfarrer Karl-Josef Pütz, der schon als junger Kaplan mit der damaligen Gemeinde an den Niederrhein pilgerte: Insgesamt sind in den verschiedenen Gruppen bis zu 200 Leute unterwegs. Seit vier Jahren hat man die Tradition auch auf Pfarrei-Ebene aufgegriffen, war zweimal in Kevelaer, einmal in Heimbach. Als in diesem Jahr schweren Herzens der Entschluss fiel, „wir pilgern nicht“, war klar, dass es statt dessen etwas anderes geben musste.

Und so gestaltete man eine zweitägige Pilgerfahrt unter dem Motto „Im Herzen unterwegs“ am dritten Septemberwochenende. „Wenn das Mitgehen nicht möglich ist, wollen wir doch die innere Bereitschaft zum Gehen ausdrücken“, erläutert Pastoralreferent Marek Dzieciolowski die Idee hinter diesen Tagen. Eingeleitet mit einer Lichterfeier und einer Komplet am Samstagabend, weitergeführt mit einer Kreuzwegandacht, bei der die Teilnehmer den Osterspuren nachgingen. Die Pilgerandacht zum Abschluss holte mit Organist Wolfgang Seifen, der die Messe musikalisch gestaltete, und dem Entzünden der Wallfahrtskerze, die als Zwilling auch in Kevelaer brennt, ein Stück Kevelaer nach Hause. „Wir haben einerseits nach Elementen gesucht, die wir so auch in Kevelaer durchgeführt hätten, wie dem Kreuzweg. Den wären wir auch dort gegangen“, erzählt Marek Dzieciolowski. So habe man, hofft er, ein Programm, in dem sich jeder wiederfinden könne. Die Resonanz zeige, dass auch die beiden Tage gut angenommen würden. „Es ist etwas anderes als eine Wallfahrt, aber sehr stimmungsvoll“, beschreibt es Diana Lichotta. Seit 33 Jahren pilgert sie regelmäßig nach Kevelaer. 


Es fehlt die persönliche Nähe 

Auch die Pilgerwanderung der Jakobuspilger in Warden hat eine relativ junge Tradition. Als man in Warden vor sieben Jahren die erste urkundliche Erwähnung der St.-Jakobus-Kapelle vor 550 Jahren feierte, entstand die Idee, auf GdG-Ebene dazu etwas zu machen. Der Wardener Pilgerweg war geboren. Auch in diesem Jahr sei man gegangen, wenn auch nicht so weit wie in den anderen Jahren, erzählt Franz Lenzen. Zunächst sah es nicht so aus, als ob man überhaupt gehen könnte. Größere Gruppen waren im Frühjahr verboten. Dann keimte leise Hoffnung auf. Schließlich machte man sich mit elf Pilgern und unter Einhaltung der Corona-Regeln am 1. August auf den Weg. Die räumliche Distanz sei ungewöhnlich gewesen, erzählt Franz Lenzen: „Man hat sich schon umeinander bemüht, aber die persönliche Nähe war nicht so da.“

An einer Kirche im Nachbarort, die Johannes dem Täufer gewidmet ist, wurde sich der eigenen Taufe erinnert und eine Verbindung zur Osternacht gesucht, die im April entfallen war. „Vielen würde etwas fehlen, wenn die Wallfahrt abgesagt worden wäre“, resümiert Franz Lenzen. Er hofft, dass es weiterhin die Möglichkeit geben wird, in Gemeinschaft unterwegs zu sein.

Pilgern in Coronazeiten. Es erfordert viel Kreativität und Flexibilität. Aber viele haben das Beste aus der Situation gemacht. 

Pilgern in Coronazeiten

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