Ist es nicht absolut bewundernswert, wie fantasiereich Kinder die Welt entdecken? Nicht anders ist es bei dem Glauben. Die Kinder der katholischen Kindertagesstätte St. Rochus der Pfarrei St. Lukas Düren haben gemeinsam mit Erzieherinnen das Buch „Der Weihnachtsstern“ von Marcus Pfister gelesen. Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte wurde aus dem Kreis der Kinder heraus gestaltet. Außerdem gab es in der Kindertagesstätte hohen Besuch.
Aufregung bei den Kindern. Noch unter einem roten Tuch versteckt, ist heute jemand zu den Kleinen in die Kindertagesstätte (Kita) gekommen. Im Sitzkreis steigt die Spannung. „Ich habe euch heute mal ein Buch mitgebracht. Auf dem Titel ist ein?“, fragt Erzieherin Anja Stürtz in die Runde. „Ein Hühnerhaus!“, kann sich eines der Kinder nicht mehr zurückhalten. Ein anderes weiter: „Und eine Sternsnuppe!“ „Das sind nicht nur Hühner“, sagt die Erzieherin weiter. „Da sind ganz viele Tiere. Es ist ein Stall.“ Das Buch wird aufgeschlagen.
Noch besteht der Weihnachtsstern aus ganz vielen kleinen „Steeernen“, doch die Hirten sind bereits auf den ankündigenden Himmel aufmerksam geworden und machen sich auf den Weg. Wieder fragt Stürtz: „Und was machen sie?“ „Sie suchen das Christuskind!“ Mittlerweile rutschen die Jungen und Mädchen näher an das Buch heran.
Einige Seiten weiter ist ein Schloss zu sehen. Ein König wohnt darin. Stütz erklärt: „Er hat gehört, dass ein Kind geboren wurde, das den Frieden bringen soll. Was bedeutet Frieden?“ Große Augen bei den Kindern. Es gibt einen Moment der Stille. Eine Antwort weiß niemand. „Frieden ist, wenn die Menschen sich verstehen und nicht mehr zanken und alle zufrieden sind.“ Es wird umgeblättert. Der König reist zum Christuskind. Was er dabei hat? „Geschenke! Und seine Krone glitzert!“ Und wer ist bei ihm? „Seine Freunde!“
Auch die Tiere machen sich auf den Weg zur Krippe. „Eine Eule“ und „ein Vogel“ und – und „ein Wildschwein“ wird von den Kindern identifiziert. Schließlich der große Moment: Das Jesuskind wird im Stall geboren. Stürtz fragt auf das Bild deutend: „Und wo liegt es? Normalerweise ist hier das Futter für die Tiere des Stalls drin.“ „Im Napf“, sagt ein Junge, nickt kurz, seiner Antwort sicher. „Weich und warm liegt das Christuskind in der Krippe“, erklärt die Erzieherin.
Dann wird die rote Decke gelüftet. In einem Körbchen liegt eine Holzfigur des Christuskindes auf Stroh. Jemand hat dem Kind eine Mütze gestrickt. Jemand anderes eine warme Jacke. Briefe sind beigelegt. Ein reflektierender Stern begleitet die Figur bei ihrer Reise. Außerdem hat jemand Kindermalereien von Josef und Maria an dem Korb befestigt.
„Schaut mal, was in dem Körbchen liegt. Es ist ganz warm eingepackt“, stellt Anja Stürtz den frischgeborenen Jesus den Kindergartenkindern vor. Jedes darf die Figur einmal halten. Ganz ruhig ist es plötzlich. Als Stürtz die Puppe an das erste Kind gibt, wird die Nachbildung sofort wie ein echter Säugling gehalten. Den Blick nach unten gerichtet gibt es einen Moment der Begegnung. Ohne dass eines der Kinder versucht, schneller an die Reihe zu kommen, wird das Jesuskind durch den Sitzkreis gereicht. Wer die Krippenfigur gerade nicht hält, schaut nichtsdestoweniger dem Besuch in der katholischen Kita St. Rochus entgegen. „Damit alle Kinder das Christuskind sehen können, reist es zu allen“, sagt Stürtz leise zu den Kindern.
Dann wird das Christuskind vorsichtig wieder in die Krippe gelegt und zugedeckt. Bei jeder Station der Reise wird dem Jesuskind etwas mitgegeben. Von den Kita-Kindern an St. Rochus ist ein kleiner bemalter Holzstein in einem Säckchen nun mit dabei. Neben dem Körbchen leuchtet die Nachbildung des Weihnachtssterns. Die Sitzmatten werden wieder weggeräumt, und die Kinder laufen zurück in die Gruppenräume.
„Die Kinder gehen ganz behutsam und liebevoll mit dem Christuskind um. Es ist ein Gefühl, das auf einen übergeht“, sagt die Leiterin der Kita St. Rochus, Christine Adriany, die auch Mitglied im Familienausschuss der Pfarrei St. Lukas ist.
Schon einige Jahre reist die Krippenfigur des Jesuskindes aus der Pfarrkirche St. Anna in der Vorweihnachtszeit durch verschiedene Einrichtungen und Haushalte in der Pfarrei St. Lukas, um nah bei den Menschen zu sein. Jeden Tag ist die Figur dann woanders; beispielsweise in Kindergärten, in Seniorenwohnheimen, bei der Blindenseelsorge oder auch bei Familien. Initiiert wurde das Projekt von der mittlerweile verstorbenen Gemeindereferentin Christina Ruegenberg.
Jedes Jahr schreiben die Menschen, bei denen das Christuskind zu Gast ist, in einem Reisetagebuch etwas auf oder halten die Erinnerung mit Basteln oder Malen fest. Die älteren Bücher liegen, nebenbei bemerkt, während der Adventszeit in der Kirche aus. Zum Stöbern in den Eindrücken der Vorjahre ist jeder herzlich eingeladen.
„Jesus möchte am Weihnachtsfest bei uns ankommen. Während der Adventszeit erwarten wir die Geburt dieses ‚Neuen Königs‘. Familien gestalten diese Zeit des Wartens mit dem Entzünden der Kerzen, basteln, backen, singen, Fenster schmücken, alte Geschichten erzählen. Und an einem Tag nehmen sie das Jesuskind aus der Krippe auf“, schreibt der Familienausschuss der Pfarrei St. Lukas als Grußwort in das Reisetagebuch. „Es freut sich, jeden Tag bei anderen Familien willkommen zu sein oder bei großen und kleinen Menschen in Einrichtungen aufgenommen zu werden. Bei seinem Besuch teilt es den Alltag, erlebt mit, wie Advent gefeiert wird.“
„Das Christkind war am ersten Adventssonntag zu Besuch in der Kinderkirche. Wir haben die Geschichte von Maria und dem Engel gehört“, ist der erste Eintrag in diesem Jahr. Zahlreiche Kinder haben ihren Namen unter diesen Eintrag gezeichnet. Auch Familie Schumacher hat etwas geschrieben: „Liebes Jesuskind, nach einem Jahr Corona-Pause bist Du wieder in der Gemeinde unterwegs. Es war sehr schön, Dich am ersten Tag Deiner Reise bei uns gehabt zu haben! Wir haben zusammen einen schönen ruhigen Adventssonntag verbracht.“ Eine weitere Familie, der Name ist nicht lesbar, hat einen Reisetagebucheintrag in bunter Schrift gestaltet. „Mia meinte: ‚Komm bitte wieder zu uns zurück.‘ Wir haben uns sehr auf deinen Besuch gefreut. Als allererstes musste dich Mia umziehen und dich versorgen. Das machte sie sehr fürsorglich. Du hast dich mit uns vor den warmen Ofen gesetzt und wir genossen das Beisammensein. Da bald Nikolaus ist, wollte Mia dir den heiligen Nikolaus basteln. Wir wünschen dir noch eine schöne Reise in den anderen Familien.“
Auch viele Kindertagesstätten haben sich verewigt und geben damit auch ihre Begegnung mit dem Jesuskind an die Nächsten weiter, die die Figur beherbergen werden. „Die Kinder haben dich auf dem Arm genommen und dich kennen-gelernt. Abschließend haben wir mit dir und den Kindern den ersten Adventssonntag gefeiert. Es war sehr interessant, etwas über dich zu erfahren“, schreibt beispielsweise die Kita St. Anna.