Bundeskanzler Olaf Scholz hat das St.-Antonius-Hospital (SAH) in Eschweiler besucht. Im Interview mit der KirchenZeitung spricht SAH-Geschäftsführer Elmar Wagenbach an, welche offenen Baustellen es abseits der Beseitigung von Hochwasserschäden gibt.
Herr Wagenbach, was haben Sie dem Kanzler mit auf den Weg nach Berlin gegeben?
Nach der Flut geht es für uns um die Zukunftsgestaltung. Der Kanzler ist neben dem Gesundheitsminister eine der beiden zentralen Personen. Ich habe Respekt davor, dass der Kanzler mitten in der Diskussion um die Krankenhausreform in ein „normales“ Krankenhaus geht.
Schaut man in Berlin eher auf Universitätskliniken und Maximalversorger?
Es zeichnet sich ab, dass sich die Politik bei der klinischen Versorgung der Menschen eher auf Universitäten und Maximalversorger ausrichtet. Was dabei nicht gesagt wird: Wir machen als vermeintlich kleines Haus auch Spitzenmedizin.
Sehen Sie ihre Kompetenz von der Politik in Frage gestellt?
Krankenhäuser stehen andauernd in der Kritik. Zuerst wurde ihnen vorgeworfen, die falschen Patienten zu operieren, dann zu viel zu operieren – und nun wird zugespitzt formuliert behauptet, dass wir nicht ausreichend qualifiziert sind, um überhaupt operieren zu können.
Die Politik könnte Vorgaben machen, welche Kliniken schließen sollen. Scheut man diesen Weg?
Wir haben in Deutschland nicht einmal flächendeckend definiert, was wir als notwendig für eine gute Versorgung ansehen. Ein erster Schritt wäre die bestandsneutrale Bedarfsanalyse, wo die Krankenhäuser für eine optimale Versorgung stehen müssten. Dann bedarf es einer Zieldefinition, wie die Versorgung ausgestaltet sein soll. Kommt dann noch die Ist-Analyse hinzu, könnte ich analysieren, welche Mittel ich habe oder bräuchte, um von A nach B zu kommen. Dänemark beispielsweise hat eine maximal radikale Lösung gewählt und zunächst neue Kliniken gebaut, um nicht mehr benötigte aufzugeben.
Wo stehen wir in Deutschland?
Wir machen uns gar nicht solche Gedanken. Stattdessen gibt es unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung immer mehr Vorschriften, die Ressourcen binden. Ich beobachte, dass indirekt Vorwürfe erhoben werden, die aber nicht bewiesen werden. Wir werden als Krankenhäuser gefühlt auf die Anklagebank gesetzt, damit die Bevölkerung Verständnis dafür hat, dass wir irgendwann schließen müssen und bis dahin niemand demonstriert. Wir können als kleinere Häuser nur vermitteln, dass wir die Versorgung der Bevölkerung nicht ausschließlich auf Universitäten konzentrieren sollten. Diese könnten das auch gar nicht leisten.
Hat ein einzelnes katholisches Krankenhaus noch eine Zukunft?
Kann man sich Moral leisten? Können wir uns Ethik leisten? Ich möchte ein Krankenhaus so führen, dass alle Menschen dort so behandelt werden, wie ich selbst gerne behandelt werden würde. Das wird immer schwieriger, aber Rosinenpickerei, bei der man nur macht, was sich finanziell lohnt, ist auch keine Lösung. Wir behandeln alle Patienten, die Hilfe benötigen. Auch wenn sie vielleicht nicht in die Ökonomie passen. Dieser Ansatz macht sich bei der Suche nach Personal bemerkbar. Wir schaffen es, alle Stellen zu besetzen. Die Menschen arbeiten hier gerne.
Was würden Sie den Gesundheitspolitikern gerne zurufen?
Der Stress im Gesundheitswesen wird immer höher, die Taktung immer schwieriger. Und auch die Finanzierung ist ein Thema. Dieses Ping-Pong zwischen Land und Bund muss ein Ende haben, wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Natürlich müssen wir wirtschaftlich arbeiten. Aber Moral und Ethik in der Behandlung der Patienten dürfen kein Luxus sein.
Das Gespräch führte Stephan Johnen