Wenn die Sonne durch die farbigen Scheiben über dem Altar der Konventskirche
St. Cäcilia scheint, wird der Raum in schöne Pastelltöne getaucht. Die Fenster des kleinen Gotteshauses gehören zu den letzten Werken des 2018 verstorbenen Krefelder Malers und Glaskünstlers Hubert Spierling, dem „Meister des Lichts“.
Sie lassen nicht nur ausreichend Helligkeit in den Kirchenraum, sondern haben eine Botschaft und eine gestalterische Funktion. Der Künstler arbeitete auch für die Krefelder Kirchen St. Dionysius und St. Hubertus. Schwerpunkt von Spierlings Denk- und Arbeitsweise war vor allem eine intensive Bezugnahme auf den umgebenden Raum, den er weniger als Hülle, sondern als Bestandteil des Gesamtwerkes erfasste und gestaltete. Seine Botschaft setzte er in Glas und Licht um.
Bereits das erste Spierling-Fenster am Eingang des kleinen Gotteshauses in Krefeld-Hüls ist ein Hingucker und leuchtet in seinem Rahmen. Es ist in Purpur und Violett gehalten, von Rot durchzogen, den königlichen Farben für Jesus, den
König der Juden. Es symbolisiert die Dornenkrone und steht sowohl für die Advents- als auch die Fastenzeit.
Von dort fällt der Blick auf die drei Altarfenster. Das Hauptfenster ist in einem Rot-Orange-Ocker-Ton gehalten und weist leuchtendes Gelb auf. Die beiden begleitenden Fenster sind in abgeschwächtem Grau-Blau gehalten. Gelb-Gold-Töne dominieren jedoch in allen drei Werken mit Variationen von Weiß. Das Mittelfenster setzt das Kirchenjahr vom Eingang fort. Die Fenster erinnern an Ostern und Pfingsten als Vollendung.
Demnach ist das Bauwerk aus dem Ende des 15. Jahrhunderts lichtdurchflutet. Nicht zuletzt, da das mittlere, im Krieg beschädigte und früher zugemauerte Hauptfenster freigelegt und nun vom Künstler gestaltet wurde.
Ähnlich war es auch in Krefelds Stadtpfarrkirche St. Dionysius. Hier wurde im Oktober 1983 ein Nachkriegskapitel abgeschlossen: „Das letzte Notfenster wich Glasarbeiten des Krefelder Künstlers. Damit endete das 1977 begonnene Vorhaben, die provisorische Verglasung nach dem Zweiten Weltkrieg im zentralen Gotteshaus durch künstlerisch gestaltete Fenster zu ersetzen“, berichtet Pfarrer David Grüntjens. „Zu den besonderen Schätzen zählen hier die 16 Glasfenster, die Spierling schuf. Acht von ihnen stellen biblische Motive dar.“
Das Thema des Triptychons im Querhaus links trägt den Titel „Kirche“ und beginnt mit dem Fensterbild der Arche Noach. Spierling lässt die Tiere weg, setzt andere Prioritäten: den Schutz Gottes, die neue Zukunft, die Noach schaut. Das Fenster, das sich in der Mitte anschließt, heißt „Stillung des Seesturms“. Spierling zeigt die Gefährdung in dunklem Grün und Grau an. Da sind die Jünger im Boot angedeutet, und Christus ist bei ihnen.
Das rechte Fenster hat das Thema „Fischfang“. Nach dem schlechten Fang kommt einer, der ihr Vertrauen derart herausfordert, dass sie noch einmal von vorn beginnen und hoffen. „Der Künstler hat hier das Wasser in schillernd-lebendigen Farbschattierungen dargestellt. Das Weiß wird heller und dunkler, geht in bläuliche Töne über“, schreibt Diplom-Theologin Dorothee Mann in ihrer „Botschaft in Glas und Licht. Zur Konzeption der Fenster in St. Dionysius“.
An der Südseite des Querhauses lautet das übergeordnete Thema „Eucharistie“. Das erste Motiv ist dem Manna in der Wüste gewidmet, das mittlere Fenster dem Abendmahl Jesu. Ein kräftiges leuchtendes Rot deutet die Gemeinschaft an. Das dritte Fenster zeigt die Speisung der fünftausend.
„Die beiden letzten Themen der Fenster im Langhaus lauten ‚Turmbau zu Babel‘ und ‚Pfingsten‘.“ In der Bibel ist die Pfingsterzählung als Kontrast zum Turmbau komponiert: Beim Turmbau versuchen Menschen „von unten“ aus, die Verbindung zum Himmel herzustellen. An Pfingsten dagegen wird die Verbindung vom Himmel her, „von oben“, geschenkt.
Diese Spierling-Fenster haben eine enorme Höhe von acht Metern. Es sind acht Themenfenster mit acht Grundpfeilern der biblischen Botschaft. „Die thematischen Kunstwerke werden begleitet durch abstrakt-ornamentale Fenster. Auch der Altar wird eingerahmt von zwei ab-strakt gestalteten Fenstern.“ Diese Gegenüberstellung der thematischen und abstrakten Fenster sei spannend und reizvoll, schreibt Mann. „Die abstrakt gestalteten Fenster nehmen die Farben und Formen der thematischen auf und ergänzen diese.“
Hubert Spierling taucht den Kirchenraum von St. Hubertus durch die überwiegend blauen und weißen Glasfenster in ein harmonisches Licht. Die Blautöne des mundgeblasenen Echt-Antik- sowie Opal-Glases wechseln zwischen Kobalt- und Ultramarin-Blau sowie Türkis.
Durch die Überlagerung von zwei Glasscheiben ist ein meist verschwommen anmutendes Fensterband entstanden, das keine direkte Durchsicht erlaubt und demnach auch keine ablenkenden Faktoren von außen gestattet.
Dieses zuletzt genannte Konzept, den Außenraum auszuschalten, verfolgte Hubert Spierling auch in der Konventskirche St. Cäcilia.