Blüten schützen

Grundschulkinder machen sich für den Naturschutz stark

Nachhaltig sind Dinge, die lange gute Wirkung haben – wie Blühwiesen zum Beispiel. (c) Mira Otto
Nachhaltig sind Dinge, die lange gute Wirkung haben – wie Blühwiesen zum Beispiel.
Datum:
5. Mai 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 18/2022 | Mira Otto

An der Merzbachschule in Linnich ist auf dem Außengelände eine Blühwiese entstanden. Durch diese sollen den Schülerinnen und Schülern Natur und Naturschutz nähergebracht sowie die Artenvielfalt erhalten werden.  Mit initiiert wurde das Projekt von Gemeindereferentin Marion Lahey.

Die Lehrerin Andrea Jacobsen initiierte das Blühwiesenprojekt in der Merzbachschule Linnich. (c) Mira Otto
Die Lehrerin Andrea Jacobsen initiierte das Blühwiesenprojekt in der Merzbachschule Linnich.

„Alles, was man kennt, möchte man auch schützen“, sagt die Grundschullehrerin Andrea Jacobsen. Genau deswegen hat die Lehrkraft an der Merzbachschule in Linnich ein Blühwiesenprojekt initiiert. Weitere Kolleginnen seien schnell an Bord gewesen. Mitgebracht hat sie die Idee aus dem Verein „Heimat blüht auf“ aus Erkelenz, die Patenschaften für Blühwiesen suchten. Und auch der Grund, auf dem die Blühwiese entstanden ist, sei ideal: Denn die Pflanzen brauchen tatsächlich einen sandigen, kargen Boden, der neben dem Schulgebäude gegeben ist. Auf 600 Quadratmetern wird es in der Folge gerade neben der Schule bunt.

Möglich geworden ist das Projekt mit viel Teamwork. Im ersten Schritt wurde die Grünfläche durch Landwirt Gerd Schmalen mit einem Grubber durchgepflügt und gelockert. Hierdurch werde die Grasnarbe abgenommen, sagt 
Jacobsen. Sonst hätten die Blüten nämlich keine Chance. Anders als ursprünglich geplant, begann die Beteiligung der Schüler pandemiebedingt nicht in einer Projektwoche sondern im Wechselunterricht. Hierbei wird ein Teil der Schüler zu Hause, der andere in der Schule unterrichtet. Zwölf Klassen vom ersten bis zum vierten Schuljahr packten so abwechselnd mit den Lehrkräften mit an.

„Es war cool. Wir haben das Unkraut rausgezupft und dann die Samen bekommen und dann konnten wir sehen, wie die Blumen blühen”, sagt die Schülerin Jule (9). „Wir haben die Steine auf einen Haufen gelegt und haben Sonnenblumen gepflanzt“, erzählt Josef, der am 8. Mai 10 Jahre alt wird, und Sophie (9) sagt: „Es sah immer wieder anders aus. Und die Bienen sind immer wieder in die Sonnenblumen geflogen.“

Aber langsam: Von den Grundschülern wurden herumliegende Steine und Grasbüschel nach dem Grubbern auf Haufen gelegt, um durch anschließendes Rechen eine ebene Fläche für die Aussaat zu haben. Danach wurde durch die Lehrenden mit Rindenmulch eine Sonne eingeteilt. Jeder Strahl der Sonne wurde einer Klasse zugeteilt, die sich zukünftig um die dortigen Gewächse kümmert. Für diese mischte die Biostation Düren die Saat mit Sand. Als die Grundschüler diese dann in ihrem Sonnenstrahl ausbrachten, konnten sie so sehen, wo noch Saat fehlte, damit keine Lücken in der blühenden Wiese entstehen.

Die Blühwiese der Merzbachschule hat unter anderem den Zweck, einen Lebensraum für Insekten und Kleintiere zu bieten. Entsprechend waren ab Juni, das Projekt startete im April des letzten Jahres, lauter einheimische Pflanzenarten zu sehen. Darunter Senf, Raps, Schafgabe, Klatschmohn, Kornblumen oder Margeriten. „Es handelt sich um eine spezielle Mischung mit heimischem Saatgut, damit Arten dort Nahrung finden können. Wildbienen beispielsweise brauchen heimische Blüten, um überleben zu können“, erklärt Jacobsen. Die ganze Wiese wird jedes Jahr von Mai bis in den Oktober hinein etwas den hungrigen Bienenmäulchen „anbieten“ können.

Erst einmal musste der Boden am Schulgebäude bereitet werden. (c) privat
Erst einmal musste der Boden am Schulgebäude bereitet werden.

Gemäht wird die Blühwiese übrigens nicht. Komplementiert wird der Lebensraum für die Insekten durch ein Hotel für die kleinen Lebewesen, das vom Hausmeister der Merzbachschule, Reinhard Bock, innerhalb eines Upcycling-Projektes aufgestellt wurde. 
Aber nicht nur die Lebewesen außerhalb, sondern auch innerhalb der Schule sollen von dem Projekt profitieren. Für die ersten Klassen soll hierfür wieder die Biostation Düren mit in das Boot geholt werden. Innerhalb eines Workshops sollen die Kinder dann unter dem Titel „Was blüht denn da?“ lernen, welche Gewächse auf der Blühwiese zu finden sind. Nach und nach soll während der Laufbahn in der Grundschule das Wissen rund um den Lebensraum der Blühwiese erweitert werden. So lernen die Kinder der zweiten Klassen die Symbiose zwischen Blume und Insekt näher kennen. Im dritten Schuljahr, die Reihe ist gerade noch in Planung, wird es dann eventuell um den Lebensraum des Merzbaches gehen, und im vierten Schuljahr sollen abschließend die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Lebensräumen, den sogenannten Ökosystemen, hergestellt werden – auch der Mensch soll dann eine Rolle spielen.

„Wir müssen das Artensterben bewusst machen“, sagt Jacobsen. Nur so werde die kommende Generation handlungsfähig. Die Lehrerin macht überdies darauf aufmerksam, dass die Grundschüler ihre Erfahrungen auch nach Hause tragen. Sie hofft, dass das eine oder andere Elternteil auch im eigenen Zuhause ein paar Pflanzen gegen das Insektensterben aufstellt.

„Schöpfung bedeutet ja nicht nur, die Natur zu sehen, sondern sich als Teil dieser zu erleben“, sagt die Gemeindereferentin der Pfarrgemeinde St. Martinus Linnich, Marion Lahey. Dies habe viel mit Achtsamkeit und Behutsamkeit zu tun. Staunen sei immer die Voraussetzung für Glauben. „Wir zeigen den Kindern, dass wir zerbrechliche Wesen sind“, sagt Lahey. „Eine Blühwiese ist auch spirituell eine tolle Sache. Der Samen sieht nicht besonders schön aus. Jedes Korn aber birgt ungeahnte Kraft. Es muss in die Erde und kann dann reife Frucht bringen. Farben und Duft ziehen Tiere an. Anfang und Ende, Leben und Tod sind darin genauso Thema wie die Erfahrung von Menschen, dass man etwas zusammen tut und sich  miteinander erfreuen kann! Darin ist auch immer eine göttliche Dimension.”