Schule steht bei vielen Kindern hierzulande nicht gerade hoch im Kurs. Mit Sehnsucht schauen sie auf die nächsten Ferien, die bereits in Sichtweite sind. Aber selbst wenn Kinder gerne zur Schule gehen, ist Bildung ein selbstverständlicher Teil ihres Alltags in Deutschland. Sie haben es sich nicht ausgesucht, weil die Schulpflicht ihnen die Wahl abnimmt. Für Juan sieht die Welt in Kolumbien ganz anders aus.
Mit seiner Familie lebt der Junge in einer aus einfachen Holzlatten und Wellblech zusammengezimmerten Hütte in der Stadt Soacha. Geflohen ist Juan mit seiner Mutter und den beiden jüngeren Geschwistern Alberto und Maria Rebecca aus Venezuela. Viele Kinder wie Juan, Alberto und Maria Rebecca haben in dieser Situation keine Chance auf Bildung. Sie müssen arbeiten gehen, um ihren Teil zum Familienunterhalt zu verdienen.
Dass den Geschwistern dieses Schicksal erspart bleibt, liegt an der Fundacion Creciendo Unidos (FCU). Der Name des Vereins bedeutet „Gemeinsam Wachsen“. Seit 26 Jahren unterstützt der Verein „Aktion Friedensdorf – Kinder in Not“ in Mönchengladbach die Arbeit der FCU.
Schulbildung und eine Berufsausbildung sind für die Kinder aus den Armenvierteln in Bogotá, Soacha, Cucuta und anderen Städten Kolumbiens die einzige Chance, aus der Armut herauszukommen. Aber für viele ist der Schulbesuch unbezahlbar. Hier setzt die Arbeit von FCU an. Der Verein ermöglicht es den Kindern, in der Schule zu lernen und bietet den Älteren eine niederschwellige Ausbildung in den Bereichen Bäckerei, Schreinerei, Schneiderei und Lederbearbeitung. FCU ist für die Kinder die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Diese Hoffnung ist bedroht, sagt Franziska Suffenplan-Göbels, Vorsitzende des Vereins Aktion Friedensdorf. Denn in den vergangenen Jahren sind aufgrund der vielen Krisen in der Welt die Spenden zurückgegangen. „Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben wir bis Ende des dritten Quartals in diesem Jahr 30 Prozent weniger an Spenden bekommen“, sagt Suffenplan-Göbels. Noch kann der Verein auf Rücklagen zugreifen, aber langfristig wird sich der Spendenrückgang auf die Projekte auswirken.
„Wir möchten natürlich vermeiden, bei unseren Projekten empfindliche Kürzungen vornehmen zu müssen“, sagt Suffenplan-Göbels. „Insbesondere, weil wir bei einigen die einzigen oder die Haupt-Geldgeber sind.“ Aber so manches Projekt hat schon Großspender verloren. Das bedeutet auch für die Aktion Friedensdorf eine Herausforderung. Denn diese Ausfälle müssen ausgeglichen werden, was die Reserven des Mönchengladbacher Vereins noch stärker belastet.
Es ist schwieriger geworden, Spenden einzuwerben, haben Suffenplan-Göbels und ihre Mitstreiter festgestellt. Viele Menschen fühlen sich verunsichert angesichts von Preissteigerungen und wirtschaftlichen Unsicherheiten. Auch wenn es schwierig ist: Aufgeben ist für die Mitglieder der Aktion Friedensdorf keine Option. „Hoffnung geben mir angesichts der Weltlage, die sich in der Tat immer mehr zuzuspitzen scheint, die vielen persönlichen Begegnungen bei meinen Reisen und den Besuchen von Projektpartnern hier bei uns“, sagt Suffenplan-Göbels und erzählt von den Stipendiaten, die durch die Hilfe aus Deutschland lernen und studieren konnten. Sie helfen heute selbst als Lehrer und Psychologen Kindern auf ihrem Weg.
„Bei meinen Reisen habe ich erlebt, unter welch schwierigen Bedingungen Kinder aufwachsen müssen“, sagt Suffenplan-Göbels, wenn sie von den Projekten des Vereins in Kolumbien, Guatemala, Afrika und Peru spricht. „Dass es vor Ort Initiativen gibt, die diese Kinder und ihre Familien unterstützen, empfinde ich als sehr wertvoll.“ Deutschland sei nach wie vor ein Land mit vielen Möglichkeiten und Ressourcen. Dass sie in so einem Land lebe, mache sie dankbar. „Diese Dankbarkeit möchte ich nicht einfach still für mich empfinden und genießen, sondern in Aktivität umwandeln“, sagt sie zu ihrer Motivation. „Deshalb unternehme ich alles mir Mögliche, um solche Projekte zu unterstützen.“
Mit Blick auf all die Kinder und Jugendlichen, die durch die Arbeit des Vereins Aktion Friedensdorf eine Perspektive bekommen haben, hat sie auch Hoffnung für die Zukunft. Seit seiner Gründung 1969 hat der Verein schon so manche Krise überwinden müssen.
Weitere Infos: www.kinder-in-not-mg.de