Rund 910 000 Menschen an den Fernsehgeräten in Deutschland und Österreich und knapp 300 vor Ort in der Kirche haben den live ausgestrahlten Sonntagsgottesdienst des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) verfolgt. Der wurde von der Pfarrei „Christus unser Friede“ gemeinsam mit dem Aachener Hilfswerk Missio ausgerichtet.
Unter der Überschrift „Nächstenliebe, die bleibt“ standen dabei Arbeit und Einsatz von Schwester Angelina Gerharz im Mittelpunkt. Die Steyler Missionsschwester ist, wie sie im Gespräch mit Missio-Präsident Pfarrer Dirk Bingener sagte, „seit über 50 Jahren in Ghana zu Hause“. Genauer: am Rande der Hauptstadt Accra, wo unweit ihres Klosters eine große Elektroschrotthalde ist. Das Sammeln und Recyclen der hier abgeladenen alten Computer und Mobiltelefone ist für viele Menschen, die hier leben, die einzige Arbeit, mit der sie etwas für ihren Lebensunterhalt verdienen können. Doch das geringe Einkommen reiche nicht aus für eine gesunde Ernährung und auch nicht zum Schulbesuch der Kinder, wie die Ordensfrau berichtet. „Es ist ein schrecklicher Kreislauf von gefährlicher Arbeit, Unwissenheit, mangelnder Berufsausbildung und niedrigem Einkommen.“ Einer, den die Menschen nur durchbrechen können, wenn die Länder, in denen der Elektroschrott entsteht, Verantwortung dafür übernehmen und ihn bereits dort recyceln.
Missio unterstützt dieses Anliegen sowie Schwester Angelinas Arbeit mit seiner Handy-Sammelaktion, zu der es erstmals im Gottesdienst eine Kollekte gab. 120 alte Mobiltelefone landeten in den Körbchen, noch einmal 555 kamen im Umfeld des Gottesdienstes unter anderem durch das Team des ZDF dazu. Die Handy-Aktion von Missio war auch einer der Gründe, warum „Christus unser Friede“ mit seiner Pfarrkirche als Gastgeber ausgewählt worden war. Bei Missio kenne man sie als weltkirchlich engagierte Pfarrei, die sowohl fleißig Mobiltelefone sammele als auch die Schutzengel-Kampagne von Missio engagiert unterstütze.
Für deren Leiter, Pfarrer Rainer Thoma, gab es daher kein langes Zögern, als die Anfrage kam, ob sie in St. Katharina diesen besonderen Fernsehgottesdienst ausrichten wollten. Auch Mitarbeiter und Gremien hätten sich gerne dazu bereiterklärt, wohl wissend, dass damit viel Arbeit auf sie zukommen würde. Das war auch Koordinatorin Susanne Geisen sofort klar, als ab den Sommerferien die Vorbereitungen und Besprechungen begannen. Wie viel Aufwand es dann tatsächlich werden würde, das hätte sie sich da noch nicht vorstellen können.
„Bei der ersten Besprechung waren wir zu gut 20 Leuten: aus der Gemeinde, vom ZDF und von Missio, aber auch vom Ordnungsamt der Stadt Herzogenrath und unserem Energieversorger“, zählt sie auf. Es ging um Genehmigungen für die Trucks mit Ausrüstung einschließlich Übertragungswagen, die vor der Kirche auf dem Marktplatz parkten, wo freitags vor dem TV-Gottesdienst noch Wochenmarkt sein sollte, und darum, ob genug Strom vor Ort vorhanden ist. Am Ende brauchte es zusätzliche Stromquellen, um auf Sendung gehen zu können.
Es ging um Catering und Räume: für das Fernsehteam, um sich zurückzuziehen, für die anschließende Telefonaktion und für das Team von Missio, das der Gemeinde die Gelegenheit zum Austausch mit Schwester Angelina anbieten wollte. Auf die Gespräche folgte die Ortsbesichtigung: Wie groß ist die Kirche? Was muss verändert werden, damit Technik und Kameras hier gut Platz finden? Wie sind die Farben? Wie ist das Licht, wie die Akustik? „Ziel war, alles schön ins Bild zu bringen“, sagt Susanne Geisen. Bei allem sei das Fernsehteam sehr respektvoll mit der Kirche umgegangen. „Man merkt: Die haben damit viel Erfahrung und einen guten Hintergrund.“
Das kann Küster Janusz Kobylecki nur unterstreichen, der in den letzten Tagen vor dem Gottesdienst ebenfalls Zwölf-Stunden-Tage hatte und wichtiger Ansprechpartner war, weil er die Kirche mit am besten kennt. Das ein oder andere hätten sie ein wenig umgestellt und ausprobiert, wo bestimmte Gegenstände für den Gottesdienst, wie Kerzen, Altarkreuz oder das Evangeliar am besten platziert seien, aber alles sehr respektvoll.
Fasziniert hat ihn die Ausleuchtung „seiner“ Kirche. „Sie haben mit Licht und Schatten gespielt, um die Kirche gut in Szene zu setzen. Man hat ein ganz anderes Bild von Gegenständen und Figuren bekommen.“ Mit ihren extra hohen Leitern seien die Techniker in Ecken der Kirche gekommen, an die er sonst nicht kommt, was ihm wertvolle Einblicke gegeben hat, wo der Zahn der Zeit nagt – und wertvolle Hilfe. An einem der Kronleuchten waren Glühbirnen kaputt. „Die haben sie ausgewechselt und sogar noch den Leuchter abgestaubt“, sagt Janusz Kobylecki. Es sei anstrengend gewesen, aber auch eine gute Erfahrung.
Auch Pfarrer Rainer Thoma ist zufrieden. Es habe viele positive Rückmeldungen gegeben. Aus der Gemeinde, aber auch von Menschen aus der ganzen Republik, die im Anschluss an den Gottesdienst die Gelegenheit nutzten, über das Zuschauertelefon mit Menschen aus der Gemeinde zu sprechen. Er hatte selbst zwei Stunden Telefondienst übernommen: „Ich dachte, da ich am Nachmittag dran war, würden nicht mehr so viele anrufen, doch es war ein großer Redebedarf.“ Insgesamt 2000 Leute nutzten dieses Angebot. Viele hätten den schönen Gottesdienst gelobt, dessen Thema und Gestaltung mit dem afrikanischen Chor aus St. Jakob in Aachen, berichtet Pfarrer Thoma. Viele hätten auch wissen wollen, wie sie die Arbeit von Schwester Angelina unterstützen könnten. Andere hätten ihre persönlichen Geschichten erzählt. Unter den Anrufern seien viele kranke und alte Menschen gewesen, die keinen Gottesdienst vor Ort mehr besuchen können. „Für sie ist der sonntägliche Fernsehgottesdienst der einzige, an dem sie noch teilnehmen können. Daher ist es wichtig, diesen Dienst für Menschen zu tun.“
Weshalb es Thoma sehr freut, dass ihre Einschaltquote um rund 100000 höher war als bei den meisten Fernsehgottesdiensten. Auch bei Missio ist man zufrieden: Es sei eine gelungene Zusammenarbeit gewesen, die Verbundenheit in der Einen Welt auf wunderbare Weise durch den Gottesdienst vermittelt worden, durch die Lieder des Chores, den Bericht von Schwester Angelina und das Zusammenspiel zwischen Pfarrer Rainer Thoma und Missio-Präsident Dirk Bingener. Der Dank galt allen, die hinter den Kulissen den Gottesdienst möglich gemacht haben.
Damit Nächstenliebe bleibt: www.missio-hilft.de/handyspenden