Bischof Helmut Dieser begrüßt Römische Erklärung

Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare werden durch pastoral-theologische Begründung untermauert

Vielfalt leben: Die römische Erklärung ist eine Aufforderung, die vielfältigen Formen von Segnungen anzuwenden. (c) Bistum Aachen/Anja Klingbeil
Vielfalt leben: Die römische Erklärung ist eine Aufforderung, die vielfältigen Formen von Segnungen anzuwenden.
Datum:
2. Jan. 2024
Von:
Kathrin Albrecht

Der Bischof des Bistums Aachen, Helmut Dieser, begrüßt das jüngste Schreiben aus Rom zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. 

Bischof Helmut Dieser (c) Bistum Aachen/ Martin Brunn
Bischof Helmut Dieser

„Ich begrüße diese Erklärung und freue mich, dass damit unsere seelsorgliche Praxis im Bistum Aachen eine tiefgehende pastoral-theologische Begründung durch die oberste kirchliche Lehrautorität erfährt“, sagte er in Aachen. Bislang hatte der Bischof es den Gewissensentscheidungen der Seelsorgenden im Bistum anvertraut, im Einzelfall über die Spendung von Segnungen zu entscheiden.

„Dies erfährt nun mit der Römischen Erklärung nicht nur eine Bestätigung, sondern darüber hinaus sogar eine Aufforderung, die vielfältigen Formen von Segnungen in seelsorglichen Beziehungen als Mittel der Evangelisierung zu verstehen und anzuwenden“, sagte der Bischof weiter. Er empfehle daher ausdrücklich allen Seelsorgenden des Bistums Aachen, besonders die Ausführungen in Kapitel II (Nrn. 7–30) im römischen Dokument „Fiducia supplicans“ eingehend zu studieren und für die eigene pastorale Praxis als Inspirationsquelle zu nutzen.

Fragwürdig bleibt jedoch nach Einschätzung des Bischofs, dass „die kostbaren theologischen und geistlichen Ausführungen irgendwie nur für die Segnungen reserviert erscheinen und von der Feier der Sakramente und der Liturgie im Allgemeinen abgegrenzt werden“.

Über die Themenbereiche seien in den Texten des Synodalen Weges weitergehende Ausführungen gemacht worden. Deshalb ergeben sich insbesondere für die Beschlusslage des Synodalen Weges in Deutschland über die Gestaltung von liturgischen Feierformen mit Segnungen viele Fragen, die durch die Bischöfe in Deutschland und den Synodalen Ausschuss noch weiter beraten werden müssen. 

Christoph Simonsen, Pfarrer an der Citykirche Mönchengladbach

(c) Bistum Aachen/Jari Wieschmann

Zum Weihnachtsfest wollte der Vatikan queeren und wiederverheiratet
geschiedenen Menschen und allen, die in irregulären Beziehungen leben, ein ganz
besonderes Geschenk machen. In vielen Medien wurde die Botschaft mit großer
Freude veröffentlicht: „Segen bleibt Segen. Katholische Geistliche dürfen in
Zukunft unverheiratete und homosexuelle Paare segnen“. So zum Beispiel in der
Rheinischen Post vom 20.12.2023.

Die erste Freude war groß, und ja: Diese Entscheidung aus dem
Glaubensdikasterium hat zunächst Freude und auch Genugtuung ausgelöst. War der
Wunsch nach Segensfeiern für alle doch auch auf dem deutschen synodalen Weg
eine der herausragenden Forderungen der Synodalen. Mein erster Gedanke: Die
Weltkirche ist doch lebendig und lernfähig und alles argumentieren und alle
wissenschaftlichen Erkenntnisse der Humanwissenschaften haben nach langem
Ringen doch Gehör gefunden. Die Wissenschaft hat doch noch Einfluss auf
kirchliche Entscheidungen und das mühevolle Diskustieren queerer
Interessensgruppen mit Vertreter*innen der Kirchenleitungen hat doch gute Frucht
getragen.

Weltkirchlich betrachtet ist dieses Schreiben in der Tat ein großer Schritt nach
vorne. Ermöglicht es doch, der pastoralen Zuwendung, die mit der Chance der
Segensfeiern verbunden ist, auch eine lehramtliche offene Diskussion zuzulassen
über die Gleichstellung queerer Lebenswirklichkeiten sowie – im Blick auf
wiederverheiratet Geschiedene – Menschen einen Neuanfang unter dem Segen
Gottes zu gewähren. Gewiss wird der Widerstand rechtskonservativer Kirchenkreise
wieder einmal die so oft beschworene Angst vor einem Schisma heraufbeschwören.
Dabei ist Einheit doch erst dann wirkkräftig, wenn in ihr die Vielfalt Raum findet.

„Fiducia Supplicans“, wie das Schreiben betitelt ist, heißt übersetzt: „ Das
flehende Vertrauen“. Mit meinem Kollegen Rainer Teuber aber erscheint mir das
Schreiben weniger Ausdruck eines bittenden als eines fehlenden Vertrauens zu sein.
Der nun zugelassene Segen bleibt weiterhin ein Segen über „irreguläre
Beziehungen“, und steht so in der Gefahr, Gestus eines herablassenden
Gnadenerweises zu sein. Zumal in auffallender Weise in dem Schreiben festgestellt
ist, dass diese pastorale Richtlinie dem Wunsch des derzeitigen pastoral denkenden
Papstes geschuldet ist. Der Beliebigkeit kirchenamtlicher Entscheidungen ist damit
Tür und Tor geöffnet.

Es ist offensichtlich, dass nicht die Beziehung gesegnet werden soll sondern die
„gute Absicht“ in Beziehung leben zu wollen, gleichwohl wissend, dass die reale
Beziehung sündbehaftet bleibt. Zu Ende denkend kann dies folgerichtig heißen,
dass die zu Segnenden aus dem Grund des Segens würdig sind, dass eben dieser
Segen bewirken möge, die irregulär Zusammenlebenden mögen mit Gottes Hilfe
doch noch den rechten Weg, das heißt: den lehramtlich erlaubten Weg finden.
Nein: Dieses Weihnachtsgeschenk mag gut und ehrlich gemeint sein, aber es bleibt
eine Mogelpackung. Menschen lassen sich nicht mehr in eine versteckte Nische
theologischer Spitzfindigkeiten hineinmanövrieren. Bei allem guten Willen, dem ich
diesem Schreiben zubillige, geriert sich die Kirche doch wieder als Herr über den
Segen und assoziiert damit, Gott würde Segen in verschiedenen Graden und
Wertigkeiten zusprechen.

Ein Segen irgendwo in einem Hinterzimmer ohneFestlichkeit und würdiger Liturgie den sog. „Irregulären“ zuzubilligen, während dielehramtlich Gehnehmen mit Pauken und Trompeten feiern dürfen, das mag in derVorstellung des Lehramtes angemessen sein; die Menschen in der Realität unsererGesellschaft, die verantwortungsvoll und mit Hingabe und Liebe ihre Beziehung zu leben versuchen und entwürdigend von der Kirche als „Irreguläre“ bezeichnet werden, werden dieses Geschenk postwendend zurückschicken. Das ist allein ihrer Selbstachtung geschuldet. Und das ist gut so.

Propst Markus Bruns, Regionalvikar Heinsberg

(c) privat

Die römische Erklärung zu Segensfeiern homosexueller Paare hat mich positiv überrascht, wurde doch römischerseits noch 2021 erklärt, solche Segensfeiern seien nicht möglich. Mit überwältigender Mehrheit hat sich die Vollversammlung des Synodalen Weges für die Zulassung ausgesprochen. Dass dies nun auch „offiziell“ möglich ist, begrüße ich sehr. Liebenden Menschen den Segen zu verwehren, ist nach meinem Verständnis unchristlich und zutiefst verletzend. Insofern sind die Begründungen der römischen Erklärung ein sehr gutes Signal. Zugleich teile ich die Meinung unseres Bischofs, dass eine theologische (und damit auch lehramtliche) Neubewertung von Homosexualität dringend notwendig ist. 

Joshua Hinz, Ehrenamtliche Diözesanleitung, KJG Diözesanverband Aachen e.V.

(c) privat

Das Schreiben aus Rom zu Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare hat uns erst einmal positiv überrascht und ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren katholischen Kirche. Wir als KJG sehen jedoch noch weiteren Bedarf an Reformen. So kann es nicht sein, dass homosexuelle Partner/-innenschaften weiterhin als „irregulär“ bezeichnet werden und auch, dass Segnungen nicht im Rahmen eines Gottesdienstes stattfinden dürfen, sehen wir als nicht zeitgemäß an.