Berufe, die sinnstiftend sind

Die Caritas-Lebenswelten Aachen werben um Fachkräfte im sozialen Bereich mit Filmclips ihrer Mitarbeiter

Besonderheiten Freiraum geben“, so lautet  der Slogan der Caritas-Lebenswelten. (c) Caritas Lebenswelten
Besonderheiten Freiraum geben“, so lautet der Slogan der Caritas-Lebenswelten.
Datum:
18. Juni 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 25/2019 | Andrea Thomas

Über Berufe im sozialen Bereich heißt es meist, sie seien schlecht bezahlt und die Arbeitsbedingungen seien schwierig. Stimmt nicht, jedenfalls nicht pauschal. Die meisten Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, sind zufrieden mit ihrem Beruf und empfinden ihn als sinnstiftend. Auch die Entwicklungsmöglichkeiten sind gut. Das wollten die Caritas-Lebenswelten in Aachen beweisen und lassen ihre Mitarbeiter in kurzen Filmclips zu Wort kommen.

„Wir wollten zeigen, dass man nicht mehr der Depp ist, wenn man im sozialen Bereich tätig ist, und dass es sich lohnt“, erklärt Marc Inderfurth, Geschäftsführer des katholischen Trägers von inklusiven Kindertagesstätten und Wohnangeboten für Menschen mit Behinderung in der Städteregion Aachen. Und zwar in vielerlei Hinsicht, menschlich, aber auch finanziell. Die Unterschiede zwischen einzelnen Berufen sind gar nicht mehr so groß, was deutlich wird, wenn man die im sozialen Bereich gezahlten Tarife mal in Relation zu anderen Berufen sieht.

Die Löhne und Gehälter der Sozialbranche können mit dem, was in Handwerk und Industrie gezahlt wird, durchaus mithalten, wie ein aktueller Branchenvergleich des Magazins „Wohlfahrt intern“ zeigt. So gleicht zum Beispiel die steigende Berufserfahrung in der Behindertenhilfe mit den Jahren aus, was die Industrie in den ersten Berufsjahren mehr bezahlt. Beispiel Heilerziehungspflegerinnen: Nach fünf Berufsjahren verdienen sie nur etwa 1000 Euro im Jahr weniger als Chemikanten in der Industrie. Nach 25 Berufsjahren stehen Heilerziehungspfleger an der Spitze der Tabelle. Die Tarife von fünf großen Anbietern in West und Ost, darunter auch die Caritas, liegen höher als die Tarife von Facharbeitern in der Industrie. Sie seien also gar nicht so schlecht wie ihr Ruf, unterstreicht Marc Inderfurth.

„Es sind gute Berufe, anstrengend, aber auch sicher, von denen man gut leben kann und die einem etwas zurückgeben.“ Auch sei nicht jeder technisch oder naturwissenschaftlich interessiert und begabt. Genau diese Leute wollen die Caritas-Lebenswelten ansprechen und für sich begeistern, denn auch bei ihnen sind einige Stellen unbesetzt, für die sie engagierte Fachkräfte suchen. Die erreicht man heute allerdings nicht mehr mit der klassischen Stellenanzeige. „Junge Leute spricht man eher über Online-Medien an.“ Weshalb sie neue Wege versuchen wollten, wie der Geschäftsführer erläutert. Mit Filmemacher Florian Klaes und seinem Team haben sie bereits für einen Film über eines ihrer Wohnheime zusammengearbeitet. Die Idee nun: kurze Filme mit Mitarbeitern, in denen die ihr Berufsbild vorstellen und was für sie daran besonders ist. Freiwillige aus den einzelnen Einrichtungen, junge ebenso wie erfahrene Mitarbeiter, die bereit waren, sich interviewen zu lassen, waren schnell gefunden. Florian Klaes hat sie mit seinem Team an ihren Arbeitsplätzen besucht, hinter die Kulissen geschaut und sich ihre Geschichten erzählen lassen.

 

Sich selbst und andere weiterentwickeln

Herausgekommen sind acht Statements, die es jeweils in einer Kurz- und einer Langfassung auf der Internetseite zu sehen gibt. Sie geben authentische Eindrücke in die verschiedenen Berufsbilder. Was macht eine Logopädin oder eine Physiotherapeutin in einer integrativen Kindertagesstätte (Kita)? Wie funktioniert tiergestützte Pädagogik? Wie sieht der Alltag in einer Kita, wie der in einem Wohnhaus für Menschen mit Behinderung aus? Warum hat derjenige genau diesen Beruf gewählt, und was macht es für ihn besonders, ihn gerade in einer Einrichtung der Caritas-Lebenswelten auszuüben? Die werben nämlich mit dem Slogan „Besonderen Freiraum geben“.

„Die Aussagen sind so toll und echt, dass es schon fast peinlich ist“, sagt Marc Inderfurth lächelnd. Mit Lob hatte der Chef geliebäugelt, aber nicht damit gerechnet, dass es so hoch und vor allem so ehrlich ausfallen würde. Die Filme spiegelten aber auch wider, wie viel persönlicher Mehrwert in einem Beruf im sozialen Bereich steckt. „Egal in welchem Bereich, sie spüren, dass sie Menschen ein Stück weiterbringen können, sie fördern und ihnen helfen können, sich zu entwickeln und sich darüber auch selbst zu entwickeln“, fasst Inderfurth zusammen. Da entstünden Beziehungen auf Augenhöhe, in der Kita ebenso wie in den Wohnheimen und -häusern. „Besonderheiten Freiraum geben“ heißt für ihn, sich an den Bedürfnissen der Menschen zu orientieren, denen, die für die Caritas-Lebenswelten arbeiten und denen, für die sie arbeiteten, den Kindern und Menschen mit Behinderung.

Als katholischer Träger geht es aber auch darum, christliche Werte und Selbstverständnis in die Arbeit einzubringen und innerhalb des Unternehmens zu leben. Wie das gelingen kann und wie Menschen sich auch in Zukunft noch für Caritas und die Arbeit dort begeistern lassen, ist für die Lebenswelten eine spannende Frage und Herausforderung. In der auch eine Chance liege, neue Wege zu gehen und Dinge auszuprobieren, wie Marc Inderfurth meint. Zum Beispiel die Teams seelsorgerisch zu begleiten, mit Führungskräften in den Austausch zu kommen, darüber, was wir unter christlicher Begleitung verstehen und wie wir das innerhalb der Unternehmensstruktur leben. Zu schauen: „Was erreichen wir schon, was können wir uns bewusst machen im Umgang mit behinderten Menschen?“ Wir seien im Übergang vom priesterzentrierten zum selbstgetragenen, kirchlich orientierten, christlichen Leben. All das spielt auch mit hinein, wenn es um den Fachkräftemangel im sozialen Bereich geht. Der habe zwei Seiten, erklärt Marc Inderfurth: Zum einen, neue Mitarbeiter zu gewinnen und für sich zu begeistern, wie über die Filmclips oder den neugeschaffenen Bereich „Karriere“ in ihrem Internetauftritt. Aber auch die Fachkräfte, die sie schon hätten, langfristig zu binden, sich zu fragen: „Was müssen sie leisten und wie können wir sie unterstützen, dass sie das auch leisten können?“ Das geschieht unter anderem über die Beteiligung der Mitarbeiter, Teamgespräche sowie Angebote zur Fortbildung oder zur Gesundheitsförderung wie die Teilnahme am Aachener Firmenlauf.

Die Filmclips sind zu sehen unter: www.caritas-lebenswelten.de.

Berufe der Caritas-lebenswelten

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