Es ist der erste große Schritt für Jugendliche in ein eigenständiges Leben: der Schulabschluss und die Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz. Wer in Kindheit und Jugend keine Unterstützung erfahren hat, hat es jetzt doppelt schwer, eine Lehrstelle zu finden. Vor und während der Ausbildung gibt es deshalb zahlreiche Hilfen.
Wenn das Gesellenstück fertig ist, dann überkommt sie alle der Stolz, etwas geschafft zu haben. Dran bleiben und sich die Basis für eine Zukunft aufbauen: Für die jungen Menschen, die beim Volksverein Mönchengladbach eine Ausbildung machen, ist das eine Herausforderung. Sie standen nicht nur vor der Frage, was sie einmal werden wollten. Sie hatten kaum Auswahl: Weil der Schulabschluss fehlte, weil sie Probleme hatten, morgens aus dem Bett zu kommen, weil sie psychische Probleme hatten oder Drogen genommen haben. Es gibt viele Gründe, warum junge Menschen schon weit vor der Volljährigkeit aus der Bahn geraten. Seit der Volksverein Mönchengladbach 2010 die ersten Ausbildungsplätze in der Schreinerei angeboten hat, kann er fast jedes Jahr vermelden, dass wieder ein Schützling die Gesellenprüfung bestanden hat. Die meisten finden danach einen festen Arbeitsplatz.
Der Weg dahin ist steinig, weiß Carmen Cranen von In Via Aachen. Der katholische Verband für Mädchen und Frauenarbeit betreut junge Menschen während ihrer Ausbildung. Denn eine Lehrstelle zu bekommen ist eine Sache, sie zu behalten und den Abschluss zu schaffen, eine ganz andere. Die Schwierigkeiten sind dabei unterschiedlich. „Momentan haben wir ausschließlich Teilnehmer mit Migrationshintergrund“, sagt Cranen. „Bei diesen Jugendlichen geht es darum, die Deutschkenntnisse so aufzubauen, dass sie die Fachtheorie lernen können.“
Viele der von In Via betreuten Jugendlichen haben Fluchterfahrungen. Sie müssen die damit verbundenen psychischen Belastungen verarbeiten, manche sind von ihren Familien getrennt. Dazu kommt die ständige Auseinandersetzung mit Jobcenter und Ausländeramt. Und nicht zuletzt die Enttäuschung, dass die Realität ganz anders aussieht als das, was man erwartet hat. „Viele stehen sehr unter Druck, weil die Familien in ihren Herkunftsländern große Erwartungen haben“, sagt Cranen.
Das fordert nicht nur die Auszubildenden, sondern auch die Betriebe. Auch sie brauchen im Umgang mit den speziellen Anforderungen ihrer Azubis Hilfe. „Wir haben da sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Cranen. „Viele Betriebe nehmen sich Zeit, wenn es Konflikte gibt.“ Das zahlt sich aus: Cranen erzählt von einem Teilnehmer, der große Probleme beim Lernen und sehr hohe Erwartungen an sich, den Betrieb und die Ausbildungshilfe hatte. „Aber der war so motiviert, dass er trotz einiger Rückschläge seine Gesellenprüfung gemacht hat“, berichtet sie. „Und jetzt will er auch den Meister in seinem Handwerk machen.“ Allerdings gibt es auch immer wieder Rückschäge. Nicht alle Jugendlichen halten durch. Die Gründe dazu sind verschieden. Oft liegt es daran, dass sie einfach keine Struktur kennengelernt haben.
In den Schul- und Jugendwerkstätten der Caritas Heinsberg geht es darum, dass die Jugendlichen überhaupt erst einmal reif für eine Ausbildung werden. „Im Prinzip müssen sie erst mal eine Struktur lernen“, sagt Marianne Hiol, Leiterin der Abteilung Familie, Kinder und Jugend. Konkret bedeutet das zum Beispiel zu lernen, dass der Tag in der Werkstatt jeden Tag um 7.45 Uhr beginnt und nicht um 8.15 Uhr. Dazu kommen oft vielfältige andere Probleme wie zum Beispiel soziale Ängste. „Wir haben Jugendliche hier, die können nicht Bus fahren, weil sie es nicht gelernt haben“, sagt Hiol. In den Werkstatt-Kursen lernen die Jugendlichen grundsätzliche Fähigkeiten im sozialen Miteinander: Rücksichtnahme, Anerkennung, miteinander zu arbeiten. Sie haben keinen Schulabschluss, aber Träume für ihr Leben. In den Werkstätten machen sie zum ersten Mal die Erfahrung, dass sie etwas können und dafür Wertschätzung erhalten. Ein Jahr bleiben die Jugendlichen in den Kursen der Werkstätten. 16 Plätze gibt es, in diesem Jahr muss zum ersten Mal eine Warteliste angelegt werden.
Ein wesentlicher Punkt für den Erfolg ist es, den Jugendlichen eine Perspektive aufzuzeigen. „Ziel unserer Maßnahmen ist es, für die Jugendlichen Stabilität zu schaffen“, sagt Sabine Jansen, Leiterin der Werkstätten. Auf dieser Basis kann man dann weitermachen. Der nächste Schritt kann dann eine Ausbildung sein oder erst mal ein Schulabschluss.