Frauke Andrée freut sich in diesen Tagen auf einen ganz besonderen Termin. Die 17-jährige Schülerin der Bischöflichen Maria-Montessori-Schule in Krefeld hat den Landessieg im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten gewonnen und hat in Bonn ihren mit 500 Euro dotierten Preis entgegengenommen.
Es ist der größte historische Forschungswettbewerb für junge Menschen in Deutschland, bei dem sie mitgemacht hat, und geht für sie vielleicht noch weiter bis ins Schloss Bellevue.
„Ich habe großes Interesse an Historie“, sagt Frauke Andrée. Sie hat mit ihrer Facharbeit – Note: Eins Plus – beim Wettbewerb mitgemacht. Er steht unter dem Motto: „Bis hierhin und nicht weiter?! Grenzen in der Geschichte“.
Ein zentraler Aspekt der Arbeit ist die Analyse des Tagebuchs von Ilse Strauss, das als persönliches Dokument einen tiefen Einblick in die Gedanken und Gefühle einer jungen Jüdin während der turbulenten NS-Zeit bietet. Die Schülerin interpretiert die Einträge und verknüpft sie mit historischen Kontexten, um die vielschichtigen Erfahrungen jüdischer Migranten zu verdeutlichen.
Die 17-jährige Schülerin erweiterte für ihre Arbeit den Titel entsprechend: „Bis hierhin und nicht weiter?! Grenzen und Belastungen jüdischer Migrationsgeschichten am Beispiel des Tagebuchs der Ilse Strauss“. Sie erzählt: „Mit dem bekannten ,Tagebuch der Anne Frank‘ hat meine Geschichte über Ilse Strauss keine Parallelen. Ilse Strauss musste sich nicht verstecken. Sie hat mit viel Mut versucht, ihr Leben in der NS-Zeit weiterzuleben, sich vom Regime nicht unterkriegen zu lassen und Verantwortung für ihre Familie zu übernehmen. Dabei war sie auch erst 17 Jahre alt.“
Das sei für sie selbst sehr bemerkenswert gewesen. So sei die junge Frau – obwohl es für Juden verboten war – ins Kino gegangen, wenn sie Lust dazu hatte, nennt Andrée ein Beispiel.
Als Strauss` Verlobter nach Australien ausgewandert sei, habe sie versucht, ihm zu folgen, bekam aber keine Ausreiseerlaubnis. „Sie hat es dann über London geschafft, den neuen Kontinent zu erreichen.“
Andrée erzählt: „Ich habe für meine Arbeit Mitarbeiter der NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer kontaktiert. Sie haben mich auf diese persönlichen Aufzeichnungen aufmerksam gemacht. Ich konnte sie online einsehen.“
Ihr sei auch das aktuelle Thema, die Migrationsgeschichte, wichtig gewesen. „Mit den Hintergründen ist die Flucht der jungen Frau für mich nachvollziehbarer.“
Andrée zeigt weiterhin die Identitätskrisen auf, die viele jüdische Migranten erlebten, sowie die Schwierigkeiten, die sie bei der Integration in neue Gesellschaften hatten. Ein weiterer Aspekt ihrer Arbeit liegt auf den emotionalen und psychologischen Belastungen, die mit Flucht und Migration verbunden sind.
Sie habe „viele Stunden“ bis zur Endfassung ihrer Arbeit gebraucht, erzählt die 17-Jährige weiter. „Ich habe im Dezember mit der Recherche begonnen, danach Ideen ausgefeilt, geschrieben und Mitte Februar abgegeben. Jetzt kam der Anruf mit der tollen Nachricht.“
„Wir sind begeistert von der Leistung unserer Schülerin. Ihr Engagement und ihre Fähigkeit, historische Fragestellungen kreativ und tiefgründig zu bearbeiten, sind beeindruckend“, findet auch Schulleiterin Gabriele Vogt. „Dieser Erfolg ist nicht nur ein Zeichen für ihre individuelle Leistung, sondern auch für die prima Unterstützung unserer Lehrer.“
Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, organisiert von der Körber-Stiftung – die mit ihren Projekten Impulse setzen und Bürgerinnen und Bürger aktiv an gesellschaftlichen Diskursen beteiligen will – hat das Ziel, das Interesse junger Menschen an Geschichte zu fördern und sie zur eigenständigen historischen Forschung zu ermutigen. Die Gewinnerinnen und Gewinner der Länder haben zudem die Möglichkeit, sich für einen der begehrten Bundespreise zu qualifizieren, die am 11. November im Schloss Bellevue in Berlin von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verliehen werden.